Lörrach Plattform für Bürgerengagement

Bernhard Konrad
 Foto: Die Oberbadische

Ute Lusche und Frank Hovenbitzer zu Aktivitäten und Perspektiven der  Lörracher Bürgerstiftung

Lörrach  - Lörrachs Bürgerstiftung ist auf vielen Feldern aktiv: Mit großen Projekten wie dem Kauf und Ausbau des „Kamel-ion“ ebenso wie mit kleineren Aktionen, kontinuierlichen Aktivitäten und nicht zuletzt der am Samstag stattfindenden Benefiz-Gala. Im Gespräch mit Bernhard Konrad äußerten sich die Vorstandsvorsitzende Ute Lusche und ihr Stellvertreter Frank Hovenbitzer zur aktuellen Situation der Stiftung.

Frau Lusche, Herr Hovenbitzer, mit dem Abschluss der Außenarbeiten am Kamel-ion hat die Bürgerstiftung vor nicht allzu langer Zeit ein großes Projekt abgeschlossen. Welches Fazit ziehen Sie heute?

HOVENBITZER: Es ist eine Erfolgsgeschichte: Die Zusammenarbeit mit dem CVJM als Betreiber war richtig gut, die Resonanz auf den Aus- und Umbau des Gebäudes ist hervorragend – der Andrang ist kaum zu bewältigen. Der Außenkiosk, den ich eigentlich schließen wollte, muss aus Kapazitätsgründen in Betrieb bleiben. Das Kamel-ion tut dem Campus gut – für uns als Bürgerstiftung ist das Projekt unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten allerdings auf Kante genäht.

Inwiefern?

HOVENBITZER: Weil die Mieteinnahmen, die wir mittelbar von der Stadt Lörrach erhalten, zwar knapp die Kosten decken, aber nur eine sehr magere Rendite bringen. Dabei fördern wir ja mit dieser Rendite andere Stiftungszwecke, die wiederum der Stadtgesellschaft zu Gute kommen.

Wie ist die Einnahmesituation der Stiftung beim Kamel-ion geregelt?

LUSCHE: Wir haben die Miete auf fünf Jahre festgeschrieben und können jetzt schon das Signal aussenden, dass die Miete anschließend steigen muss. Damals wurde recht hart verhandelt, die Verwaltung hatte uns keine höhere Rendite zugebilligt. Kein privater Investor hätte das so akzeptiert. Das ist bedauerlich, auch angesichts kommunaler Zuschüsse an anderer Stelle in der Stadt. Wir verwenden das Geld ja nicht für uns selbst: Es fließt in unsere Aktivitäten. Grundsätzlich ist es natürlich sehr schön, dass wir das Kamel-ion erhalten konnten.

HOVENBITZER: Das Projekt hat mit dem Bundespreis „Aktive Bürgerschaft“ deutschlandweit Anerkennung erfahren. Als vorbildlich gewürdigt wurde die Verzahnung von Bürgerstiftung, Kamel-ion, Handwerksbetrieben, Zustiftern, den Schulen und ihren Freundeskreisen, sowie dem Land Baden-Württemberg und der Stadt Lörrach.

Die Bürgerstiftung ist ein selbstverständlicher Teil der Stadtgesellschaft. Nicht alles, was mit ihrem Engagement verbunden ist, wird gesehen. Auf welchen Feldern war und ist die Stiftung aktiv?

LUSCHE: Das reicht von der Sprachförderung im Kindergarten – ein zentraler Verwendungszweck unserer Stiftungsinvestitionen – über Anti-Mobbing-Projekte an Schulen bis hin zur Heranführung von Senioren ans Internet. Das Projekt „Wiesionen“ war ebenfalls bei uns angebunden, und wir sind im Repair-Café aktiv. Die Bücherschränke in Stetten, Tumringen und auf dem Senigallia-Platz gehen ebenso auf unsere Initiative zurück wie die Bewegungsparcours im Grüttpark und an der Hammerstraße in Stetten, zudem auch der Trinkwasserbrunnen am Hebelpark.

Die Stiftung aktiviert Menschen, als Stifter tätig zu werden. Weshalb entscheiden sich Bürger dafür?

