Von Peter Ade Lörrach. Heiter, besinnlich, klangschön und manchmal ein bisschen gewagt – mit Uli Führe und Wendelinus Wurth beendeten zwei namhafte regionale Künstler das Veranstaltungsjahr des Hebelbundes unter dem Motto „Literarische Begegnungen“. Führe, der 2010 den Hebeldank erhielt, bereicherte die Soiree mit neuen Vertonungen zeitgenössischer alemannischer Literatur, die er unter dem Titel „Dreyzung“ veröffentlicht hat. Wurth geht es laut Hebelbund-Präsident Volker Habermaier auch um die Wirkung von Literatur in die Gesellschaft und die Politik hinein. Er sehe in Mark Twain einen großen Humanisten, der sich nie zu schade gewesen sei, Partei zu ergreifen. Aufhorchen ließ Wurth mit dem ersten Kapitel aus Mark Twains Klassiker „Huckleberry Finn“, den er feinfühlig ins Alemannische übersetzt hat. In Freiburg studierte Wurth Englisch und Deutsch und startete 1980 mit der Übersetzungsarbeit als Vorbereitungsübung aufs Examen. Dass er mit Mark Twain gleich ins Alemannische einstieg, begründet er so: „Sonst übersetzt man ihn zweimal: Aus dem Englischen und in die Hochsprache.“ Schließlich verweist der Autor darauf, dass der Ich-Erzähler des Buchs, eben der 14-jährige Huck Finn, dialektgefärbtes Englisch spreche, dazu mit falscher Grammatik und falscher Wortbildung. Da er über keinerlei Schulbildung verfüge, könne er überhaupt keine korrekte Hochsprache sprechen. Im Übrigen hat Wurth eine Vorliebe für die kleine Form, etwa den aus Japan stammenden, meist dreizeiligen Haiku. Beobachtungen – zum Beispiel beim (angemeldeten) „Schnapsen“ in seiner Ortenauer Heimat, beim Winter im Südschwarzwald oder beim Baumschnitt – schildert der Autor in sprachlich verknappter, gedanklich konzentrierter Form. Die Sprache wirkt scheinbar einfach. Die knappen Schilderungen sind freilich präzise und animieren zum Schmunzeln – etwa der Hinweis, dass aus 300 Litern „Öpfel-Maische“ am Ende des Brennvorgangs zehneinhalb Liter Schnaps gewonnen sind. Uli Führe vollendet mit seiner Musik eine einmalige Atmosphäre. Der Multiinstrumentalist deutet, kontrastiert, unterstützt und färbt ein. Er übernimmt den Rhythmus der Sprache Gelegentlich werden die Grenzen vom Tonalen zum Freitonalen stilistisch verlassen. Die beiden Künstler harmonieren glänzend. Für diesen Abend haben sie sich gesucht und – gefunden.
Lörrach Raritäten in Sprache und Musik
Die Oberbadische 06.12.2016 - 21:21 Uhr