Lörrach. Lörrachs Bürgerstiftung  ist auf vielen Feldern aktiv: Sie kümmert sich etwa erfolgreich um die Sprachförderung von Kindern und die Etablierung eines generationsübergreifenden Bewegungs-Projekts in der Stadt. Morgen feiert sie ihre Benefiz-Gala im Burghof. Bernhard Konrad sprach mit der Vorsitzenden Ute Lusche über aktuelle Projekte und Perspektiven der Stiftung.
 
Frau Lusche, welche thematischen Schwerpunkte hat die Bürgerstiftung bislang im Jahr 2014 gesetzt?
 
Die Sprachförderung von Kindern ist auch in diesem Jahr eines unserer zentralen Anliegen. Wir standen deshalb unter anderem in Kontakt mit der Stadt, weil aus unserer Sicht keine angemessenen Standards in den Lörracher Kindergärten garantiert waren. Was vom Land bis zum Sommer kam, war sehr dürftig, die Kommune hat aber ergänzend Mittel zugegeben. Nun haben sich die Förderungskriterien durch das Land verbessert, allerdings wissen wir noch nicht sicher, ob die beantragten Mittel sämtlich auch dauerhaft bewilligt werden. Staatliche und städtische Förderung sehen wir jetzt aber auf einem guten Weg.
 
Wo sehen Sie über die Sprachförderung von Kindern hinaus Förderbedarf?
 
Oft wäre eine engere Einbindung der Mütter und Väter sinnvoll. Nicht allein wegen der Förderung von Sprachkenntnissen, sondern auch wegen der häufig geringen Kontakte zwischen Eltern und Einrichtungen und des fehlenden Wissens über die Ansprüche, die von unserer Gesellschaft regelmäßig an Eltern gestellt werden. Ein vermehrter Austausch mit den Eltern würde den positiven Effekt der Sprachförderung für Kinder mit Migrationshintergrund verstärken und zudem einen integrativen Beitrag leisten.
 
Wie kann die Bügerstiftung die Aufnahme dieser Kontakte fördern?
 
Unsere Mitarbeiterinnen Michaela Kern und Ulrike Fritsch können den Kindergärten hierzu Anregungen anbieten – auch darüber, welche Informationen diese Eltern brauchen. Ich nenne Ihnen ein kleines Beispiel, warum dieser Kontakt sinnvoll ist: Vor einiger Zeit wurde Michaela Kern vom Landratsamt zum Thema „Zahngesundheit“ bei Kindern mit Migrationshintergrund angesprochen. Zahnärzte berichten aus den Kindergärten, dass dort manche Eltern bei diesem Thema wenig Kenntnis haben, worauf sie achten müssen. Michaela Kern führte dann in dieser Angelegenheit Gespräche mit dem Landratsamt und konnte zusammen mit der Schubert-Durand-Stiftung in den Kindergärten die Eltern für das Thema sensibilisieren.
 
Was müsste sich ändern, damit Bedürfnisse und Notwendigkeiten der Förderung und der Information besser aufeinander abgestimmt werden?
 
Ich denke, dass sich in den nächsten Jahren von staatlicher Seite manches tun muss und auch wird. Gerade das Bedürfnis des besseren Einbindens der Eltern wird immer mehr erkannt. Das ist, wie mir Fachbereichsleiter  Thomas Wipf  geschildert hat, auch schon ein Thema, mit dem sich die Stadt auseinandersetzen muss.
Es ist eine Stärke der Bürgerstiftung, dass Michaela Kern und Ulrike Fritsch wissen, welche Fördermöglichkeiten in Frage kommen, was Land und Stadt bieten oder was von der Schubert Durand-Stiftung beigesteuert werden könnte. Sie wissen, wer in Stadtteileltern-Initiativen eingebunden ist und kennen etliche Akteure mehr. Allerdings müssen Hilfestellungen auch aus den Einrichtungen heraus angefragt werden.
 
Wünschen Sie sich von der ein oder anderen Einrichtung eine größere Offenheit für die Angebote der Bürgerstiftung?
 
Die Kindergärten leisten gute Arbeit. Dennoch waren wir das ein oder andere Mal verwundert, dass Angebote von uns oder der Stadt vom Träger oder der Einrichtung eher als Einmischung empfunden wurden. Zu den zentralen Aufgaben von Michaela Kern und Ulrike Fritsch gehört die Qualifizierung und Fortbildung der Erzieherinnen, sie begleiten Elternprojekte und sie beraten beim Stellen von Anträgen – die Freien Träger haben erfahrungsgemäß wenig Berührungsängste mit uns, weil sie merken, sie können unsere Hilfen ohne bürokratischen Aufwand abrufen. Die Vielfalt der Träger und Akteure in Lörrach hat bestimmt ihre Vorteile, andererseits ist es schwierig, in der Stadt bestimmte Standards zu etablieren.
 
Sind die Früchte des Engagements der Bürgerstiftung in den Kindergärten erkennbar?
 
Das sind sie. Bei denjenigen Trägern, die unsere Angebote mit einer gewissen Konstanz annehmen, können wir bei den betreffenden Kindern sehen, dass sie gefördert werden.
 
