Lörrach Gildechef stellt Zukunft der Straßenfasnacht in Frage

Bernhard Konrad , aktualisiert am 09.12.2019 - 09:18 Uhr
 Foto: Kristoff Meller

Obergildenmeister Rosskopf massiv verägert über Zurückweisung des Zuschuss-Antrags über 20 000 Euro

Lörrach - Nachdem der Hauptausschuss den Zuschuss-Antrag der Narrengilde über 20 000 Euro abgelehnt und lediglich einen Betrag in Höhe von 6000 Euro für Sicherheitsmaßnahmen genehmigt hat, stellt Obergildenmeister Jörg Roßkopf im Gespräch mit unserer Zeitung die Zukunft der Lörracher Straßenfasnacht in Frage.

Roßkopf ringt um Fassung. Angesichts des immensen ehrenamtlichen Aufwands der Gilde und der positiven Effekte der Straßenfasnacht für die Gesamtstadt ist der Zuschussantrag aus Sicht der Staßenfasnächtler gewiss nicht überzogen.

Obergildenmeister erbost: "Absolute Geringschätzung unserer Arbeit"

Sie wollten den Betrag in Medien- und Marketing-Aktivitäten – insbesondere mit Blick auf die Gugge-Explosion und den Sonntagsumzug (11000 Euro), das Thema „Sicherheit“ (6000 Euro) sowie Instandhaltungs- und Infrastrukturmaßnahmen (2000 bis 3000 Euro) investieren.

Dass der Ausschuss nur die 6000 Euro für Sicherheitsmaßnahmen genehmigte, erbost den Obergildenmeister. „Das ist eine absolute Geringschätzung unserer Arbeit!“

Wohlgemerkt: Die Stadtverwaltung hat die Gewährung der gesamten 20 000 Euro empfohlen – indes wurde diese mehrheitlich von den Stadträten abgelehnt.

Gugge-Explosion und Sonntagsumzug ab 2021 notfalls andernorts

Er sei nicht gewillt, die 6000 Euro anzunehmen, sagte Roßkopf. Falls dies das letzte Wort der Stadträte zum Zuschussantrag gewesen sein sollte, stehe er – und er sei sicher, dass sich der Gildenvorstand mit ihm solidarisiere – für eine Straßenfasnacht 2021 in Lörrach nicht mehr zur Verfügung: „Dann sollen künftig andere die Fasnacht in Lörrach organisieren.“

Oder: Die Gilde werde ihre Aktivitäten wie etwa Gugge-Explosion und Sonntagsumzug ab 2021 andernorts veranstalten.

Die Stadt unterstütze Lörrachs Narrengilde in erster Linie mit Werkhof-Leistungen und dem Verzicht auf Gebühren, erläuterte Roßkopf. Darüber hinaus trage die Gilde die finanziellen Risiken ihrer Aktivitäten selbst.

Kosten der Straßenfasnacht: Mindestens 120 000 Euro

Sehr zurückhaltend kalkuliert werde die Straßenfasnacht 2020 Kosten in Höhe von rund 120 000 Euro verursachen. Diese werden gegenfinanziert durch Sponsoren (rund 30 Prozent), Einnahmequellen wie Standgebühren und Narrenfahrplan (rund 20 Prozent) sowie den Plakettenverkauf (rund 50 Prozent).

Insbesondere bei Letzterem trage die Gilde ein hohes Risiko, weil der größte Betrag stets auch vom Wetter und anderen Faktoren abhänge, die nicht beeinflusst werden könnten.

Hohes Risiko für Narrengilde

Diese enormen finanziellen Unwägbarkeiten gehe die Gilde Jahr für Jahr ein – auch vor diesem Hintergrund sei die Zurückweisung der moderaten Forderung zur Erhöhung der Planungssicherheit „das Gegenteil der Wertschätzung ehrenamtlicher Arbeit“.