LUSCHE: Manche wollen unsere bisherigen Aktivitäten unterstützen. Wir fördern daneben aber auch ganz allgemein ehrenamtliches Engagement: etwa durch die von uns selbst vorgenommenen Ehrungen, aber auch, indem wir andere Menschen beim Stiften unterstützen, zuletzt beim Fonds der Geschwister Riehle.

Es gibt immer mehr Menschen, die keine nahen Angehörigen haben, die sie mit ihrem Erbe bedenken wollen. Und manchmal ist das Vermögen so groß, dass ein Teil des Erbes zweckgebunden als Zustiftung eingesetzt werden soll. Es ist nicht unkompliziert, diese Dinge – unter anderem juristisch – auf eine Weise auszugestalten, dass sie genau so verwendet werden, wie es sich die Stifter wünschen. Hierfür schaffen wir Strukturen.

Die Lörracher Bürgerstiftung als solide Basis für zweckorientiertes Engagement?

LUSCHE: Wir verstehen uns darüber hinaus als Plattform, die anderen Engagement ermöglicht. Und wir können zudem immer wieder beispielgebend wirken: Nachdem unsere Bewegungsparcours gut angenommen werden, plant die Stadt auch einen solchen im Rosenfelspark.

HOVENBITZER: Wir arbeiten nachwirkend und nachhaltig. Das Wiesionen-Projekt wird ja quasi täglich von Bürgern genutzt. Sind für solche Dinge erst mal Anker gesetzt, kann darauf aufgebaut werden. Die Parcours-Idee haben wir an zwei Stellen ausgetestet: Sie hat funktioniert und wird nun von der Stadt aufgegriffen – wenn solche kleinen Pilotprojekte ausstrahlen und Nachahmer finden, ist das in unserem Sinne.

Das Kamel-ion-Projekt ist abgeschlossen. Gibt es bereits Überlegungen für das nächste größere Unterfangen?

LUSCHE (lacht): Dafür fehlt uns im Moment das Geld. Wir sind natürlich offen, aber das Kamel-ion hat viele Ressourcen gebunden.

HOVENBITZER: In den kommenden zwei, drei Jahren werden wir sicher wieder versuchen, ein weiteres größeres Projekt in Angriff zu nehmen, aber derzeit atmen wir durch und konsolidieren uns. Unterdessen arbeiten wir an kleineren Geschichten: Gegenwärtig denken wir darüber nach, auf dem Salzert einen Bücherschrank einzurichten. Hier sind aber noch einige Details zu klären.

Ein bereits erwähntes Engagement der Stiftung ist die Sprachförderung. Ende des Jahres läuft ein Bundesprogramm aus, das hierfür Mittel zur Verfügung stellt: Wie geht es dann weiter?

LUSCHE: Das Sprach-Kita-Programm mit dem die Arbeit von Michaela Kern zu einem bedeutenden Teil mitfinanziert wird, läuft tatsächlich Ende des Jahres aus. Sie steht rund 15 Kindergärten in der Region als Fachberaterin zur Verfügung und fördert damit nicht nur die sprachliche Entwicklung von Kindern, sondern qualifiziert auch Erzieherinnen in den Einrichtungen.

Es wird möglicherweise Nachfolgeprogramme vom Land geben, allerdings wissen wir derzeit noch nichts Konkretes und können deshalb auch nicht ohne Weiteres langfristig planen und sagen, wie wir dieses Angebot aufrecht erhalten. Aber: Wir sehen den Bedarf und wollen diese Stelle in der jetzigen Form erhalten.

Wie hat sich die Spendenbereitschaft in Lörrach zuletzt entwickelt? Geld ist ja durchaus vorhanden.

LUSCHE: Wir haben einzelne großzügige Stifter die uns Jahr für Jahr einen Betrag überweisen. Wir würden uns natürlich über weitere Stifter freuen.

HOVENBITZER: Rückläufig sind die Dauerzustiftungen – kleine, regelmäßige Zuwendungen, die mitunter seit der Gründungsphase der Stiftung eingerichtet wurden und nun allmählich aus unterschiedlichsten Gründen auslaufen.

