Manchmal fände ich eine Demonstration am Nachmittag auch besser. Auf jeden Fall wäre sie leichter zu organisieren und besser mit den Wünschen von Eltern und Lehrern vereinbar. Jedoch hätte die Bewegung nie die benötigte mediale Aufmerksamkeit bekommen, wenn sie den Protest nicht in Form eines Schulstreiks geäußert hätte. Das ist traurig, aber wahr.
Man denke nur an den Streit um den Hambacher Forst. Hätten die Aktivisten sich damals nicht derart gegen die Räumungsaktionen der Polizei gestellt, würde der Wald in Nordrhein-Westfalen zwischen Köln und Aachen heute nicht mehr stehen.
Ein anderes Argument, das ich auch schon von Gleichaltrigen gehört habe, ist, dass sich die Mitglieder der Bewegung nicht klimaneutraler und ökologischer verhalten würden als andere. Ich muss gestehen, ich bin auch nicht sonderlich ökologisch: Ich fliege diesen Sommer mit meiner Familie nach Australien. Auch ich werde mein Konsumverhalten überdenken müssen. Immerhin fangen wir als Familie schon einmal klein an: Wir benutzen fast keine PET-Flaschen mehr und verzichten in der Fastenzeit auf Fleisch.
Ein Problem der Bewegung ist zudem, dass Jugendliche in Deutschland rein zahlenmäßig in der Minderheit sind. Selbst wenn wir beispielsweise alle gemeinsam beschließen würden, kein Fleisch mehr zu essen (was nicht funktionieren würde, da längst nicht alle Jugendlichen mitmachen würden), könnten wir ohne die Unterstützung der Erwachsenen wenig ausrichten.
Das Argument „Ja, wenn alle mitmachen würden, dann...“ funktioniert nicht. Es werden nie alle mitmachen. Deshalb versuchen wir, die Regierung zum Handeln zu bewegen, weil sie andere Möglichkeiten besitzt als wir. Wir sind noch nicht erwachsen und besitzen kein Wahlrecht, darum müssen wir uns anderweitig Gehör verschaffen – zum Beispiel durch einen Schulstreik.