Lörrach Straßenschild: ein Stein des Anstoßes

Nils Straßel
 Foto: Kristoff Meller

Umfrage unter Anwohnern des Carl-Keller-Wegs ergibt kein einheitliches Bild / Anderer Name oder erläuternder Hinweis?

Lörrach - Erinnern statt vergessen. Der Carl-Keller-Weg auf dem Hünerberg soll aufgrund der NS-Vergangenheit des ehemaligen Chefarztes des Städtischen Krankenhauses umbenannt werden. Diese Forderung wird immer lauter. Eine Umfrage unserer Zeitung unter den Anwohnern der Straße ergab kein einheitliches Bild.

Während der NS-Zeit verletzte Keller 199 Personen an Körper und Seele durch nicht indizierte Zwangsterilisationen. Das wies der Radiologe Johann Faltum in seiner jüngst veröffentlichten Doktorarbeit nach (wir berichteten). Ein solches Handeln ist nicht mit dem ärztlichen Berufsethos vereinbar. Außerdem entspreche es nicht den ethischen und humanitären Vorstellungen unserer heutigen Gesellschaft, schreibt Stadträtin Tanja Reinhardt-Albiez in einer Mitteilung der Grünen: „Ist dies nicht der Fall, dürfen diese Persönlichkeiten im öffentlichen Raum keine Identifikationsfläche mehr bieten.“

Indes schlagen die CDU sowie die Jusos des Kreisverbandes Lörrach vor, dem Straßenschild ein erklärendes Zusatzschild über Kellers Vergangenheit hinzuzufügen, um den Menschen, die im Carl-Keller-Weg wohnen, den Aufwand einer Umbenennung zu ersparen. Das sagten eine Reihe von Anwohnern dazu:

Werner Haring

„Fehler soll man korrigieren. Ich bin also für eine Änderung des Staßennamens, obwohl das natürlich mit großem Aufwand verbunden ist. Als Anwalt hätte ich neben meinen persönlichen Dokumenten auch viele Geschäftspapiere abzuändern. Die Idee mit dem Informationsschild halte ich für halbherzig. Da sollte man eine klare Linie fahren. Mich interessiert aber, wieso das damals bei der Wahl des Namens nicht sorgfältiger recherchiert wurde. Ich finde, das hätte man erkennen müssen.“

Karin Kröner

„Auf jeden Fall soll der Name geändert werden – ich bitte darum. Meine Familie und ich haben sehr unter den Folgen des Nationalsozialismus gelitten, deswegen ist das ein persönliches Thema für mich. Wir Anwohner möchten uns aber vielleicht noch untereinander zu dem Thema austauschen und gemeinsam einen Standpunkt einnehmen. Ich fände es toll, wenn wir im Falle einer Änderung sogar einen Vorschlag für einen neuen Namen einreichen könnten.“

Ursula Zeller

„Ich bin gegen eine Namensänderung. Mir ist natürlich nicht recht, was diese Person vor vielen Jahren gemacht hat, der administrative Aufwand der Maßnahme wäre allerdings eine Mordsaufgabe für mich. Wir wohnen jetzt seit 40 Jahren hier und der Name war nie ein Problem. Ich bin für die Idee, ein Informationsschild anzubringen und den Menschen die Vergangenheit dieses Mannes bewusst zu machen.“

Iris und Richard Pottstock

„Unser erster Impuls war eher emotional. Wir wollten, dass der Name sofort geändert wird. Nach einiger Überlegung sind wir mittlerweile für die Idee des Infoschildes. Dieser Arzt hat seine Position ausgenutzt und Menschen geschadet, um sich selbst einen Vorteil zu verschaffen. Dieses Verhalten möchten wir nicht entschuldigen. Um solche Taten aber zu verurteilen, dürfen wir auch nicht die Erinnerung daran tilgen. Das Schild würde also zur Bildung der Menschen beitragen und uns Anwohnern gleichzeitig eine Menge Arbeit ersparen.“

Stephan Wedrich

„Natürlich bin ich grundsätzlich gegen die Dinge, die dieser Mann getan hat. Spontan würde ich jedoch sagen, dass die Offenlegung dieser Informationen ausreichen würde.“

Susanne Bachman

„In Deutschland ist es eine Ehre, eine Straße nach sich benannt zu bekommen. Einige Dinge, die dieser Mann getan hat, waren aber schlecht und sollten nicht geehrt werden. Deshalb bin ich dafür, den Namen zu ändern. Darüber hinaus war er ohnehin schwierig zu erklären und hat Probleme mit Post- und Paketboten verursacht. Es wäre gut einen neuen zu bekommen.“

Ein weiterer Anwohner sagte: „Den Namen zu ändern hätte keine Wirkung. Ich bin eher dafür die Menschen zu informieren. Das Schild hätte dann die Funktion eines Mahnmals und somit mehr Bedeutung, als wenn wir diesen Teil der Geschichte einfach ignorieren.“

Weitere Informationen: Auf Anfrage teilte die Pressestelle der Stadt Lörrach mit, dass eine Änderung der Anschrift im Personalausweis kostenlos ist.

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