Lörrach „Qualität vom Wettbewerb bis zur Ausführung“

Bernhard Konrad

Interview: Im Gespräch mit Marco Glockner, neuer Leiter der Technischen Abteilung bei der Wohnbau Lörrach

Zum 1. Juni hat Marco Glockner die Leitung der Technischen Abteilung bei der Wohnbau Lörrach übernommen. Er folgt auf Thomas Bast, der nach über 30 Jahren Arbeit für die Wohnbau in den Ruhestand ging. Bernhard Konrad sprach mit Marco Glockner über seine Aufgaben, die inhaltlichen Leitlinien der Wohnbau und das Bauen der Zukunft.

Herr Glockner, Sie sind von einem Basler Architekturbüro zu einer kommunalen Wohnungsbau-Gesellschaft gewechselt. Was hat Sie zu diesem Schritt bewogen?

Nach meinem Studium arbeitete ich zunächst in München. In diesen vier Anfangsjahren habe ich zahlreiche Wohnungsbauwettbewerbe bei einem Architekturbüro gezeichnet. Nach dieser vom Wohnungsbau geprägten Phase wechselte ich in die Forschung an das Wohnforum der ETH Zürich, wo die Frage der Erfolgskriterien für generationenübergreifendes Wohnen im Zentrum meiner Arbeit stand. In Basel schließlich konnte ich viel Praxis-Erfahrung in der Projektbegleitung und -verantwortung sammeln. Diese Zeit hat mich sehr geprägt, weil das Büro „jessenvollenweider“ bei jedem Projekt auch die Stadt, den öffentlichen Raum und das Gemeininteresse im Blick hat.

Letztlich war mein Wechsel zur Wohnbau Lörrach aber doch vom Zufall beeinflusst: Die Stellenanzeige erschien mir wie die logische Fortsetzung meines bisherigen Weges.

Das heißt konkret?

Wohnungsbau auf hohem Niveau zu schaffen – und dies im Spannungsfeld des öffentlichen Interesses. Es geht darum, ein bezahlbares Segment mit einer hohen baulichen und architektonischen Qualität zu bedienen. Ich kenne kein anderes Wohnungsbau-Unternehmen, das Qualität vom Wettbewerb bis zur Ausführung so präzise steuert. Und mir fällt sonst auch keines ein, für das ich diesen Schritt vollzogen hätte.

Was sind als Leiter der Technischen Abteilung Ihre Kernaufgaben?

Einer der Schwerpunkte ist die Entwicklung und Steuerung von Neubauprojekten. Der zweite wichtige Zweig ist die nachhaltige Instandhaltung durch Sanierung und Modernisierung unserer Bestandsbauten.

Was ist Ihr erstes Projekt?

Ich kam vor eineinhalb Jahren zur Wohnbau und habe seinerzeit das Projekt Areal Weberei Conrad übernommen. Nachdem ich Technischer Leiter wurde, ging die Projektsteuerung an die Bauleitung über.

Kostenkontrolle ist beim Bauen zentral. Hohe Standards machen das Bauen teurer. Ist die in Lörrach vorgesehene Übererfüllung der vom Bund vorgegebenen Energiestandards sinnvoll?

Die Frage kann ich nicht mit „ja“ oder „nein“ beantworten. Sehr hohe Energiestandards machen es sicher nicht leichter, im Kostenrahmen zu bleiben. Mit Blick auf diese Standards alleine bekommen wir das eigentlich noch ganz gut hin. Das Objekt auf dem Areal Weberei Conrad wird eine KFW 55-Anlage sein: Dort haben wir besagte Ansprüche übererfüllt, können aber gleichwohl noch günstige Mieten anbieten. Aber es sind ja nicht nur die Energiestandards: Wir beobachten eine Verschärfung bei der Erdbebennormierung, ebenso bei den Vorgaben für die Glassicherheit. Neu hinzu kommen Herausforderungen, die sich in Zusammenhang mit den Radon-Grenzwerten stellen. Es ist die Summe der Anforderungen, die es uns schwer macht. Wir werden neue Konzepte brauchen, um damit umzugehen.

Wie kann Bauen – und Mieten – in Zukunft erschwinglich bleiben?

Ein Weg, den ich sehr überzeugend finde – und der übrigens bereits erfolgreich in der Schweiz und in den Niederlanden gegangen wird – ist die Erhöhung der Gebäudekompaktheit. Das heißt: weniger Gebäude-Hüllfläche bei gleicher Nutzfläche. Es geht dabei darum, die Gebäudegeometrie in Höhe, Länge und Tiefe so zu optimieren, dass möglichst wenig Fassaden- und Dachfläche den beheizten Raum umschließt.

