Lörrach Weichenstellung ins Ungewisse

Die Oberbadische
Der Schulcampus steht vor Veränderungen. Foto: Kristoff Meller Foto: Die Oberbadische

Schulen: Signale des Kultusministeriums bringen mehr Fragen als Antworten / THR als Ganztagsschule?

Lörrachs Schulentwicklung nimmt nach der Genehmigung des dritten Gymnasiums durch das Kultusministerium wieder Fahrt auf. Keine Zustimmung erhielt der Antrag zur Einrichtung einer zweiten Realschule im Verbund mit der Werkrealschule in Brombach. Unterdessen zeigt sich die Schulleiterin der Theodor-Heuss-Realschule, Sonja Mohren, offen für den Ganztagsschulbetrieb.

Von Bernhard Konrad

Lörrach. Obgleich in der Frage der Einrichtung einer zweiten Realschule das letzte Wort noch nicht gesprochen ist, dürfte das Kultusministerium selbst nach Einschätzung von Oberbürgermeister Jörg Lutz bei seiner ablehnenden Haltung bleiben (wir berichteten gestern). Das Land geht – ganz im Gegensatz zur Stadt – nicht davon aus, dass die für eine zweite Realschule notwendige Schülerzahl für sechs Züge in dieser Schulform in Lörrach erreicht wird. Diese Weichenstellung des Ministeriums zieht Konsequenzen für Lörracher Schulen nach sich.

Theodor-Heuss-Realschule

Bleibt es beim „Nein“ zur zweiten Realschule wird sich die angespannte Raumsituation an der THR wohl noch verschärfen. Die Räumlichkeiten würden wahrscheinlich nicht mehr ausreichen. Schon jetzt starte die Realschule in der 5. Klasse mit 4,5 Zügen, die durch Übergänge vom Gymnasium auf fünf Züge anwachsen, so Mohren auf Nachfrage unserer Zeitung.

Unabhängig davon, für welche Schulform sich Eltern künftig entscheiden werden, sei von weiterem Wachstum auszugehen, denn: Die THR werde keine Kinder mehr an die Werkrealschule abgeben, weil diese wahrscheinlich auslaufen werde, so Mohren.

Zudem wird Lörrach nach der Erschließung neuer Baugebiete und den Zuzug von Familien weiter wachsen, auch das heißt: Die Schülerzahlen steigen.

Welche Optionen hat die THR? Nach der räumlichen Öffnung der Schule zum Campus hin wäre eine Möglichkeit ein Anbau auf dem rückwärtigen Pausenhof an der Schützenstraße. Eine Containerlösung möchte niemand, gleichwohl wäre sie zumindest als Übergangslösung nicht ausgeschlossen.

Eine weitere Möglichkeit ist die Umwandlung des THR-Schulbetriebs von einer Halbtags- in eine offene Ganztagsschule. Mohren zeigte sich im Gespräch mit unserer Zeitung offen für diese Variante. Sie sehe den Bedarf gegeben und habe gegenüber der Stadt bereits Interesse signalisiert, sagte die Rektorin. Nun hoffe sie auf ein Gespräch mit der Verwaltung in dieser Frage. Klar ist: Durch den bei Ganztagsbetrieb notwendigen Raumbedarf an der THR wäre die Einrichtung einer zweiten Realschule notwendig – das sieht auch das Regierungspräsidium so.

Die Stadt

Aber: Die Umstellung von Halbtags- auf Ganztagsbetrieb an der THR würde die Konkurrenzsituation zur Albert Schweitzer-Gemeinschaftsschule verschärfen, in deren Aus- und Umbau die Stadt intensiv investieren wird. Die Gemeinschaftsschule bietet schon jetzt im Ganztagsbetrieb den mittleren Bildungsabschluss an, wenn auch mit anderer pädagogischer Akzentuierung. Die Intensivierung dieser Konkurrenz wäre nicht im Sinne der Kommune.

