Lörrach Von gewolltem und ungewolltem Rassismus im Alltag

Markus Greiß
Martin R. Dean im Gespräch mit dem Burghof-Publikum Foto: Markus Greis

Martin R. Dean beleuchtete im Burghof den Rassismus in der Schweiz.

Im Rahmen der „Internationalen Wochen gegen Rassismus“ hat der Basler Autor Martin R. Dean am Dienstag aus „Der Sommer, in dem ich Schwarz wurde“ gelesen. Das in Dialogform geschriebene Buch verfasste er im Sommer 2020 zusammen mit der SRF-Moderatorin Angélique Beldner anlässlich der Solidaritätskundgebungen mit der „Black Lives Matter“-Bewegung. Im Burghof präsentierte Dean nun ausgewählte Passagen aus dem Zwiegespräch der beiden und übernahm dabei auch den Part Beldners.

Anders als er hatte Angélique Beldner rassistische Äußerungen lange hingenommen, um sich dem Schmerz zu entziehen – bis zur Tötung George Floyds durch einen weißen Polizisten in den USA und die dadurch erzeugte Protestwelle.

Dean und Beldner nahmen die Ereignisse zum Anlass, um in ihrem Buch den Rassismus in der Schweiz zu thematisieren. Sie fragten sich, wie über und gegen Rassismus gesprochen werden kann, und luden die Leserschaft zum Mit- und Umdenken ein. Dabei ging es ihnen „im besten Fall um Erkenntnisgewinn, nicht um Verbote“, wie es Dean formulierte.

Verlustängste

Gleich zu Beginn der Lesung traf Dean eine wichtige Klarstellung: „Weiß“ zu sein, bezeichne nicht eine Hautfarbe, sondern die Zugehörigkeit zu einer Erfahrungsgruppe: der weißen Mehrheit. Weil Weiße nicht rassistisch diskriminiert würden, sei ihnen diese Erfahrung nur schwer zu erklären, so Beldner. In ihrer Jugend litten Dean und Beldner unter rassistisch gefärbten Begriffen in der Umgangssprache, so etwa unter früheren Bezeichnungen des Schokokusses. Derartige Begriffe seien einem kolonialen Denken entsprungen, das sich an der Rassenlehre des 19. Jahrhunderts orientierte.

Der Versuch, die tief im Unterbewusstsein verankerte Umgangssprache in diesem Punkt zu verändern, erzeuge bei vielen Sprecherinnen und Sprechern Verlustängste. Sie seien sich oft nicht bewusst, mit ihrem Sprachgebrauch jemanden zu verletzen. Dieses Bewusstsein müsse erst einmal erarbeitet werden. Deshalb will Dean auch „Lust machen auf Stottern“, wenn man sich – wie eine Teilnehmerin der im Anschluss durchgeführten Diskussionsrunde – fragt, welche Worte eigentlich noch verwendet werden dürfen.

Bei der Diskussion bat Moderator Karsten Kleine Burghof-Geschäftsführer Timo Sadovnik um seine Auffassung zum Thema kulturelle Aneignung in der Kunst. Sadovnik machte seine Meinung am Beispiel der Ausladung einer weißen Sängerin mit Dreadlocks von einer Veranstaltung fest. „Wir überschreiten eine Grenze, wenn wir sagen, wir verbieten das“, so der Burghof-Chef. Das zerstöre Kunst.

Manipulation für Hetze

Zum Abschluss veranschaulichte Podiumsteilnehmerin Sandra Tell vom Landesmedienzentrum, wie sich mit Künstlicher Intelligenz Fotos manipulieren lassen, die dann etwa zur Hetze gegen Flüchtlinge im Netz eingesetzt werden. Das Problem: Wer solche Darstellungen sieht, kann sich nur schwer gegen die Macht der Bilder wehren. Hiergegen Position zu beziehen, sei schwierig, aber nicht weniger wichtig.

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