Lörrach „Stimmen wird toll“

Gabriele Hauger
 Foto: Gabriele Hauger

Festival: Timo Sadovnik über Absagen, Kulturverhalten und die Zukunft

Die Einstimmung zum Festival mit „Lörrach singt!“ ging erfolgreich über die Bühne. Mit „Stimmen on Tour“ ab Donnerstag und Max Mutzkes Eröffnungskonzert eine knappe Woche später ist das Festival nun auf der Zielgeraden. Anlass, um beim neuen Festivalleiter Timo Sadovnik die Stimmungslage zu testen.

Von Gabriele Hauger

Lörrach. „Lörrach singt!“ war für mich ein wunderschönes Stimmen-Erlebnis“, sagt er. Solche Anlässe seien genau das, was die Menschen jetzt nach zwei Corona-Jahren schätzten und konsumierten: Freie, unkomplizierte Kulturangebote, möglichst draußen, ohne Verpflichtung und mit der Möglichkeit, bei Bedarf auch Abstand zu halten. „Die Menschen sind mit fester Konzertplanung und Ticketkäufen immer noch zurückhaltend“, erklärt er. Das Kultur-Nutzungsverhalten habe sich geändert. Unverbindlicher Konsum und vor allem, andere Menschen zu treffen – das stehe jetzt im Fokus; der reine Kulturgenuss sei eher zweitrangig. Das merke man auch bei anderen Kulturinstitutionen. Museen und Theater würden derzeit auch nicht von Besuchern überrannt. Und: Auch die aktuelle Inflation und Verteuerung der gesamten Lebenssituation wirke sich aus. „Einen nahtlosen Anschluss an Vor-Corona-Zeiten gibt es nicht“, bedauert er. Und stellt sich zunehmend die Frage, ob die Nachfrage nach Kulturveranstaltungen je wieder so werden wird wie früher.

Klagen indes ist Sadovniks Sache nicht. Man müsse sich dem stellen, vieles neu aufbauen, neu gestalten und durch Profilschärfung den besonderen Status des Festivals bewahren und bestenfalls ausbauen. „Wir als Veranstalter müssen uns selbst hinterfragen“, sagt er. Dennoch: Stimmen sei nicht in erster Linie ein kommerzielles Festival – „sonst würde ich fünf Mal Deep Purple auf den Marktplatz stellen“ – sondern ein Kunst- und Kulturfestival mit großer Bandbreite.

Die Nachfrage bei Stimmen – bisher ist nur das Deep Purple-Konzert ausverkauft – ziehe indes an. Trotzdem hat er entschieden, die beiden geplanten Arlesheim-Konzerte zu canceln, beziehungsweise zu verlegen. „Angesichts der aktuellen Lage sind die Produktionskosten immens gestiegen, die Konzerte in Arlesheim sind aber besonders teuer und aufwendig zu organisieren“, erklärt er. Technik, Equipment, Personal, Transportkosten – alles sei knapp. „Den Domplatz zu bespielen ist wunderschön, aber herausfordernd“, so Sadovnik. Angesichts der bisherigen Vorverkaufszahlen wurde deshalb das österreichische „Bilderbuch“-Konzert, das für 9. Juli geplant war, ganz gestrichen. Eine Verlegung in den Burghof sei nicht möglich gewesen, dazu sei die Produktion zu groß. Gaye Su Akyol wird ihr Konzert wie geplant am 8. Juli, allerdings im Burghof geben. „Ich habe mich entschieden, nicht mit dem Kopf durch die Wand zu wollen“, fasst Sadovnik diese Entscheidung bildhaft zusammen. Der Domplatz bleibe aber weiterhin auf seiner Favoritenliste als Spielort für das Festival. Die Gesprächsbasis mit der Schweizer Seite sei bestens.

Corona sieht er derzeit nicht als Bedrohung für Stimmen, eher schon das an allen Ecken und Enden fehlende Personal allerorten. So sucht auch das Festival noch Helfer bei Absperrung, Einweisung und Organisation.

Sadovnik blickt keineswegs frustriert auf die Konzertlandschaft. Vom Line-up des Stimmenfestivals ist er überzeugt. „Wir müssen uns keinesfalls verstecken.“ Er ist zudem überzeugt, dass gerade auch kurzfristig viele Besucher die Konzerte genießen werden. „Stimmen wird auf jeden Fall ein tolles Festival.“   www.stimmen.com

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