Gleichwohl sehe sie, dass der Bedarf nach einem Ganztagsbetrieb auch an der THR „in gewissem Umfang“ gegeben sei, so die kommissarische Fachbereichsleiterin „Jugend, Schulen, Sport“, Ilona Oswald. Jedoch: Diese Umstellung würde ebenfalls Investitionen nach sich ziehen – und die Stadt hat schon jetzt eine Menge Baustellen in der Schulentwicklung finanziell zu bedienen. Gleiches gelte im Übrigen für die Errichtung eines Anbaus.

Für eine Prognose sei es noch zu früh, sagte Oswald. Zunächst werde die Verwaltung mit den betroffenen Schulen den Dialog suchen.

Die Hellbergschule

Unterdessen hofft die Hellbergschule, dass das letzte Wort zur zweiten Realschule noch nicht gesprochen ist. Rektorin Petra Sauer sagte, sie habe mit dieser ersten ablehnenden Positionierung des Ministeriums gerechnet. Gleichwohl sei das Veto der Stadt abzuwarten. Und: Sie sei nicht willens, verfrüht „das Totenglöckchen für die Werkrealschule zu läuten.“ Diese sei in Brombach bislang stabil, und sie gehe davon aus, so Sauer, dass dies bis auf Weiteres so bleiben werde. Die Werkrealschule habe ihre Existenzberechtigung. Das Kollegium sei ungebrochen motiviert, unter anderem belegten die „leider immer wieder verspäteten“ Übergänge von der Realschule an die Werkrealschule falsche Schulwahlentscheidungen. Dabei betone sie auch in Elterngesprächen immer wieder, dass die Werkrealschule Grundlagen für den Aufstieg der Kinder zum Realschulabschluss schaffe.

Hans-Thoma-Gymnasium

Das Hans-Thoma-Gymnasium (HTG) kann durch die Aufnahme des Schulbetriebs in einem dritten Gymnasium mit Entlastung rechnen. Ob die Eltern das neue Angebot für ihre Kinder von Beginn an wie gewünscht wahrnehmen – im Gespräch ist ein dreizügiges Gymnasium mit Sportschwerpunkt – oder ob die Stadt lenkend eingreifen muss, bleibt abzuwarten. Sicher ist: Das HTG ist an seiner Kapazitätsgrenze angelangt. Und: Mit dem Bau eines zweiten Rettungsweges wird die Schule im Sommer abermals ein Klassenzimmer und Fachräume verlieren: unter räumlichen Gesichtspunkten im Grunde eine untragbare Situation.

Angedacht ist, so HTG-Direktor Frank Braun, dass sich Eltern ab dem Schuljahr 2019/20 für eines dieser beiden Gymnasien anmelden können und ab dem Jahr 2020/21 die fünften und sechsten Klassenzüge gemeinsam im Gymnasium in der Neumatt starten.

Bis dahin wird sich die Situation am HTG – vorsichtig formuliert – sehr ambitioniert gestalten. Sollte die nächste fünfte Klasse siebenzügig werden, werde das Regierungspräsidium mit Lenkungsmaßnahmen eingreifen müssen, so Braun. Das könnte etwa bedeuten, dass Kinder aus dem Kandertal abgewiesen werden – jedoch besuchen ohnehin nur noch wenige Schüler aus dieser Raumschaft das HTG. Gleichzeitig kann Schülern aus Steinen nicht ohne Weiteres der Zugang zum HTG verweigert werden, weil das Theodor-Heuss-Gymnasium in Schopfheim als G9-Schule keine vergleichbare Alternative darstellt. Welche Schüler können dann überhaupt noch an andere Gymnasien „gelenkt“ werden?

Sobald die Anmeldungen für die fünfte Klasse vorliegen, wird man die entsprechenden Maßnahmen aufgleisen müssen. Die hohe Nachfrage am Tag der offenen Tür des HTG lässt jedenfalls nicht vermuten, dass die Schülerzahlen zurückgehen.

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