Mutige, eindrucksvolle Hängung mit großer Wirkungskraft
Ähnliches gelingt in anderen Bildnissen wie dem alten Arbeiter aus der KBC, dem „Lachenden Mann mit roten Haaren“ oder – grafisch plakativ – dem „Apotheker J.S.“. Auffallend experimentell in der modernen, picassohaften Bildsprache wirkt das Bildnis des Museumsdirektors Werner Schmalenbach. Während der Holzschnitt „Mann am Tisch mit Flasche“ eher zu den typologischen Studien zählt, ist das „Trinker“-Motiv Ausdruck einer gebrochenen Existenz, gezeichnet von Desillusion und Einsamkeit in der Nachkriegszeit.
In beiden Lörracher Häusern sieht man solche interessanten Selbstbildnisse und Porträts. Im Ibenthalerhaus wurden sie von Kurator Martin Leccese noch nie so eng gehängt wie dieses Mal: eine bemerkenswert mutige, eindrucksvolle Hängung mit großer Wirkungskraft. Einige dieser Selbstbespiegelungen haben ganz starken Ausdruck, zeigen Melancholie, aber auch Elend, das sich in einem Porträt mit rotgeränderten Augen ausdrückt. Ein Raum versammelt eines der häufigsten Modelle, Elisabeth Ernst, von der Ibenthaler die meisten Porträts und Aktbilder malte.
Dreiländermuseum
Chronologisch und thematisch geordnet hat Kuratorin Dina Schneberger die Werkgruppen im Dreiländermuseum. Sie beginnt mit dem Frühwerk, das noch konform und idealisierend erscheint und das erste Selbstbildnis von 1938 und eine Kopie nach Botticelli enthält. Es folgt der Wandel zum angehenden Künstler, der als Besatzungssoldat nach Paris kommt, „mit Genuss durch Museen flaniert“, Einflüsse von Cézanne und dem französischen Impressionismus aufnimmt. Laut Schneberger fiel es Ibenthaler „wie Schuppen von den Augen“, dass es noch eine andere Kunst gab als die, die er bisher kennengelernt hatte.
Die nächsten Stationen sind Kriegsende und Heimkehr. Ibenthaler arbeitet die Zeit auf („eine ganz wichtige und bedeutende Abteilung“). Die Schrecken und das Grauen des Krieges schauen einem aus manchen dieser Nachkriegsbilder entgegen. Weitere Schwerpunkte sind religiöse Kunst, Stillleben, Akt, Figur, Landschaft, mit Hauptwerken dieser auf Ausdruck angelegten Kunst.
Spannend ist das thematisch aufschlussreiche Kapitel „Ibenthaler und die zeitgenössische Kunst“, wo „raumgreifende Polemik“ in Bildfindungen mit Avantgardekünstlern wie Beuys, Warhol, Christo und Fontana („Party“) einfließt. Wie Ibenthaler ja überhaupt die zeitgenössische Kunst mit ihren amerikanischen Einflüssen kritisch gesehen hat.
Repräsentativ in der Museumsschau ist der Themenkomplex „Porträtmaler“. Dem Bildnis des ehemaligen Lörracher Oberbürgermeisters Egon Hugenschmidt gibt Ibenthaler einiges an Selbstsicherheit mit. Auch das Aktmalen liegt ihm, „fordert ihn aber nicht so wie das Porträtieren“, wie die Kunsthistorikerin feststellt, war aber ein Bereich, dem Ibenthaler viel Aufmerksamkeit schenkte.
Ein anderes zentrales Thema ist die Figur. In der Schau wird das Figurenbild als „erweitertes Porträt“ mit anderer Zielsetzung erfasst, als „psychologische Studien in Bildform“. Neben dem Menschenbild ist Natur und Landschaft seiner näheren Umgebung sowie das Leben der einfachen Leute ein Themenkreis, der sich in kraftvollen Szenen des kargen bäuerlichen Lebens niederschlug.
Markgräfler Museum
Wer den Weg nach Müllheim wählt, kann im Markgräfler Museum in zwei Foyer-Räumen Werkbeispiele dieses Genres sehen: Bauernpaare auf dem Weg ins Feld, die Rübenhackerinnen auf dem Dinkelberg, ein Fuhrwerk, die Kartoffelernte oder Schnitter mit der Sense – ein Motiv, in dem der Einfluss von Ibenthalers Künstlerfreund Adolf Riedlin sichtbar wird.
Mühelos mit Adolf Strübe mithalten, kann die kubistisch-abstrahierte „Markgräflerin“. Unter den Landschaften vom Markgräflerland, Dinkelberg und dem Rhein fällt der expressiv gestrichelte „Sommertag bei Blansingen“ ins Auge, ein Pastell, das vom Stil her an van Gogh erinnert.
Man sollte sich also nicht nur die schön kuratierte und aspektreiche Lörracher Museumsrückschau und die sehr persönlich und biografisch orientierten „Lebenslandschaften“ im Ibenthalerhaus anschauen, sondern auch den kleinen, aber feinen Müllheimer Beitrag im Blankenhorn-Palais, der das Gesamtbild von Ibenthalers Lebenswerk abrundet.
Dreiländermuseum bis 8. März, Di-So 11-18 Uhr, Ibenthalerhaus bis 26. Juli, So 15-17 Uhr, Markgräfler Museum bis 19. April, Di-So 14-18 Uhr