Lörrach Von Macht und Ohnmacht der Verbraucher

Regine Ounas-Kräusel
Thilo Bode im Gespräch mit Dorothee Vogt Foto: Ounas-Kräusel

Thilo Bode, Gründer der Verbraucherorganisation Foodwatch, war im Werkraum Schöpflin zu Gast.

Thilo Bode, Gründer der Verbraucherorganisation Foodwatch, war im Werkraum Schöpflin zu Gast.

Als Konsumenten können wir uns informieren und im Supermarkt bewusst gesunde Lebensmittel kaufen? Mit unserer Nachfrage können wir bewirken, dass umweltfreundliche Lebensmittel angeboten werden? Bode hat über solche Fragestellungen das Buch „Der Supermarktkompass“ geschrieben. Darin stellt er die Marktmacht der Konsumenten in Frage. Bei seinem Vortrag im Werkraum Schöpflin sprach er von der „Individualisierungsfalle“ und forderte, dass die Politik für einen Markt mit gesunden, umweltfreundlichen Lebensmitteln für alle sorgt.

Damit Verbraucher Wahlfreiheit haben, müssten alle Inhaltsstoffe auf der Verpackung angegeben werden, forderte er. Er sagte indes, dass die großen Handelsketten Rewe, Aldi, Lidl und Edeka sowie die Hersteller selbst gar kein Interesse daran hätten. Die „großen Vier“ beherrschen in Deutschland 85 Prozent des Lebensmittelmarkts.

Preis-Klischees

Beispiel Olivenöl: In Deutschlands Supermärkten würden Öle mit Preisen zwischen 3,50 und 20 Euro zu 98 Prozent mit „nativ extra“ für Top-Qualität ausgezeichnet, so Bode. Möglich mache dies die Oivenölverordnung der EU: Sie schreibe für Nativ-extra-Öle nur Mindeststandards vor. Daher könne dieses Lebensmittel in großem Stil manipuliert werden.

Bode räumte mit etlichen Glaubenssätzen auf: Billig müsse nicht schlecht und teuer nicht gut sein, meinte er zum Beispiel des Olivenöls. Wer Bio kaufe, tue zweifellos Gutes für sich selbst und wirke durchaus auch als Vorbild für seine Kinder: „Aber den Markt verändert man damit nicht.“ Biolebensmittel seien ein Nischenprodukt: Die Biobetriebe bewirtschafteten nur zehn Prozent der Agrarflächen, Biolebensmittel hätten einen Marktanteil von knapp sieben Prozent.

Er hielt die Politik von Landwirtschaftsminister Özdemir, den Anteil der biologisch bewirtschafteten Fläche auf 30 Prozent anzuheben, nicht für zielführend. Stattdessen müsse die konventionelle Landwirtschaft für mehr Tier- und Artenschutz „ökologisiert“ werden. Er schlug vor, Abgaben auf Mineraldünger und Pestizide zu erheben.

Die Politik muss steuern

Bodes Botschaft war klar: Die Politik muss dafür sorgen, dass gesunde und umweltfreundliche Lebensmittel für alle, unabhängig vom Einkommen, herstellt werden. Das sei ein Menschenrecht, betonte er.

Auf die Frage von Moderatorin Dorothee Vogt (Schöpflin Stiftung), was denn nun der Einzelne tun könne, sagte Bode: „Die Politik reagiert nur auf öffentliche Empörung.“

Begeistert zeigte er sich von der Lörracher Foodsharing-Initiative. Die Aktivisten holen Lebensmittel, die sonst weggeworfen würden, bei Supermärkten ab und stellen sie in vier Stationen in Brombach, beim Kulturzentrum Nellie Nashorn, in Weil-Friedlingen und Rheinfelden kostenlos für alle zur Verfügung. Diese Initiative komme aus der Gesellschaft und mache auf das Problem der Lebensmittelverschwendung aufmerksam, lobte Bode.

Ein Zuhörer im voll besetzten Saal des Werkraums schlug vor, die Mehrwertsteuer auf gesunde Lebensmittel abzuschaffen. In Spanien seien die Grundnahrungsmittel bereits mehrwertsteuerfrei, damit auch ärmere Menschen gesund essen könnten, sagte Bode.

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