Lörrach Unwissenheit ausgenutzt

Die Oberbadische

Gericht: Junger Mann ließ sich als Geschäftsführer und Strohmann missbrauchen

Ein heute 32 Jahre alter Angeklagter aus Lörrach hatte von Betriebswirtschaft und Buchführung keine Ahnung. Deshalb stand er jetzt wegen Steuerhinterziehung vor dem Amtsrichter.

Lörrach (dr). Weil er weder an der Steuerhinterziehung aktiv beteiligt war, noch einen persönlichen Vorteil daraus gezogen hat, kam er mit einer Arbeitsauflage von 80 Stunden gemeinnütziger Arbeit davon.

Die Staatsanwaltschaft warf dem Angeklagten vor, als Geschäftsführer einer Lörracher Immobilien- und Finanzierungsgesellschaft in den Jahren 2010 bis 2014 in 36 Einzeltaten 73 031 Euro Steuern hinterzogen zu haben. Insbesondere hatte die Steuerfahndung festgestellt, dass ein auch privat genutztes Auto mit einem Listenpreis von 124 000 Euro und eine über das Geschäftskonto gemietete, aber privat genutzte Wohnung in Lörrach nicht in die Einkommensberechnung einbezogen worden waren.

Der Beschuldigte zeigte sich in der Verhandlung sehr naiv. Nach seinem Hauptschulabschluss hatte er mehrere kurze Ausbildungen gemacht und eine Schule abgebrochen. Zur Zeit absolviert er eine Ausbildung zum Koch.

Noch vor dem Jahr 2010 hatte er ein Reisebüro in Stetten als Inhaber übernommen. Geführt wurde es dann von seiner Mutter. Diese hatte zuvor eine Insolvenz hingelegt und konnte darum nicht selber das Geschäft übernehmen.

Im Jahr 2010 sprach ihn der faktische Geschäftsführer der Immobilienfirma an. Ob er nicht die Geschäftsführung seiner Firma übernehmen könnte. Auch hier stand eine vorherige Insolvenz dagegen, die Geschäftsführung selber zu übernehmen.

Als „Strohmann“ 300 Euro im Monat bekommen

Für die Übernahme als „Strohmann“ bekam der Angeklagte nach eigenen Angaben 300 Euro im Monat meist bar ausgezahlt. Er habe sich nicht um die Immobilienfirma gekümmert, gab der Angeklagte an. Ob Lohnsteueranmeldungen überhaupt und richtig abgegeben wurden – davon habe er keine Kenntnis gehabt. Er habe auch nie etwas mit der eigentlichen Geschäftsführung der Firma zu tun gehabt. Erst durch die Hausdurchsuchung der Steuerfahndung habe er von irgendwelchen Unregelmäßigkeiten erfahren.

Der faktische Geschäftsführer, der den „Strohmann“ eingesetzt hatte, ist inzwischen rechtskräftig verurteilt.

Der Verteidiger regte die Einstellung des Verfahrens gegen eine Auflage an. Man habe die Unwissenheit seines Mandanten schamlos ausgenutzt.

Die Staatsanwältin signalisierte ihre Zustimmung zu einer Verfahrenseinstellung. Amtsrichter Dietrich Bezzel stellte darum das Verfahren mit der Auflage, 80 Stunden gemeinnützige Arbeit zu leisten, vorläufig ein. Wenn der Angeklagte die Arbeitsleistung erbracht hat wird das Verfahren endgültig eingestellt.

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