Jung und rotzfrech – so das Image der queeren Comedian und Musikerin Coremy aus Trier. Warum Körperbehaarung so ein großes Thema ist und vieles mehr erzählt sie vor ihrem Auftritt in Lörrach bei „Sommer im Hof“.
Coremy ist ein Internet-Star, ihre Comedy-Songs werden millionenfach geklickt. Nun kommt sie mit ihrem doppeldeutigen Programm „Rasiert“ ins Nellie. Was sie alles rasiert, verrät sie im Interview. Und hat auch sonst jede Menge zu sagen.
Jung und rotzfrech – so das Image der queeren Comedian und Musikerin Coremy aus Trier. Warum Körperbehaarung so ein großes Thema ist und vieles mehr erzählt sie vor ihrem Auftritt in Lörrach bei „Sommer im Hof“.
Das Wort rasieren hat ja eine schöne Doppeldeutigkeit. Im HipHop meint man damit, man hat die Bühne komplett zerfetzt. Dass das auch Frauen machen, wird in unserer Gesellschaft immer noch nicht so gerne gesehen. Wenn eine Frau sagt: So, hey, ich kann das hier richtig gut!, ist das vielen zu „männlich“. Ich finde es witzig, dass ich das für mich in Anspruch nehme. Zum anderen geht es natürlich um das Rasieren an sich. Bei dem Thema ploppen ja automatisch Fragen nach Selbstbestimmung und Emanzipation auf. Es geht auch darum: Stehe ich dafür ein, wie ich bin, mache ich nur das, was ich auch wirklich möchte, oder versuche ich, einem Ideal zu entsprechen?
Die meisten Frauen freuen sich, dass das mal jemand thematisiert. Denn darüber wird ja kaum gesprochen. Viele brauchen aber eine Initialzündung, ein Vorbild, um so ein Thema zu platzieren. Ich bekomme also von Frauen sehr viel gute Resonanz.
Das ist sehr unterschiedlich. Bei meinen Auftritten finden das viele sehr witzig. Im Netz dagegen merkt man, dass es wohl viele gibt, die das gaaaaanz schlimm finden und darin den Untergang des Abendlandes sehen.
Ich finde es schön, dem Thema sexuelle Orientierung einen Resonanzraum zu geben. In einer humoristischen Aufbereitung steckt zudem super viel Kraft, aus der man sehr viel Lebensqualität ziehen kann – für beide Seiten. Die, die betroffen sind und die, die sich mit dem Zugang zu dem Thema bisher etwas schwer getan haben. Gerade, wenn das locker rüberkommt, ohne erhobenen Zeigefinger à la: Ich will dir das jetzt mal erklären.
Ich habe den Eindruck, dass es da doch sehr viel einfacher und entspannter zugeht bei Gleichberechtigung und Toleranz. Das liegt sicher auch am Internet. Man kommt dadurch eben sehr viel schneller in Kontakt mit Gruppen und Milieus, mit denen man sonst nie etwas zu tun hätte. Man hört von Menschen mit anderer Orientierung, die eine komplett andere Sicht auf die Welt haben. Und man lernt vielleicht auch, dass man auf solche Menschen acht geben sollte.
Ich glaube, das hat viel mit Populismus zu tun. Die ganze Genderdebatte wurde ja bei weitem nie so ausführlich von der linken Seite propagiert wie von rechter Seite. Da hieß es oft völlig unberechtigt: Die wollen uns alles vorschreiben, wir MÜSSEN gendern und so weiter. Die steigern sich da viel mehr rein und sehen Forderungen, wo gar keine sind. Natürlich hat Sprache viel mit meiner Persönlichkeit zu tun. Sie bestimmt unsere Identität. Und es macht etwas mit meinem Weltbild, wenn Menschen plötzlich anders sind, aussehen und reden, als ich es gewohnt bin. Durch persönliche Kontakte können solche Ängste und Vorurteile eher abgebaut werden.
Ich bin natürlich erschüttert, wie viel Zeit und negative Energie manche Menschen in Hasskommentare stecken. Als Gegenmittel klicke ich manchmal auf die Profilbilder dieser Leute, da muss ich dann oft lachen, und es geht wieder.
Dafür gibt es ja zum Glück spezielle Institutionen wie „Hate aid“, die einem bei der Strafverfolgung helfen.
Natürlich. Zumal wir gerade in Deutschland wissen, wohin das führen kann. Ich bin aber trotzdem weiterhin positiv gestimmt. Wir haben ja doch so viel Rückhalt in der Gesellschaft. Wenn man diese riesigen Demos gegen rechts sieht, da ist so viel Kraft dahinter. All diese Menschen kann man nicht einfach so überrennen. Unsere Werte sind doch sehr gefestigt und lassen sich nicht so schnell zum Schweigen bringen.
Ich habe mir meine Sexualität ja nicht ausgesucht. Als junger Mensch hätte ich mir aber gewünscht, dass ich sehe: Es gibt Leute, die damit wunderbar und ganz normal leben. Das Thema war in der Öffentlichkeit viel weniger präsent. Als Jugendliche war es zunächst schon erschütternd zu merken: Ich bin anders. Damals habe ich mir vorgenommen: Wenn ich mal älter bin, will ich das in die Öffentlichkeit tragen und anderen Mut machen. Und zwar weit über die sexuelle Orientierung hinaus. Es gibt ja genug andere Minderheiten, die mit Akzeptanz zu kämpfen haben.
Ich hatte großes Glück, weil ich auf einer Schule war, wo Queerness schon ziemlich weit war und gelebt wurde. In diesem Umfeld hatte ich kein Problem mit meinem Outing. Das Gleiche gilt für meine Familie.
Ich habe ein buntes Bouquet dabei: Schöne Chansons und Geschichten – vom Kükenschreddern bis zu sanften Themen oder Mitsing-Partys mit viel Bums: Kurzweilig einmal durch die ganze Gesellschaft.
Coremy „Rasiert“: Freitag, 5. Juli, 20 Uhr, Nellie, Sommer im Hof; der Hut geht um; Platzkarten unter ticket@nellie-nashorn.de