Lörrach Stete Erinnerung an die Opfer

Regine Ounas-Kräusel
Gunter Demnig im Dreiländermuseum Foto: Regine Ounas-Kräusel

Stolpersteine: Der Künstler Gunter Demnig hielt einen Vortrag über sein Engagement

Lörrach - Der Kölner Künstler Gunter Demnig hat seit 1996 in ganz Europa fast 80 000 Stolpersteine verlegt für Menschen, die von den Nationalsozialisten verfolgt und ermordet wurden. Am Donnerstag verlegte er in Lörrach die ersten Stolpersteine für acht Bürger, die Opfer der Nationalsozialisten wurden, weil sie als Zeugen Jehovas den Kriegsdienst verweigerten, weil sie Juden oder angeblich homosexuell waren. Bei einem Vortrag berichtete Demnig, warum er diese Arbeit macht.

„Die Grundidee war, überall dort, wo deutsche Wehrmacht und SS ihr Unwesen trieben, Stolpersteine zu verlegen“, sagt Gunter Demnig und berichtet, wie er sich am Anfang fragte, ob er nicht größenwahnsinnig sei. Die Stolpersteine sind kleine Gedenktafeln aus Messing, die der Künstler vor dem Haus in den Boden einlässt, in dem die betroffenen Menschen zuletzt freiwillig wohnten. Auf den Tafeln notiert sind der Name, die Lebensdaten, Stichworte zum Schicksal und zum Grund der Verfolgung. Auch vor Arbeitsstätten von Opfern verlegt Demnig die Gedenksteine.

Der Künstler schilderte in seinem Vortrag seine gesamte Entwicklung, angefangen beim Studium in Berlin und Kassel. Bei Kunstprojekten in den 1980er Jahren legte er Spuren durch ganz Europa, etwa beim Projekt „Ariadne-Faden“ zwischen der Documenta/Köln und der Biennale/Venedig.

Ein Kunstprojekt, bei dem er im Jahr 1990 eine Spur durch Köln legte, bewegte ihn schließlich zur Verlegung der „Stolpersteine“. Auf Anfrage des Vereins „Rom“ malte er mit einer Spezialmaschine den Schriftzug „Mai 1940 1000 Roma und Sinti“ auf Kölns Straßen zwischen den Wohnvierteln der Menschen über das Messegelände, wo in der NS-Zeit ein Lager war, bis zum Deutzer Bahnhof, wo die Deportationszüge Richtung Auschwitz abfuhren. Als eine Zeitzeugin ihn überrascht ansprach, sie habe nicht einmal gewusst, dass Roma und Sinti in ihrer Nachbarschaft gewohnt hätten, begriff Demnig: Die Verbrechen der Nationalsozialisten hatten da begonnen, wo die Menschen zu Hause waren.

Die Opfer dieser Verbrechen dort sichtbar zu machen wo sie gewohnt und gearbeitet hatten – das sei der Sinn der Stolpersteine, führte Demnig aus.

Wichtig sei ihm daher, dass die Initiative zur Verlegung aus den Orten selbst komme, betonte er bei der Diskussion mit den Zuhörern. Begeistert berichtete der 73-Jährige über seine Erfahrungen mit Jugendlichen. Sie seien durchaus interessiert, wenn sie das persönliche Schicksal von NS-Opfern an ihrem Wohnort erforschten, wenn sie zum Beispiel erführen, dass ein Ermordeter genauso alt war wie sie. Demnig berichtete von Jugendlichen, die mit ihm zusammen Stolpersteine verlegten und von Berliner Schulen, die Steine in ihrem Viertel als Putzpaten pflegen.

Demnig erzählte auch, wie er immer wieder Überzeugungsarbeit leisten müsse. Als er zum Beispiel die ersten Gedenksteine für ermordete Menschen mit Behinderung verlegen wollte, hätten viele Kliniken gemauert und Angehörige sich vor Stigmatisierung gefürchtet. Die Zuhörer im Musikschulsaal äußerten jedoch Zustimmung. Ein Mann bot an, zwei oder drei weitere Stolpersteine in Lörrach zu finanzieren. Oberbürgermeister Jörg Lutz freute sich bei seiner Begrüßung, dass die ersten Steine nach langer gründlicher Diskussion am Donnerstag verlegt wurden (siehe Extra-Artikel).

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