Die Stiftung ist jetzt auch bei „Fit im Grütt“ im Boot. Die Umsetzung des Projekts ist im Wesentlichen der Bürgerstiftung zu verdanken, natürlich mit Begleitung der Stadt. Der Bedarf für weitere generationsübergreifende Bewegungsstationen ist vorhanden: Sehen Sie hier eine Aufgabe der Kommune?
 
Alleine schaffen wir das sicher nicht. Wir haben im Grütt zwar finanziell die Hauptlast getragen, aber die Stadt ist über die Montage und die Unterhaltung der Sportgeräte finanzielle Verpflichtungen eingegangen, auch die Begleitung durch Sportkoordinatorin Julia Arndt war wichtig. Die Vorstellungen von Stadt und Bürgerstiftung haben bei diesem Projekt jedenfalls große Schnittmengen.
 
Wurde bereits ein neuer Standort ins Auge gefasst?
 
Es ist längst noch nichts entschieden, aber wir haben über das Neumattgebiet nachgedacht, in Nachbarschaft der Wiesionen. Es wäre schön, wenn man das mit einem Spielplatz für Kinder kombinieren könnte. Die Stadt muss den ersten Schritt dafür tun. Wenn sie den Standort geklärt hat und der dauerhafte Unterhalt gesichert ist, gehen wir wieder auf die Suche nach finanziellen Mitteln.
 
Auch die Rossschwemme verbindet die Themen Freizeit und Regeneration. Zuletzt waren Sie aber nicht wirklich zufrieden mit der Betreuung durch die Stadt. Wie sieht’s dort aus?
 
Nach allem, was man hört, werden Rossschwemme und Wiesestrand bei schönem Wetter gern genutzt: Der Aufenthaltsort Fluss wird stärker wahrgenommen. Das freut uns sehr. Bei der Rossschwemme gab es leider immer wieder sowohl für die Anwohner als auch für den Werkhof negative Begleiterscheinungen. Der dort hinterlassene Müll ist ein Ärgernis, aber es ist für die Akzeptanz dieses Ortes wichtig, das er entsprechend unterhalten wird. Ich sage auch ganz offen, dass es mich außerordentlich ärgert, wie sich manche Leute im öffentlichen Raum bewegen. Es gibt bei einzelnen Bürgern leider nicht das geringste Bewusstsein für die Qualität des gemeinsamen Raums in unserer Stadt.
 
Beim Projekt „Landschaft x Fluss = Wiesionen²“ in Tumringen bringt sich die Bürgerstiftung mit dem Wirbelwasserkraftwerk ein. Wird sie sich auch engagieren, wenn die Wiesionen in den Ortsteilen ankommen?
 
Grundsätzlich sehr gern. Auch deshalb, weil dort neues bürgerschaftliches Engagement erschlossen werden kann. Wir könnten uns dann ebenfalls in neuer Form einbringen.
 
Die Bürgerstiftung befasst sich sowohl mit ehrenamtlichem Engagement als auch mit Finanzierungsfragen. Die Zinslage ist nicht gerade ergiebig. Wie geht die Stiftung damit um?
 
Bei uns ist das Stiftungsvermögen sowohl in Kapital als auch in unserer Immobilie, dem Alten Rathaus in Stetten, angelegt. Eine unserer wichtigsten Einnahmequellen ist allerdings die Benefiz-Gala: Das gleicht einiges aus.
 
Die Gala hat sich zum wichtigsten gesellschaftlichen Ereignis in Lörrach entwickelt.
 
In den letzten Jahren war sie immer ausverkauft. Wir machen das mit Überzeugung und gern, aber es ist im Ehrenamt wirklich unglaublich zeitaufwendig. Ich hoffe, dass ich im nächsten Jahr einen Teil dieser Arbeit abgeben kann. Neben meinen beruflichen und familiären Aufgaben ist das phasenweise noch ein Zusatzjob als Event-Managerin.
 
Wie hoch ist derzeit das Stiftungsvermögen, und wie viel Geld investiert die Bürgerstiftung pro Jahr?
 
Das Stiftungsvermögen beträgt nach Erhalt einer Erbschaft jetzt ohne den Museumsfonds rund 750 000 Euro, darin enthalten ist auch das Alte Rathaus. Für die Sprachförderung geben wir im Jahr rund 30 000 Euro aus, weitere rund 10 000 Euro investieren wir in zusätzliche Einzelprojekte. Die Förderung von Einzelprojekten wird bei der derzeitigen Zinslage immer schwieriger.
 
Und wie hat sich die Spendenbereitschaft in Lörrach entwickelt?
 
Wir freuen uns über alle Spenden, natürlich könnte es immer mehr sein, Aufgaben gibt es  ja zur Genüge. Es ist ein bisschen schade, dass es oft die Gleichen sind, die spenden. Ich bin davon überzeugt, dass Lörrach noch mehr Potenzial hat – sowohl was die Spendenbereitschaft angeht als auch mit Blick auf das Engagement.