Lörrach Szenen einer ungewöhnlichen Ehe

Die Oberbadische
Hervorragend dargestellt: Sabrina Lössl verleiht Katharina Luther Wärme, Ironie und einen starken Glauben. Foto: Ursula König Foto: Die Oberbadische

Theater: Tempus fugit inszeniert eine „ungehaltene“ Tischrede Katharina Luthers

Die Tischreden vor Studenten, die jedes Wort eifrig mitschreiben, waren die Spezialität des Martinus Luther, „Doctor theologiae“. Doch wie könnte es sich anhören, wenn seine Frau Katharina das Wort ergreift und der Welt ihre Sicht der Dinge und ihr Glaubensverständnis erklärte?

Von Ursula König

Lörrach. Die neue Inszenierung des Theaters Tempus Fugit „Bist du sicher, Martinus?“ greift auf eine Erzählung von Christiane Brückner zurück im Band „Ungehaltene Reden ungehaltener Frauen“, erschienen in den 80er Jahren unter dem Titel „Wenn du geredet hättest, Desdemona“.

Sabrina Lössl lässt während der Premiere am Freitag die ehemalige Nonne Katharina von Bora lebendig werden. Sie zeigt sie in der mittelalterlichen Kleidung der verheirateten gutbürgerlichen Frau am Küchentisch, umgeben von Kerzen, die den Raum in ein warmes Licht tauchen. Warmherzig verkörpert die Darstellerin auch Katharina Luther; die ihren eigenen Weg gefunden hat, mit Freude und Trauer umzugehen. Ihre Tischrede ist keine gnadenlose Abrechnung mit dem Gatten. Sie möchte eigentlich mehr ihr Herz erleichtern.

Intelligent wirkt sie, gut beobachtend und mit der Natur verbunden. Das ist ihr praktisch gelebter Glaube. Lössl zeigt Katharina als bodenständige Frau mit feinen Antennen für das Verhalten ihres Mannes. Etwa wenn er der rundlichen Magd mit verstohlenen Blicken hinterherschaut. Er solle sich doch freuen, dass Gott oder die Natur, wie sie das auch nennt, Frauen mit üppigen Kurven geschaffen habe.

Da klingt keine Eifersucht durch, aber sie muss auch feststellen, dass der einstige Mönch und sie selbst als frühere Nonne ihr Keuschheitsgelübde im Geist nie wirklich abgelegt hatten. „Ein Fleisch sein“; daran würden weder er noch sie glauben. „Martinus“ solle sich doch daran freuen, dass morgens zwei schwarze Zöpfe auf seinem Kissen liegen. Lössl taucht ein in diese kleine Welt vor 500 Jahren, zeigt Katharina sanft und stark, mit leichter Ironie, die nicht mit Schicksalsschlägen hadert.

Aber sie hat ein Problem damit, den Forderungen ihres Mannes nach Gehorsam nachzukommen. Sie will ihm auf Augenhöhe begegnen; will, dass er erkennt, dass ihrer beider Aufgabenbereiche gleichwertig sind. Die Freude, zu der er andere aufrufe, finde er selbst nicht. „Unlustig“ nennt sie diesen Zustand und mag es nicht, dass er etwas anderes lebt, als er in seinen Kirchenliedern beschreibt.

Ja, so könnte es gewesen sein, das Zusammenleben mit dem Prediger und Reformator Luther. „Bist du sicher, Martinus?“ zeigt eine spannende Produktion, die ganz vom Ausdruck Sabrina Lössls lebt. Es sind bewusst sparsame Bewegungen und eine Mimik, die den gesamten Gefühlsbereich einer Frau spiegelt, die nicht unbedingt glücklich an der Seite ihres Mannes war, aber einen Weg gefunden hat, sich auf das Leben einzulassen. Eine großartige Leistung und ein Abend mit Höhen und Abgründen.

Regie: Karin Maßen; Regieassistenz: Youssef Aboutahir

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