Lörrach Vom Kampf zurück ins Leben

Gabriele Hauger
Gemeinsam auf dem Weg zurück zu einem Stück Normalität: Dieter und Karin Philipp Foto: Die Oberbadische

Corona: Dieter Philipp, Kult-Wirt des Wiesentäler Hofs, erkrankte schwer /  Restaurant wird aufgegeben

Lörrach - Statistiken, Inzidenzen – seit einem Jahr werden wir damit täglich konfrontiert. Doch wer steht hinter all diesen Zahlen? Welche Schicksale? Wie erlebt ein schwer an Corona erkrankter Mensch die Tage, Wochen, Monate? Dieter Philipp, Kult-Wirt des Wiesentäler Hofs in Stetten, hatte Corona – lebensbedrohlich. Jetzt sucht er seinen Weg zurück ins Leben.

Es fing relativ harmlos an. Dieter Philipp war mit dem Straßenverkauf beschäftigt, als ihm schwindlig wurde, Übelkeit kam hinzu. „An das Virus habe ich gar nicht gedacht“, erinnert er sich. Er ging nach oben, um sich etwas auszuruhen. „Er hat dann fast zwei Tage durchgeschlafen“, sagt seine Frau Karin. Von Corona-typischen Symptomen zunächst keine Spur. Bald wurde Karin Philipp indes klar: Da stimmt etwas nicht. Es ging ihrem Mann zusehends schlechter. „Ab ins Claraspital!“, drängte sie zur rückblickend einzig richtigen Entscheidung.

Dort angekommen, ging es Schlag auf Schlag: positiver Corona-Test, CT, extrem niedrige Blutsättigung. „Das war ein echter Schock. Ich konnte meinem Mann nur noch zuwinken, dann musste ich gehen“, sagt Karin Philipp mit belegter Stimme. Um 16 Uhr kam dann der Anruf, dass ihr Mann ins künstliche Koma verlegt werden musste. Eine Lungenentzündung, extreme Hustenanfälle, Erstickungsgefahr. „Ich war schon fast weggetreten“, erinnert sich Dieter Philipp nur schemenhaft an die Stunden davor.

Bangen um sein Leben

Parallel mussten seine Frau, Sohn und Tochter, aber auch Freunde getestet werden und großteils in Quarantäne. „Außer meiner Tochter waren wir alle positiv, sogar das Enkelkind. Aber wir hatten alle keinerlei Symptome. Mein Mann hat wohl alles abgekriegt“, sagt Karin Philipp mit Galgenhumor.

Es folgte eine schwere, extrem belastende Zeit. Tägliche Anrufe in der Klinik, bangen um das Leben des Mannes, des Vaters, des Opas und die Frage, ob er nach einer Genesung auch wieder ganz der Alte sein könnte.  Ein Luftröhrenschnitt musste gemacht werden, künstliche Beatmung und Ernährung kamen hinzu. „Es stand auf der Kippe“, sagt Philipp lakonisch. Und seine Frau erinnert sich an die wenig feinfühligen diesbezüglichen Bemerkungen der Ärztin. „Fachlich war die sicher gut, aber von Psychologie keine Spur.“

Aus dem Koma erwacht, konnte Dieter Philipp zunächst nicht reden, sich nicht bewegen.

Am 9. November war der 69-Jährige, bis dahin kerngesunde Wirt ins Krankenhaus gekommen. Einen guten Monat später bekam er dank des engagierten Einsatzes des Chef-Pflegers einen Reha-Platz in Elzach. Die Fortschritte gingen langsam.

Der kommunikative Dieter Philipp, dessen Leben aus seinem Restaurant, seinen Gästen, der Country-Musik und seiner Familie bestand, litt extrem unter Kontaktsperre und Besuchsverbot. „Zum Glück gibt es WhatsApp“, sagt er grinsend. „Der hat den ganzen Tag mit Gott und der Welt telefoniert“, ergänzt seine Frau lachend.

An Heilig Abend ein Rückschlag: Ein Anruf, dass der Reha-Patient in die Klinik nach Freiburg muss: ein Schlaganfall, das linke Auge ist bis heute stark betroffen.

Seit ein paar Tagen nun ist Dieter Philipp wieder Zu Hause. „Wir sind seit 48 Jahren verheiratet. Noch nie waren wir so lange getrennt“, seufzt Ehefrau Karin. „Zum Glück hatte ich in der schweren Zeit meine Kinder und Freunde.“

Dieter Philipp muss sich jetzt zurück ins Leben kämpfen. Mit dem Rollator geht es schon bis zur nächsten Ecke, drei Runden durchs Zimmer schafft er ohne. Auf dem Hometrainer wird jeden Tag geübt. „Er ist so ungeduldig!“, schimpft Karin Philipp. Beim Sprechen merkt man deutlich, wie sehr ihr Mann noch um Luft ringen muss. „Das ist das Schlimmste, ich pfeif’ beim Laufen so laut, dass mich die ganze Dammstraße hört“, grinst er.

Das Wohnen haben die Philipps ins untere Stockwerk verlegt, damit die vielen Treppen wegfallen. Die Weichen sind zudem gestellt: Das Restaurant ist definitiv geschlossen, das Hotel soll möglichst bald verkauft werden. „Dann möchten wir gemeinsam unsere Rente genießen, obwohl ich unsere vielen treuen Stammgäste sehr vermisse“, sagt Philipp. Pläne hat er auch schon: „So bald es geht, fahren wir nach Elba. Wir lassen uns nicht unterkriegen!“

Umfrage

Heizung

Der Ausbau des Fernwärmenetzes im Landkreis Lörrach nimmt Fahrt auf. Würden Sie, falls möglich, Ihr Haus an das Netz anschließen lassen?

Ergebnis anzeigen
loading