Der aus dem Architekturwettbewerb hervorgegangene Siegerentwurf des Konstanzer Büros „bächlemeid“ wurde auf Grundlage einer Empfehlung der Jury überarbeitet. Gemeinsam mit dem Entwurf des Büros Geisel für das nördlich angrenzende Grundstück der Firma Lasser bildet er die Grundlage des Bebauungsplans „Nördlich Engelplatz“. Dieser wird vom Büro fsp, Freiburg, erarbeitet und umfasst den knapp 1,8 Hektar großen Geltungsbereich zwischen Wallbrunnstraße, Hünerbergweg, Leimstiegenweg und Bergstraße.
Zum jetzigen Zeitpunkt sei keineswegs entschieden, ob das Hochhaus wie derzeit vorgesehen gebaut wird – wovon offenbar etliche Bürger ausgingen. Der gesamte Prozess befinde sich noch in einer frühen Phase, betonte Schnacke-Fürst an diesem von Christine Grüger und Roland Strunk (Suedlicht) moderierten Abend.
Die Stadtentwicklung
Mit der Realisierung von insgesamt rund 90 Wohneinheiten auf den Grundstücken der Unternehmen Vukovic und Lasser sowie der Stadt soll im Plangebiet neuer Wohnraum geschaffen werden. „Der angrenzende Engelplatz ist der einzige, östlich der Bahnlinie gelegene ’Platzraum’, der eine Vielfalt an Nutzungen und öffentlichem Leben zulässt und auch eine bauliche Verdichtung verträgt.
Die Stadt trägt mit dem Vorentwurf des Bebauungsplans ’Nördlich Engelplatz’ auch der Empfehlung des Märkte- und Zentrenkonzepts Rechnung, dieses Areal als Nahversorgungsbereich und Stadteingang zu entwickeln.
Die funktionale und bauliche Betonung des Engelplatzes folgt dabei dem Ziel der Stadtentwicklung, die beiden Seiten der Innenstadt, die durch die Bahn getrennt sind, stärker miteinander zu verknüpfen“, skizziert die Verwaltung die Bedeutung des Projekts.
Und weiter: „Durch das unter dem Wohnhochhaus neu entstehende Angebot an öffentlichen Stellplätzen können oberirdische Stellplätze am Engelplatz entfallen und der Platz neu gestaltet werden.“
Verbessert werden soll auch die Vernetzung der Fuß- und Radwege zwischen der Innenstadt und den Wohngebieten auf dem Hünerberg.
Die Bürgerinitiative
Unterdessen ist eine Bürgerinitiative gegen das geplante Hochhaus auf mehreren Feldern aktiv: Mit einer Online-Petition, Flyern und einer Unterschriftensammlung setzen sich die Unterstützer der Initiative für ihr Anliegen ein: eine Verdichtung des Plangebiets, jedoch ohne Hochhaus.
Denn: Ein rund 44 Meter hohes Gebäude passe nicht in das historische Umfeld und verhindere eine bürgerfreundliche Atmosphäre. Ein massives Hochhaus erdrücke als Fremdkörper die städtebauliche Anmutung des Umfelds diesseits und jenseits der Wallbrunnstraße und werte die wenigen verbleibenden Baudenkmäler ab.
Geschosse und Flächen
Die Geschossflächenzahl definiert, wie viel Geschossfläche im Verhältnis zur Grundstücksfläche errichtet werden kann. Beim geplanten Hochhaus bewege sich dieses Verhältnis – das Maß der baulichen Dichte – nicht ansatzweise in einem verträglichen Rahmen, so Dirk Werner für die Initiative.
Aber: Im Bebauungsplan nennt die Verwaltung Gründe, die einen solchen Hochpunkt städtebaulich rechtfertigen und damit auch juristisch absichern: etwa das Ziel, Dichte in der Wohnbebauung zu schaffen. Über diesen Aspekt hinaus wurde sowohl von Architekt Martin Bächle als auch von Schnacke-Fürst und Fachbereichsleiter Gerd Haasis betont, dass der Hochpunkt als Eingang zur Innenstadt auch unter städtebaulichen Gesichtspunkten gesetzt werde.
Wäre das Verhältnis von Geschoss- und Grundstücksfläche das einzige Kriterium, könnte kaum ein Hochhaus in der Innenstadt gebaut werden, so Schnacke-Fürst, die auf den Chesterplatz als gelungenes Beispiel für ein solches Gebäude in einer verdichteten städtebaulichen Situation verwies. Und: Eine Studie habe belegt, dass der Schattenwurf des geplanten Gebäudes nach geltenden Vorschriften nicht zu beanstanden sei.
Den mehrfach gehörten Vorschlag von Seiten der Bürger, das Hochhaus zu kürzen und statt dessen die anderen, überwiegend zwei- bis dreigeschossigen Gebäude um ein Stockwerk zu erhöhen, konnte Bächle nicht mittragen. Der vorliegende Entwurf mit dem Hochhaus als „Signet“ funktioniere nur dann, wenn er präzise umgesetzt werde.
Platz und Straße
Dass die Wallbrunnstraße an Ort und Stelle auch in Zukunft Verkehr mit sich bringen werde, stehe außer Frage, doch könne schon allein mit der Gestaltung des öffentlichen Raums und des Straßenbelags sowie einer Tempobeschränkung eine Erhöhung der Aufenthaltsqualität herbeigeführt werden, sagte Bächle.
Fritz Wilhelm kritisierte entschieden in einem Kurz-Vortrag die Dimension des Hochhauses. Ihm fehle der Bezug zu Geschichte des historischen Umfelds, zudem sei es zu nah an der Straße positioniert. Abgesehen davon unterstützte er aber den Entwurf von Bächle.
Generell könne dort durchaus ein attraktiver „Platzraum“ gestaltet werden: durch die entsprechende „Zonierung“, „Methoden des Anfügens“, Begrünung und der Einbindung von „Platzwänden in etwa gleicher Höhe“.
Der Verkehr
Andere Bürger sahen die Ein- und Ausfahrtssituation vor der Tiefgarage in der Wallbrunnstraße mit Skepsis. Auch der Park-Such-Verkehr werde sich verschärfen. Eine Zuhörerin regte einen Kreisverkehr anstelle der Ampel an, eine markante Temporeduktion vor dem Quartier könnte die massive Lärmentwicklung durch Raser reduzieren, sagte ein Gast.
Nach der Sommerpause soll das Bebauungsplanverfahren fortgesetzt werden – unter Einbindung der im Bürgerdialog genannten Argumente.