Frage: Sie sind Finanzkabarettist. Sollten Sie da nicht mindestens ein Wirtschaftsstudium absolviert haben? Also ich habe keine Ahnung von solchen Dingen...
Ahnung? Ein schönes Wort in diesem Zusammenhang. Die meisten Ökonomen stochern genauso im Dunkel wie alle anderen auch, können das aber wohlklingender begründen. Deshalb bin ich auch ohne BWL-Studium optimal geeignet, die Zusammenhänge zu vermitteln. Ich bin kein Fachidiot, sondern betrachte alles von außen, wie die Mehrheit der Bevölkerung auch.
Frage: Wie kamen Sie auf das Thema Finanzen?
Zufall. Die meiste Entwicklung im Leben entsteht ja durch Zufälle. Ich war in einem Restauranttheater engagiert und sollte einen bösen Clown darstellen: einen Steuerfahnder. Da habe ich mit dem Steuerthema angefangen. Und von dort an war es nur ein kleiner Sprung zu Finanzen und Wirtschaft an sich.
Frage: Es geht bei Ihnen ja nicht nur ums Geld, auch Politik und Gesellschaft sind Themen. Um was dreht sich das aktuelle Programm?
In „Macht! Geld! Sexy?“ geht es um die Scheinwelten. Wer hat Macht über unser Leben? Es geht darum, dass die Technik immer stärker unseren Alltag bestimmt. Die meisten Leute fassen vermutlich am Tag häufiger ihr Smartphone an als ihren Partner. Was macht das mit uns? Werden wir Teil einer Maschinerie? Ich beleuchte die Entwicklung des Geldes, erzähle, wie es entstanden ist. Und dass Schuldgefühle die Basis unseres Geldsystems bilden. Ich zeige Verbindungen zwischen der Globalisierung und persönlichem Leid auf. Alles auf unterhaltsame Weise. Außerdem beantworte ich die Frage, ob Geld sexy macht.
Frage: Das würde mich interessieren. Ist das vor allem ein männliches Phänomen?
Ja und nein. Zuerst mal macht Geld sexy – ja. Es gibt allerdings Abstufungen – die Faustregel lautet: Je älter und je männlicher einer ist, desto teurer wird’s. Mehr Details zu den weiblichen Anteilen des Phänomens gibt es dann im Programm, welches im übrigen auf einer sehr positiven Note endet: Viele Menschen leiden ja unter den aktuellen Entwicklungen und denken, alles wird immer schlimmer. Ich zeige auf, dass wir in eine goldene Zeit segeln.
Frage: Ihre Biografie hört sich recht abenteuerlich an. Sie haben viele Jobs gemacht, beispielsweise in Indien gelebt. Spielt dort Geld eine andere Rolle als im reichen Europa?
Ich habe dort extreme Armut erlebt. Aber ich habe auch viele Menschen getroffen, die kaum etwas haben und trotzdem sehr fröhlich sind. Die einen inneren Reichtum haben. Menschen, die sehr am Geld hängen, die sich ohne Geld wertlos fühlen – für die kann es eine Lehre sein, Menschen zu begegnen, die nichts haben und trotzdem ein sonniges Gemüt besitzen.
Frage: Lohnt sich der Besuch Ihres Abends vielleicht auch finanziell? Und kennt der Besucher am Ende seinen Marktwert?
Der Abend ist natürlich erst mal eine Investition. Damit hält der Besucher die Wirtschaft in Gang. Und sichert so über Umwege auch sein eigenes wirtschaftliches Überleben. Kein unerheblicher Mehrwert! Und er lernt auf jeden Fall, dass sein Marktwert durch Ausbildung des Humorsinns deutlich steigt.
Frage: Gibt es weitere Tipps?
Klar. Ich erkläre, wie man auf sehr süße Art reich wird und erläutere die Bedeutung eines in der Öffentlichkeit noch kaum wahrgenommenen Finanzprodukts: die Ehe.
Frage: Sie treten hier direkt an der Grenze auf, nahe der Schweiz, dem Bankenland schlechthin? Gehen Sie darauf ein?
Ich gehe in meinen Programmen immer auf die lokalen Gegebenheiten ein. Die Schweiz bietet sich da natürlich wunderbar an, und das Verhältnis zwischen Deutschen und Schweizern. Der deutsche Finanzminister etwa drohte schon vor Jahren an, die Kavallerie vorbeizuschicken, wenn die Schweiz nicht aufpasst. Da gebe ich immer ein Stück weit Entwarnung: Die meisten deutschen Finanzbeamten können überhaupt nicht reiten.
Frage: Wer hat Sie zu Ihrem Bühnen Outfit inspiriert?
Das war meine pfiffige Bühnenbildnerin Gabi Kortmann, die meinte, der Anzug würde super passen, denn er ist über und über mit Dollarnoten bedruckt. Ich empfehle ihn als Uniform für Lobbyisten im Bundestag: Da wissen die Abgeordneten wenigstens gleich, worum es denen geht.
Frage: Haben Sie einen großen, mit Geld erfüllbaren Herzenswunsch? Oder vielleicht einen ohne Geld?
Ich bin unglaublich genügsam. Das ist sicher die Konditionierung meiner preußischen Familie. Ích muss nirgendwo mehr hinfahren. Ich bin fast wunschlos glücklich. Die Wünsche, die ich habe, lassen sich nicht mit Geld erfüllen. Mein größter Wunsch ist der nach liebevollem Teilen und einer Selbsterkenntnis, die bis in die tiefsten Winkel des Seins vordringt. Ich möchte meinem Publikum gerne mitgeben, wie wichtig es ist, die wahren Werte des Lebens zu entdecken. Chin Meyer: Donnerstag, 22. Februar, 20 Uhr, Burghof Lörrach