Tourismus: Lörrach wirbt im Internet mit einem Abrissbild für sich
Neben Prospekten nutzen Städte auch das Internet, um für sich zu werben – zum Beispiel per Web-Cam (Internet-Kamera). Hier präsentiert Lörrach sich allerdings eher mit einem Bild, das abschreckt.
Von Guido Neidinger
Lörrach. Wer die Web-Cam der Stadt Lörrach im Internet aufruft, dem wird keineswegs die Schokoladenseite der Stadt präsentiert. Das Bild zeigt vielmehr einen geradezu hässlichen Ausschnitt. Der Blick vom Rathaus auf das Abrissgebäude der Post erinnert eher an Krieg und Zerstörung als an eine pulsierende und landschaftlich schön ins Dreiländereck eingebettete Stadt.
„Solche Bilder ist man aus Kriegsgebieten gewohnt“, erklärte ein Leser kopfschüttelnd, als er das Bild sah und zeigte kein Verständnis, wie die Stadt monatelang mit diesem Bild, das sich automatisch alle 15 Minuten aktualisiert, weltweit auf sich aufmerksam machen kann.
„Mit der Ausrichtung unserer Web-Cam auf das Postareal möchten wir den Abriss und Neubau dokumentieren. Hierfür wird täglich eine Sequenz gespeichert und nach Beendigung der Bauarbeiten zu einem Film verarbeitet“, lautet die Begründung des stellvertretenden Pressesprechers der Stadt Lörrach, Alexander Fessler.
Das passt aber so gar nicht zu dem Vorhaben Lörrachs, das touristische Marketing der Stadt zu optimieren. In einem Interview mit unserer Zeitung preist Lars Frick, für Tourismus in Lörrach zuständig, das „südliche Flair“. Frick wörtlich: „Auch in die Natur ist es nicht weit. So führt eine kurze Wanderung zur Burgruine Rötteln, die Touristen können auf dem Hebelweg wandern oder an der Wiese radeln . . .“
Wer allerdings über die stadteigene Web-Cam einen ersten Eindruck von Lörrach gewinnen will, erfährt von diesen nachweislichen Vorzügen allerdings nichts, sondern muss sich über Monate hinweg mit einem Blick auf den Post-Abriss begnügen. Nur im Kopf der städtischen Internet-Seite befindet sich noch ein Panoramabild von Lörrach. Web-Dienste aber, die auf ihren Internetseiten das Web-Cam-Foto der Stadt verlinken, zeigen nur das Abrissbild.
Wie es besser geht, zeigt Basel. Der Blickwinkel einer Kamera erstreckt sich vom Münster über Kleinbasel, zeigt das höchste Schweizer Gebäude, den Roche Tower, den Messeturm und die Kaserne sowie die Mittlere Brücke – ein Augenschmaus. Ein anderer Blick präsentiert die Altstadt Großbasels.
Weitere Beispiele: Hamburg wirbt mit den Landungsbrücken, Rügen mit dem Blick auf das Ostseebad Binz und das kleine Röttenbach bei Erlangen mit einem malerischen Blick über ein Storchennest auf den Ort. Und womit wirbt Lörrach? Mit einem Abrissbild.
Zu unterschätzen sind Impressionen per Web-Cam nicht. Skigebiete und viele touristische Regionen werben erfolgreich damit und zeigen per Web-Cam ihre Schokoladenseiten.
Auch die Lörracher Web-Cam, die seit etwa 15 Jahren vom Rathaus-Turm Bilder von Lörrach in die weite Welt sendet, wird häufig aufgerufen. „Die Web-Cam rangiert unter den Top fünf der Seitenaufrufe“, betont Fessler.