Wie hoch ist derzeit das Stiftungsvermögen und welchen Betrag kann die Stiftung im Jahr für ihre Zwecke investieren?

HOVENBITZER: Man muss immer wieder mal erwähnen, dass die Bürgerstiftung nur diejenigen Beträge in ihre Projekte fließen lassen kann, die ihr als Rendite zur Verfügung stehen. Aus dem Stiftungskapital darf nichts entnommen werden. Dass können knapp 18 Jahre nach der Gründung dieser Stiftung keine Riesenbeträge sein.

LUSCHE: Wir hatten Ende 2018 ein Stiftungskapital in Höhe von rund zwei Millionen Euro. Darin enthalten sind auch die Immobilen Altes Rathaus und Kamel-ion und des Riehle-Fonds sowie der Museumsfonds in Höhe von 500 000 Euro. Wir haben pro Jahr – unabhängig von Einzelprojekten, für die wir zweckgebundene Spenden einwerben – für alle unsere Aufgaben zur Zeit noch rund 80 000 Euro zur Verfügung. Hiervon fließt die größte Teilsumme in die Sprachförderung an Kindergärten. Ein weiterer Teil ist gebunden für die Zwecke der von uns verwalteten Fonds.

Der Betrag erscheint manchen im ersten Moment vielleicht hoch, trotzdem gibt es in der Stadt gelegentlich falsche Vorstellungen davon, was wir damit im Einzelnen leisten können. Darüber hinaus müssen Investitionen ohnehin auch zum Stiftungszweck passen. Daneben hat die Stiftung auch eigene Kosten, für die sie aufkommen muss, nicht zuletzt für ihre Immobilien. Im Garten des Kamel-ion zum Beispiel gibt es einen Wasserschaden, der nun behoben werden muss. Das kostet alles Geld.

HOVENBITZER: Die uns zur Verfügung stehenden Mittel sehen wir in erster Linie als Startkapital, auf dessen Basis wir Projektpartner suchen. Wir finanzieren sehr selten ein Projekt vollständig selbst. Aber wir freuen uns, dass die Projekte von Institutionen, Unternehmen und der Bürgerschaft mitgetragen werden.

Die nächste Benefiz-Gala findet am kommenden Samstag statt. Das Engagement der teilnehmenden Wirte bildet die tragende Säule des Abends. Aber wie viele Menschen engagieren sich insgesamt für diesen Anlass?

LUSCHE: Wir hoffen, das gegenwärtige Konzept mit den Gastronomen beibehalten zu können. Für dieses Menü inklusive Getränke würden wir als Gäste im Restaurant deutlich mehr bezahlen. Bei den Aufwendungen der Stiftung kommen uns die Wirte wirklich entgegen. Ihre Arbeit ist der Anker für diesen Abend – ohne sie könnten wir ihn so nicht anbieten.

Aber natürlich bringen sich viele in die Gala ein: Angefangen von den Musikern mit Brigitte Schnabel und Florian Metz über Steffi Lais oder Hansi Kolz bis hin zu vielen weiteren Unterstützern wie der Bäckerei Paul, der Brauerei Lasser oder dem Winzer Karl-Heinz Ruser. Sie alle gewähren der Bürgerstiftung für diesen Abend Sonderkonditionen. Auch Volksbank und Sparkasse unterstützen uns – etwa bei der Tombola. Darüber hinaus sind viele ehrenamtliche Helfer für einen reibungslosen Ablauf im Einsatz, vom Eindecken der Tische bis hin zum Service. Die Benefiz-Gala mag nur ein Abend im Jahr sein: Aber es ist ein unglaublicher Aufwand.

HOVENBITZER: Man darf nicht vergessen, dass der Abend überwiegend mit ehrenamtlichem Engagement organisiert, vorbereitet und veranstaltet wird. Im Grunde ist dieses Ereignis rein ehrenamtlich kaum zu stemmen. Deshalb müssen wir darüber nachdenken, wie wir die Stiftung bei der Organisation entlasten können. Aber selbstverständlich ist es schön, dass sich dieser Abend so entwickelt und etabliert hat: Er ist das große gesellschaftliche Ereignis der Lörracher Bürgerschaft.

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