Lörrach Tramstudie sorgt für kritische Nachfragen von Bürgern

Marco Fraune
Die Weiler Tram ist mit dem Lörracher Projekt nur bedingt vergleichbar. Foto: Marco Fraune

Ein bisher schlechtes Kosten-Nutzen-Verhältnis und die angespannte finanzielle Situation der Stadt Lörrach lassen die Realisierung einer neuen Tram-Linie aktuell nur in sehr weiter Ferne erscheinen. Das hat Bürgermeisterin Monika Neuhöfer-Avdic bei einer Bürgerinfo-Veranstaltung zur Tramstudie vor Augen geführt. „Aktuell ist das Projekt sehr schwer umsetzbar.“ Der Gemeinderat soll sich im Sommer/Herbst mit der weiteren Weichenstellung befassen – oder ein Stop-Signal setzen.

Bus entlang der S-Bahn?

Die Resonanz auf das Info-Angebot der Stadt ist rein quantitativ am Donnerstagabend bei der Besucherzahl durchwachsen ausgefallen. Zwar befanden sich gut zwei Dutzend Gäste im Hebelsaal, doch rund die Hälfte davon waren Projektbeteiligte und IG Verkehr-Vertreter, die Position bezogen.

Nur mit einer „richtig guten Förderung“ bei den Investitionskosten als auch bei den Betriebskosten sieht Neuhöfer-Avdic Möglichkeiten. Vielmehr brachte sie als Alternativ-Option eine parallel zur S-Bahn verkehrende Buslinie ins Gespräch, wie sie im Viertelstundentakt in Grenzach-Wyhlen bereits erfolgreich verkehre. Zugleich müsse man überlegen, für eine spätere Umsetzung Flächen für die Zukunfts-Tram frei zu halten.

Trasse und Probleme

Die extrahierten Trassen-Varianten seien alle mit Einschränkungen und Kompromissen versehen, hatten Mitarbeiter des Büros Obermeyer aus Karlsruhe dargestellt, die die Studie erstellt haben. Jan Henning, Projektingenieur Straßenbahn, schilderte wie bereits im Gemeinderat die zentralen Punkte der Studie (wir berichteten). Die östliche Führung bis zum Zentralklinikum vom Zoll über die Spitalstraße, die Gretherstraße, die Milkastraße in Richtung Brombach erwies sich dabei als die beste Option, wobei Problempunkte wie die Überlagerung mit der Fahrradstraße oder auch andere Straßenverhältnisse bestehen. Die kleinste sinnvolle umsetzbare Variante reicht nur bis zum Schwimmbad. Die Investitionskosten belaufen sich von 100 Millionen bis 230 Millionen Euro, die Betriebskosten von Zweidreiviertel bis zu sechs Millionen Euro. Doch: Das Kosten-Nutzen-Verhältnis passt laut aktuellem Stand nicht, das Fahrgastpotenzial müsste sogar verdoppelt werden.

Was Bürger wissen wollen

Aus der Bürgerschaft gab es verschiedene Punkte: So wurde der Wunsch laut, die Tram nach Tumringen zu führen, da dort immer mehr Menschen wohnen. Die Experten sehen hier zu geringe Kosten-Nutzen-Relationen. Auch die Idee, alle Ortsteile zu durchfahren, sei aufgrund der langen Fahrtzeit als auch der beengten Straßenverhältnisse kaum realisierbar. Die Abwicklung am Zoll ist ein Problempunkt, der in Weil am Rhein aufgrund der größeren Fläche besser gemeistert werden könne, entgegneten die Experten Nachfragen.

Auf S-Bahn-Gleisen?

Die Straßenbahn teils auf den S-Bahn-Gleisen fahren zu lassen, sei aufgrund des dort auch verkehrenden Schwerverkehrs nicht möglich. Nachfragen zur Methodik der Berechnungen gab es zudem ebenso wie zu den ausgewiesenen Betriebskosten. Beides ist öffentlich für alle Bürger im Ratsinformationssystem einsehbar, oder auch im Rathaus auf Anfrage erhältlich, so die Stadt.

Das sagt die IG Verkehr

Bei der Info-Veranstaltung
Die IG Verkehr hat sich bei der Bürgerinfo-Veranstaltung zur Tramstudie „schockiert“ gezeigt, was aus den Überlegungen geworden sei. „Es ist ein Totschlagargument, dass man nicht eingleisig fahren kann“, kritisierte Mitglied Paula Engler.

Mit der Studie sei bereits der zweite vor dem ersten Schritt erfolgt, forderte Natalie Fessmann zuerst ein Gesamtverkehrsmodell mit entsprechenden Daten ein. „So schnell die Tram-Trasse abzuschreiben, wäre ein bisschen zu schnell.“ Die IG Verkehr werde sich auch an die Optimierung der eigenen Trasse machen.

Zugleich setzt die IG auf einen Bau in Etappen, zuerst bis zum Meeraner Platz. Zudem könnten mit einem 15- statt mit einem 7,5-Minuten-Takt die Betriebskosten halbiert werden.

Außerdem steht die IG-Verkehr mit Entscheidungsgremien im Bund und Land in Kontakt, prüft damit die Fördermöglichkeiten. Ralph Jensen vom Fachbüro Obermeyer aus Karlsruhe unterstrich aber, dass für eine Förderung der volkswirtschaftliche Nutzen nachgewiesen werden müsse, hier greife eine standardisierte Bewertung. Noch sei der Nutzen angesichts des viel zu geringen Kosten-Nutzen-Verhältnisses nicht gegeben. „Wir können nur darstellen, was ist“, kann Bürgermeisterin Monika Neuhöfer-Avdic keine Prognose zu künftigen Fördermöglichkeiten abgeben, wie sie auch bekundete.

 

 

  • Bewertung
    4

Umfrage

Heizung

Das Gebäudeenergiegesetz besagt, dass neue Heizungsanlagen ab dem Jahr 2024 zu mindestens 65 Prozent mit eneuerbaren Energien betrieben werden sollen. Würden Sie sich noch einmal für eine reine Öl- oder Gasheizung entscheiden, wenn Ihre Anlage jetzt kaputt geht?

Ergebnis anzeigen
loading