Lörrach „Was isch los mit unserer Sprooch?“

Die Oberbadische
Beim Elsässer Abend des Hebelbunds im Dreiländermuseum (v. l.): André Baumert, Jean Christophe Meyer, Jacqueline Baumert, Volker Habermaier, Edgar Zeidler und Yves Bisch. Foto: Walter Bronner Foto: Die Oberbadische

Hebelbund Elsässer Abend im Zeichen der Bedrohung eines bodenständigen Idioms im Dreiländermuseum

Die unvergessene Elsässer Mundartdichterin und Erzählerin Lina „Linn“ Ritter formulierte vor Jahrzehnten das Bonmot „Worum trennt uns e Rhi? Aß mir zeige chenne, wie me Brucke bäut!“ Dieser Devise folgend hatte der Hebelbund Lörrach im Rahmen seiner Literarischen Begegnungen zu einem Elsässer Abend ins Dreiländermuseum eingeladen.

Von Walter Bronner

Lörrach. Zu Gast waren mit Edgar Zeidler und Jean Christophe Meyer zwei Dichter aus der Nachfolgergeneration der großen Elsässer Literaten André Weckmann und Adrien Finck, das seit über 50 Jahren als Liedermacher-Duo für seine Heimat engagierte Ehepaar Jacqueline und André Baumert und als Moderator des Abends Yves Bisch, zugleich Präsidiumsmitglied des Hebelbundes. Schließlich pflegte auch dessen Namenspatron Johann Peter Hebel Freundschaften im Elsass, vor allem mit Sophie und Christoph Gottfried Haufe in Straßburg, dessen Münsterturm er als den „Belchen der Kirchtürme“ apostrophierte, wie Präsident Volker Habermeier eingangs darlegte.

Durch die anschließenden Lesungen und Liedvorträge zogen sich Wehmut und Trauer über den schleichenden Niedergang der Elsässer Mundart wie ein roter Faden. Und es mangelte dabei auch nicht an Selbstanklagen wie im Eingangslied „Mea culpa“, in dem das Duo Baumert bedauert, seine Kinder nicht intensiver mit der lokalen Muttersprache vertraut gemacht und in ihnen die Liebe zur bodenständigen Mundart geweckt zu haben.

Die Bedrohung des gerade von anpassungsbereiten Zeitgenossen verleumdeten und verachteten heimischen Idioms geißelten ebenso die beiden Dichter. Edgar Zeidler brachte seine Kritik dabei mit geradezu artistischen Wortspielereien von aphoristischer Kürze und Dichte auf den Punkt. Die an sich selbst gerichtete Frage, „was isch los mit unserer Sprooch?“ musste er dabei unbeantwortet lassen.

Jean Christophe Meyers gedankenschwere Betrachtungen um das Elsässerditsch als „Lebensmittel“ und „Liebesgeschenk“ kreisten mitunter auch um kuriose Alltagswahrnehmungen, etwa wie ihm als „Biggiträger“ im Rebberg die Idee zu einem Gedicht kam und er den Text sogleich auf dem Handy notierte.

Deutlich herausgestellt wurde generell, dass man als Elsässer eigentlich stolz sein müsste auf den eigenständigen Dialekt und es gälte, diesen sorgsam zu pflegen. Letztlich sei er genauso landestypisch wie die Storgge (Störche), das Sürkrüt (Sauerkraut), der Wein und „la Cathedrale“ (Münster). Zwischen diese eher bekümmerten und fatalistischen Betrachtungen waren auch reichliche Beispiele des spezifischen Elsässer Humors eingeflochten, etwa in der Satire über Familienfeste, bei denen alle Geladenen erst komplett vereint anzutreffen sind, wenn es beim Notar ums Erben geht. Oder den Betrachtungen über das stete Warten auf irgendetwas von der Mutterbrust über das Christkind, den Schul- und Büroschluss bis hin zum Rentenbezug und Lebensende. „Wann nimmt denn das ändlosi Warte endlig e Änd?“ schloss Zeidler das Thema ab. Die Spaßbeiträge mündeten letztlich in der weiträumig angelegten Persiflage über die Tücken der Reißverschlüsse.

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