Lörrach Reinheit mit Dissonanzen

Die Oberbadische
Das Trio Jütz aus der Schweiz und Tirol Foto: Veronika Zettler Foto: Die Oberbadische

Stimmen im Advent: Das Trio Jütz spielte bei in der Lörracher Stadtkirche

Von Veronika Zettler

Lörrach. Vor allem in der Schweiz und in Österreich haben sich in jüngerer Vergangenheit viele Ensembles mit unterschiedlichen Herangehensweisen daran gemacht, überlieferter Volksmusik zu neuem Glanz zu verhelfen. Eines davon ist das Trio Jütz. Die Musiker aus der Schweiz und aus Tirol arbeiten mit alten Volksliedern wie mit Jazzstandards. Neu arrangiert oder einfach nur befreit von Staub, Kitsch und altbackener Darbietungsattitüde, offenbaren die alpinen Songs wieder ihre zeitlose poetische und melodische Schönheit.

Jütz gastierten am Sonntag in der gut besuchten Lörracher Stadtkirche beim dritten von insgesamt vier Abenden unter dem Titel „Stimmen im Advent“ (Dramaturgie und Realisation Marion Schmidt-Kumke). Wie bereits in den Vorjahren gehen auch in der aktuellen Reihe Gesang und Literatur eine spannende und ertragreiche Allianz ein.

Das Lesen übernahm am Sonntag der Schauspieler und Sprecher Christian Heller mit Geschichten unter anderem von Thomas Bernhard, etwa dem sonderbaren Wintermärchen über den beinlosen „Viktor Halbnarr“, oder auch der für den österreichischen Autor eher untypischen, da geradezu besinnlichen Weihnachtsgeschichte „Von sieben Tannen und vom Schnee“.

Die mehr als ambivalente Haltung Thomas Bernhards zur österreichischen Heimat passt gleich auf mehreren Ebenen gut zu der von Jütz bearbeiteten alpinen Volksmusik, da das Trio konsequent kleine Brüche, Disharmonien und Dissonanzen in das traditionelle Liedgut einstrickt. Isa Kurz, Daniel Woodtli und Philipp Moll überzeugen dabei als versierte Grenzgänger zwischen alpiner Volksmusik und Jazz, die überdies auf Schritt und Tritt Anleihen bei fast allen anderen historisch und geografisch dazwischen liegenden Musikstilen nehmen.

Das alte Kärntener Volkslied „In die Berg bin i gern“ etwa singt Isa Kurz mit einer Stimme klarer als Alpenquellwasser, derweil Daniel Woodtli mit Trompete und Harmon-Dämpfer verletzlich wirkende Klanggebilde im Stil von Miles Davis beisteuert. Ein Hörgenuss seltener Art. Ein andermal gestalten Sing- und Trompetenstimme unisono ein zartes Motiv, ehe Isa Kurz in der Wiederholung eine melancholische zweite Stimme über der Trompete entfaltet – auch diese Klangschönheit wirkt.

Während Kontrabassist Philipp Moll – virtuos und mit viel improvisatorischer Fantasie zwischen Pizzicato- und Arco-Spiel wechselnd – unter anderem volltönende, teilweise impressionistisch anmutende Einleitungen konstruiert, bedienen die beiden anderen kunstvoll eine Reihe weiterer Instrumente. Isa Kurz spielt Geige, Akkordeon und Hackbrett, Daniel Woodtli unter anderem Flügelhorn und Jagdhorn.

Der Vielzahl von Instrumenten sowie stilistischen Einflüssen und Brüchen korrespondiert eine Vielzahl von Stimmungen. Mit humorigen Einlagen trägt das Trio zusätzlich Sorge dafür, dass kein Stück allzu elegischen Charakter oder überhaupt eine eindeutige Stimmung entwickelt. Anhaltender Beifall für Jütz.

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