Lörrach Soziale Not ausgenutzt

Regine Ounas-Kräsuel

Robert Neisen berichtet über „Die NS-Diktatur in Brombach“.

Lörrach-Brombach - In Brombach erzielten die Nationalsozialisten (NSDAP) schon recht früh hohe Wahlergebnisse. Dies berichtete der Historiker Robert Neisen am Mittwoch in seinem Vortrag über „Die NS-Diktatur in Brombach“. Er zeichnete ein differenziertes Bild über die damalige Zeit.

Robert Neisen hat im Auftrag der Stadt die NS-Geschichte der damals selbständigen Ortsteile erforscht und in seinem Buch „Gefeiert und Gefürchtet – Die NS-Diktatur in Brombach, Haagen und Hauingen“ dargestellt. Er verstehe seine Arbeit nicht als Anklage, sagte er. Vielmehr wolle er zeigen, wie das nationalsozialistische Denken damals und heute wieder zu Leid und Gewalt führe.

Er betonte, wie wichtig die Demokratie als Staatsform und wie wichtig das deutsche Grundgesetz sei, das die unverletzliche Würde des Menschen schütze.

Zu Beginn der Weimarer Republik begrüßten die meisten Brombacher den neuen demokratischen Staat. Weit mehr als 90 Prozent wählten im Jahr 1919 republikanische Parteien wie die SPD, die liberale DDP und das katholische Zentrum.

Es lag an den sozialen Spannungen in Brombach, dass die NSDAP und auch die republikfeindliche KPD dort immer mehr Anhänger bekamen. Brombach war geprägt vom Gegensatz zwischen Landwirtschaft und Textilunternehmen wie der Firma Grossmann, zwischen Arbeitern und den besitzenden Schichten der Bauern, Handwerker und Textilunternehmern. Neisen berichtete von Wohnungsnot, von sinkenden Löhnen und Arbeiterstreiks in der Wirtschaftskrise. 1931 musste die Firma Grossmann schließen. Die Gemeinde führte eine „Getränke- und Bürgersteuer“ ein, um die steigenden Sozialausgaben, etwa für Arbeitslose, zu finanzieren. Dies nutzte die NSDAP aus, um die besitzenden Schichten gegen den „Steuerstaat“ aufzubringen.

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933, wurden alle demokratischen Parteien verboten. Daher saßen auch im Gemeinderat Brombach nur noch Vertreter der NSDAP. Josef Schmidberger, laut Neisen ein fanatischer Nationalsozialist, wurde Bürgermeister. Der Historiker schilderte, wie bei den Menschen die Hoffnung auf das neue Regime der Ernüchterung wich. Es gab anonyme Beschwerdebriefe wegen des jähzornigen und unfähigen Bürgermeisters.

In Brombach lebten keine Juden und auch keine Sinti und Roma. Von den Nazis verfolgt wurden aber Zeugen Johovas und Kommunisten. Ein Zwangsarbeiter, der eine Brombacherin liebte, wurde ermordet. Außerdem wurden etliche Frauen und Männer aus Brombach unfruchtbar gemacht, acht Menschen im Rahmen des Euthanasie-Programms getötet. Neisen erinnerte an eine Frau, die unfruchtbar gemacht wurde. Sie galt als „geistesschwach“, obwohl sie mit ihrem Mann einen Bauernhof führte.

Auf die Frage einer Zuhörerin, wie die Nationalsozialisten solche Maßnahmen begründeten, sagte Neisen: Die Nationalsozialisten hätten die Ideologie der „Volksgesundheit“ vertreten.

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