Noch abenteuerlicher erscheine die Ablehnung des Zuschuss-Antrags, wenn sie im Zusammenhang mit einer strategischen Überlegung der Verwaltung gesehen werde: In der von Lars Frick, Fachbereichsleiter Kultur- und Tourismus, verfassten Vorlage ist von der Etablierung eines „gesamtstädtischen Events“ im Winter die Rede, das neben dem Stimmen-Festival zur überregionalen Wahrnehmung Lörrachs beitragen solle: „Die Stadtverwaltung empfiehlt in diesem Zusammenhang die Straßenfasnacht verstärkt in das touristische Marketing zu integrieren.“

Deshalb solle mit Abstimmung von Narrengilde und Fachbereich ein Marketing-Konzept erarbeitet werden, um die Straßenfasnacht „als DAS Lörracher Winter-Event zu vermarkten“.

Zuvor wies Frick auf die dynamische Entwicklung der Fasnacht, damit zusammenhängende Kostensteigerungen und unternehmerische Risiken der Gilde hin.

Fraktionen mit unterschiedlichen Positionen

In der Etat-Debatte hatte Margarete Kurfeß (Grüne) den Antrag unterstützt. Sie wies auf das vielfältige ehrenamtliche Engagement der Gilde hin, insbesondere in die Jugendarbeit als Dachorganisation zahlreicher Formationen. Zudem gab die ehemalige Protektorin der Fasnacht zu bedenken, dass die Gilde oft mit geringem Kapital bei ihren Veranstaltungen „ins Risiko“ gehe.

Ulrich Lusche (CDU) würdigte zwar im Grundsatz die Arbeit der Gilde, sagte aber angesichts der allseits angemahnten Haushaltsdisziplin, die Stadt befinde sich nicht mehr in der „Wohlfühlphase“. Es tue weh, aber nicht alles, was die Stadträte für wünschenswert und positiv hielten, könnten sie auch so beschließen.

Hier komme nicht „einmalig etwas on top“, sondern es werde ein „regelmäßiger Zuschuss“ beschlossen. Sollte die Gilde die Notwendigkeit der entsprechenden Unterstützung nachweisen können, sei gegebenenfalls die Einstellung des Betrags im Hauhalt denkbar – „aber nicht als Automatismus“.

Regelmäßiger Zuschuss "nicht als Automatismus"

Auch Hubert Bernnat lehnte die Vorlage in dieser Form für die SPD ab. Mit der Höhe des Betrags seien Unklarheiten verbunden. Es fließe bereits Geld aus dem städtischen Haushalt an die Gilde, und mit Blick auf Zunft und die Hauinger Buurefasnacht sei darauf zu achten, dass die Unterstützungsleistungen im Vergleich nicht zu hoch werden. Er sprach sich aber für die Gewährung der 6000 Euro für Sicherheitsmaßnahmen aus.

Annette Bachmann-Ade (SPD) mahnte ebenfalls das „Gleichheitsprinzip“ an: Die Hauinger Buurefasnächtler, die ebenfalls einen großen Umzug auf die Beine stellten, finanzierten diesen selbst. Bernhard Escher (CDU) rief die Sachleistungen in Erinnerung, die von der Verwaltung für die Straßenfasnacht erbracht werden.

„Gleichheitsprinzip“  mit Hauinger Buurefasnächtler angemahnt

Fritz Böhler (Grüne) fand die Kosten für Sicherheitsaspekte nachvollziehbar, nicht aber für Facetten wie „social media“.

Jörg Müller (Freie Wähler) wollte die 20 000 Euro noch detaillierter ins Verhältnis gesetzt sehen zu den Leistungen der Verwaltung für die Narrengilde. Für das Jahr 2020 könnten die Freien Wähler den Antrag der Stadt aber unterstützen.

Letztlich wurde die Vorlage auf den Zuschuss für Sicherheit reduziert – und so angenommen. Das letzte Wort hat der Gemeinderat.

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