Lörrach Von Lügen und echten Neuigkeiten

Beatrice Ehrlich
Fliegender Rollenwechsel zwischen Opfer und Täter: Pat Mueller, Catalina Suchomel und Alessandra Ehrlich Foto: Beatrice Ehrlich

Bildung: Demokratievermittlung mit präventivem Theaterstück an der Theodor-Heuss-Realschule

Erst lachen alle, als Cindy und Markus sich die Kunstfigur Tonie als virtuellen Freund für ihre verhasste Mitschülerin Lisa mit den guten Noten ausdenken. Am Schluss ist Lisa tot. Sie hat sich umgebracht, weil sie die Demütigungen ihrer Mitschüler nicht mehr ausgehalten hat.

Von Beatrice Ehrlich

Lörrach. Dem Fall liegt eine wahre Geschichte zugrunde. „Fake Paradise“ ist ein Theaterstück, das Jugendliche mit den negativen Auswirkungen von Social Media konfrontiert – im Netz, aber ganz konkret auch beim Umgang mit anderen in der Schule und in der Freizeit. Am Dienstag spielte die Theatergruppe WIR-Kultur in Bewegung das facettenreiche Stück aus der Feder von Gerburg Maria Müller und Alessandra Ehrlich vor Acht- und Neuntklässlern der Theodor-Heuss-Realschule in Lörrach.

Die vierköpfige Gruppe macht es den Zuschauern nicht einfach, denn die Akteure wechseln immer wieder ihre Rollen. Dem eindrücklichen Streitgespräch zwischen einer muslimischen Referendarin und einer Geschichtslehrerin, die sich Satz für Satz immer mehr als lupenreine Rechte zu erkennen gibt, folgt die fröhliche Umarmung zwischen den zwei Schauspielerinnen, die ja in der Szene nur Theater gespielt haben.

Ein Mädchen, das gerade noch Opfer war, steht einen Moment später als abgebrühte Influencerin auf der Jagd nach Likes auf der Bühne. Wie kleine Kristallkugeln sehen in diesem Stück die Handys aus, um die sich (fast) alles dreht, ein hintergründiges Detail.

Am Schluss werden die Jugendlichen aufgefordert, Position zu beziehen: „Meint ihr, das war richtig so? Oder: „Habt ihr auch Lehrer, die so was sagen?“ Im geschützten Rahmen soll dieses Gespräch später im Klassenzimmer fortgesetzt werden. Die Jugendlichen zum Nachdenken anzuregen, sieht Schulsozialarbeiterin Debora Neuer, die das Stück an die Schule geholt hat, als zentrales Ziel dieser Aufführung. Den Themen Rassismus, Diskriminierung und Schwierigkeiten zwischen Cliquen begegne sie häufig unter Schülern. Nach Monaten des Lockdowns und virtueller Kontakte sei nun wieder richtige Präventionsarbeit möglich.

Ein Fall für den Verein WIR-Kultur in Bewegung, der sich genau das zum Ziel gesetzt hat, finanziell und ideell unterstützt vom Demokratiezentrum Baden-Württemberg. So will Schauspielerin Claudia Steiner mit ihrer Arbeit an das Verantwortungsbewusstsein der Schüler apellieren: „Hey, ihr habt es in der Hand!“. „Es gibt nicht die einfache Antwort“, gibt Schauspieler Pat Mueller mit Blick auf die sozialen Netzwerke zu bedenken, über die er mit Jugendlichen im Gespräch bleiben will.

Und Schulrektorin Sonja Mohren und Theatermacherin Ehrlich sind sich einig, dass „Fake Paradise“ vor allem über die Gefühle wirkt, die es bei den Jugendlichen auslöst. Gefühle, die vielleicht zum Handeln anstiften.

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