So sinkt sowohl der Energieverlust über die Fassade als auch die Kosten für deren Bau. Man schafft damit mehr Bauqualität bei gleichem Preis.

Die Wohnbau hat in den vergangenen Jahren viel saniert. Wo gibt es bei ihren Objekten noch weiteren Modernisierungsbedarf?

Wir haben den Bestand überwiegend durchsaniert. Perspektivisch werden nun Quartiere in den Blick rücken, die in den 80er und 90er Jahren gebaut wurden, etwa die Wohnanlage Stadion. Das steht nicht unmittelbar an, wird aber kommen. Auch im Neumatt-Quartier haben wir zwei große Anlagen, die noch nicht saniert sind.

In Lörrach wird gerade über die Berücksichtigung sozialer Kriterien bei der Vergabe städtischer Grundstücke diskutiert. Hierzu liegen Anträge von SPD und Grünen vor. Ist dieser Vorstoß sinnvoll?

Es ist natürlich an der Stadt, solche Fragen zur Bodenpolitik zu beantworten. Als Architekt suche ich nach Antworten, die von der Architektur und dem Städtebau auf bestimmte Herausforderungen gegeben werden können.

Ein günstiger Bodenpreis ist bei einer Bebauung mit Reihen- oder Ein-Familien-Häusern zunächst ein Vorteil. Wenn wir aber über soziale Gerechtigkeit in einem gesamtstädtischen Kontext sprechen, sind meines Erachtens andere Faktoren wie etwa die Art der Bebauung von höherer Bedeutung: Die Frage, ob wir Geschosswohnungsbau anbieten können, wird von größerer Bedeutung sein als die Frage, ob im Einzelfall Preisreduzierungen bei der Veräußerung von Grund und Boden für Reihen- oder Ein-Familien-Häuser gewährt werden. Selbstverständlich muss über einen Wettbewerb immer das richtige Maß der Verdichtung im betreffenden Quartier ausgelotet werden.

Ich denke aber, wie sozial ein Quartier wird, ist letztlich eher eine Frage der gesamthaften Siedlungsstruktur und des Städtebaus.

Die Rolle der Quartiere gewinnt in Städten an Bedeutung. Die Wohnbau pflegt den Quartiersgedanken schon seit vielen Jahren. Wie könnte sich dieses Thema weiterentwickeln?

Die Weiterentwicklung von Quartieren war eines der Themen am Wohnforum der ETH. Ich muss wirklich sagen: Was dort betont wurde, setzt die Wohnbau bereits um. Wir denken stark in diesen Zusammenhängen und versuchen, die Quartiere weiterzuentwickeln. Damit ein Quartier gut funktioniert, auch langfristig, ist eine gewisse Konstanz der Bewohner wichtig: Das schafft Identität. Damit die Menschen gerne über längere Zeit in Quartieren wohnen, müssen diese allerdings auch ein facettenreiches Angebot bieten, das für junge Familien ebenso attraktiv ist wie für ältere Bürger. Auch Bewohner-Beteiligung und Quartier-Treffs sind in diesem Prozess von Bedeutung.

Wir versuchen diese Dinge immer weiterzudenken, so ist etwa auf dem Areal Conrad die Einrichtung zweier Demenzwohngruppen vorgesehen. Die Optionen der Quartiersentwicklung in der Stadt bleibt eine wichtige Fragestellung für uns.

Was sind weitere wichtige Zukunftsprojekte der Wohnbau Lörrach?

Wir haben Ende 2019 den Wettbewerb „Soziales Wohnen in der Schlichtergasse“ abgeschlossen. Baubeginn soll Anfang 2021 sein. Darüber hinaus beschäftigen wir uns an einigen Stellen mit Möglichkeiten der Nachverdichtung – das ist aber derzeit noch nicht spruchreif. Es gibt in Lörrach noch etliche interessante Aufgaben.

Wir möchten mit unserer Arbeit auch einen guten Beitrag zur Mobilitätswende leisten. Auf dem Areal Conrad etwa wird jeder Tiefgaragenstellplatz den passenden Anschluss für ein Elektromobil haben. Das dort ebenfalls vorgesehene Mieter- Strom-Modell hat wiederum die Gewinnung alternativer Energien im Blick: Dabei wird Strom auf dem eigenen Dach produziert. Dieser wird aber nicht eingespeist – die Bewohner sollen diesen Strom günstig kaufen können. Das Ziel ist es, selbst sauberen Strom zu produzieren, von dem unsere Mieter profitieren.

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