Lörrach Wie funktioniert eigentlich Wikipedia?

Sarah Zimmermann

Interview: Manuel Schneider spricht über die Lörracher Gruppe der Online-Enzyklopädie Wikipedia.

Lörrach - Wie funktioniert eigentlich Wikipedia? Wer verfasst die Beiträge, und kann wirklich jeder mitmachen?

Manuel Schneider ist Wikipedianer und Mitglied im Technik-Café Lörrach. Sarah Zimmermann hat er erklärt, wie die Online-Enzyklopädie funktioniert.

Frage: Herr Schneider, wie wird man Wikipedia-Autor, und kann das jeder werden?

Im Prinzip ja. Der Ursprungsgedanke von Wikipedia war es, gemeinschaftlich, freies Wissen zu sammeln und jedem zugänglich zu machen. Jeder kann also mitwirken, Artikel bearbeiten und somit sein Wissen zur Verfügung stellen.

Allerdings unterscheidet Wikipedia zwischen einer gesichteten und einer ungesichteten Version. Bevor also die vorgeschlagene Änderung eines Nutzers sichtbar wird, muss sie erst einmal von einem Wikipedianer – einem regelmäßigen Autor – als „gesichtet“ bestätigt werden.

Dabei ist zu beachten, dass „Sichten“ nicht heißt, dass die Änderung fachlich geprüft wurde. Es heißt lediglich, dass die Version frei von offensichtlichem Vandalismus zu sein scheint.

Die gesichtete Version ist dabei diejenige, die normale Nutzer automatisch präsentiert bekommen, wenn sie nach einem Artikel in der Wikipedia suchen.

Allerdings ist auch die ungesichtete Version online aufzufinden, was nur die wenigsten Internetnutzer wissen. Demnach ist es möglich, die gesamte Historie eines Artikels nachzuverfolgen, vorgeschlagene Änderungen einzusehen und Versionen zu vergleichen.

Wie wird man denn „Wikipedianer“ und ein sogenannter Prüfer für Artikel?

Seit 2008 gibt es in der deutschsprachigen Wikipedia das sogenannte Sichter-Prinzip. Wenn man ernsthafte Absichten hat, zur Verbesserung und Aktualität von Wikipedia beizutragen, empfiehlt es sich, ein Benutzerkonto anzulegen. Sichter wird man dann automatisch.

Nach einer bestimmten Zeit als registrierter Nutzer und einer gewissen Anzahl bearbeiteter Artikel, erhält man zunächst den passiven und dann den aktiven Sichter-Status.

Als passiver Sichter kann man Artikel bearbeiten, ohne dass sie von jemand anderem gesichtet werden müssen. Mit dem aktiven Status kann man zusätzlich Artikel von anderen Nutzern als gesichtet freigeben.

Und wie entstehen neue Artikel?

Jeder kann neue Artikel anlegen. Wikipedia setzt auch hier auf die Gemeinschaft.

Allerdings gibt es Regeln. Regeln entstehen immer dann, wenn es ein Problem gibt.

In der Anfangszeit kamen viele Leute auf die Idee, sinnlose Einträge zu erstellen. Daraufhin hat sich die Gemeinschaft Regeln überlegt, wie sie diesem Vandalismus entgegensteuern kann und hat so genannte Relevanzkriterien festgelegt.

Die kann man ganz leicht online einsehen. Hier sind für jeden Bereich, ob Sportverein, Brauerei oder Person, Kriterien vorgegeben. Zu beachten ist, dass diese nur hinreichende, keine notwendigen Bedingungen für die enzyklopädische Relevanz sind, was das Ganze ziemlich komplex macht.

Wie sieht es mit der Löschung von Artikeln oder Teillöschungen aus?

Auch bei der Löschung gilt das Prinzip: Jeder kann Artikel zur Löschung vorschlagen. Und auch hier gibt es so genannte Löschregeln.

Wenn ein Artikel dafür vorgeschlagen wird, wird eine Diskussionsrunde eröffnet, an der jeder teilnehmen darf - egal ob Wikipedianer oder anonymer Nutzer. Nach sieben Tagen entscheidet ein Administrator dann anhand der Diskussion, was mit dem Artikel passiert. Zum Administrator wird man übrigens gewählt.

Ist Wikipedia inzwischen eine anerkannte, zitierbare Quelle?

Nein. Die Wikipedia ist – wie auch andere vergleichbare Enzyklopädien – keine Zitierquelle. Das hat den Grund, dass Wikipedia nur eine Zusammenstellung von Wissen ist, also keine Primärquelle.

Der Vorteil von Wikipedia ist jedoch – vorausgesetzt es handelt sich um einen guten Artikel – dass die Fakten durch Fußnoten belegt sind. So können Primärquellen leicht ausfindig gemacht werden, auf die in wissenschaftlichen Arbeiten verwiesen werden könnte. Wir empfehlen natürlich dennoch, diese nochmal zu prüfen, bevor man sie in seine wissenschaftliche Thesis übernimmt.

Und wie steht das Lörracher Technik-Café im Zusammenhang mit Wikipedia?

Seit 2006 gibt es die Wikipedia-Treffen, seit 2016 finden sie hier im Technik-Café statt. Die Räumlichkeiten gehören zu meiner Firma, die ich gerne zur Verfügung stelle.

Wir Wikipedianer aus Lörrach und Umgebung treffen uns hier jeden zweiten Donnerstag im Monat. Manchmal sitzen wir hier einfach und trinken Kaffee und quatschen. Wir planen aber auch Exkursionen, beispielsweise als 2016 der Gotthard-Basistunnel eröffnet wurde, haben wir eine Sonderfahrt mit der SBB gemacht, uns alles angeschaut und fotografiert und im Nachgang in Wikipedia eingestellt. Die Treffen hier sind einfach ein Versammlungsort.

Wir haben Leute, die sind Hardcore-Artikelschreiber, wir haben Techniker, und Leute, die gerne Artikel verbessern.

Mit bestimmten Werkzeugen kann man nämlich manche Artikel auf seine Beobachtungsliste setzen. Einer meiner Kollegen hat beispielsweise rund 90 Prozent des „Lörrach“-Artikels geschrieben. Ich kann also sicher sein, würde ich darin etwas ändern wollen, würde er sich das anschauen.

Hier im Technik-Café tauschen wir uns einfach über die verschiedensten Dinge rund um die Online-Enzyklopädie aus. Es gibt aber zum Beispiel auch einmal im Monat das Linux-Treffen. Da fachsimpeln wir dann über das freie Betriebssystem, basteln und installieren gemeinsam.

Und auch wir im Technik-Café leben nach dem Prinzip „Jeder kann mitmachen“. Deshalb freuen wir uns über jedes neue Gesicht.  

Info: Das nächste Wikipedia-Treffen findet am Donnerstag, 12. Dezember, um 19 Uhr in den Räumlichkeiten des Technik-Cafés (Schwarzwaldstraße 3) statt. Weitere Infos: www.technik.cafe

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