Lörrach Wilde, mitreißende Blasmusik

Kristoff Meller

Fasnachtsserie – Teil 11: Lörrach ist die Geburtstadt der deutschen Guggemusik / Anfangs als „Terrormusik“ kritisiert

Lörrach -  Die Fasnacht muss in diesem Jahr ohne Umzüge und große Saalveranstaltungen auskommen. Dafür bieten wir der Lörracher Narrenzunft, Narrengilde und Fasnachtsgesellschaft Buurefasnacht Hauingen in einer Serie während der Fasnachtshochzeit eine Bühne. Die elfte Folge behandelt – passend zur eigentlich am heutigen Samstag stattfindenden Gugge-Explosion – die Guggemusik. Diese hat ihren deutschen Geburtsort in Lörrach.

„Umzüge mit Lärmgeräten sind im Volksbrauchtum oft anzutreffen. Hinweise dafür finden sich bis zurück ins Mittelalter vor allem in Form von Verboten“, erzählt Obergildenmeister Jörg Roßkopf. Die meist eher improvisierten, bunt zusammengestellten Gruppen wurden als „Tschättermusik“ oder „Katzenmusik“ bezeichnet – von einer „Guggemusik“ sprach damals noch niemand.

Dieser Begriff fand laut Roßkopf erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts immer mehr Verwendung. Gleichzeitig habe sich auch der typische Klangkörper verändert: „Es war nicht mehr nur die Erzeugung von Lärm und seltsamen Geräuschen wichtig, sondern auch die Besetzung mit richtigen Instrumenten, vor allem Rhythmus- und Blechblasinstrumenten.“

Erstmals belegt ist die Bezeichnung „Guggemusik“ im Jahr 1906 in Basel. „Es gab lange einen Streit, ob die Guggemusik aus Luzern oder Basel stammt, inzwischen hat man sich wohl auf Basel geeinigt“, sagt Roßkopf. Nachdem sich das Phänomen Guggemusik zunächst über die ganze Schweiz ausbreitete, schwappte es nach dem Zweiten Weltkrieg auch über die Grenze nach Lörrach: „Die Guggemusik ‘53 Lörrach ist nachweislich die älteste aktive und als Verein organisierte Guggemusik in Deutschland“, sagt der Obergildenmeister.

Allerdings wurde diese zunächst als „Terrormusik“ kritisiert und fand nur schwer Akzeptanz. „Die Musiker wurden belächelt, weil sie nicht nach Noten spielten“, erzählt Roßkopf. Darum dauerte es auch zehn Jahre, bis eine zweite Formation in der Lerchenstadt gegründet wurde, die sich später jedoch wieder auflöste.

Heute noch aktiv ist dagegen neben der Gugge ’53 die „Tschäddärä“ aus dem Jahr 1967. Es folgten die „Trottwarschlurbi“ (1980), die „Oktave Chratzer Brombach“ (1981), die „Ranzepfiffer“ (1982), die „Wiibergugge Gassefäger“ (1990) und die „Jugendgugge Ohreputzer“ (1998). „Was uns fehlt, ist eine geschlechtergemischte Gugge“, betont Roßkopf. Denn rund die Hälfte der aktiven „Ohreputzer“ sind Mädchen, die aktuell meist nach Eichsel oder Inzlingen abwanderten, wenn sie zu alt für die Jugendgugge sind. Roßkopf: „Ich spekuliere darauf, dass sich bald mal eine gemischte Gruppe bildet, denn die Trennung ist von der Gilde nicht gewollt.“

Wie klingt Guggemusik?

Doch wie klingt Guggemusik? „Beim heute typischen Sound handelt es sich um eine stark rhythmisch unterlegte und sehr spezifisch interpretierte und improvisierende Blasmusik. Auf diese Weise entsteht eine wilde, mitreißende Musik, die die Besucher der Fasnacht in ihren Bann zieht“, heißt es im aktuellen Narrenfahrplan.

Der Ausdruck „Gugge“ selbst sei indes nicht eindeutig geklärt: Ein Deutungsversuch lese „Gugge“ als Bezeichnung für eine Papiertüte, die in der Entstehungszeit in der Schweiz gerne als „Larve“ über das Gesicht gezogen wurde, um sich zu verkleiden. Im Schweizerdeutschen stehe der Begriff zudem für alle Arten von Blechblasinstrumenten. Eine Guggemusik könne somit eine Gruppe von Leuten bezeichnet haben, die zusammen musizierten, während sie Gesichtsmasken trugen.

Eine breite Vielfalt der Guggemusik ist alljährlich bei der Lasser-Gugge-Explosion zu erleben, die nicht nur Formationen aus dem In- und Ausland anzieht, sondern auch zehntausende Besucher in die Innenstadt bringt. Da das Musikfestival, das sonst am heutigen Samstag stattgefunden hätte, in diesem Jahr ausfällt, wurde den bereits eingeladenen Formationen angeboten, ihren Auftritt ins Jahr 2022 zu verschieben: „Die meisten Guggemusiken haben bereits zugesagt, bei einigen ist die Teilnahme noch offen“, berichtet Roßkopf im Gespräch mit unserer Zeitung. Denn darunter seien auch drei Formationen, die sich eigentlich nach der diesjährigen Saison auflösen wollten, nun sei unklar, ob sie im kommenden Jahr nochmal weitermachen.

Gänzlich verzichten müssen die Lörracher übrigens an diesem Wochenende nicht auf die gewohnten Gugge-Klänge: Denn der morgige Open-Air-Gottesdienst an der Bonifatiuskirche wird zumindest von einem Duo aus zwei Guggemusikern umrahmt, die sicher auch über das Gelände hinaus zu hören sein werden.

Umfrage

Bettina Stark-Watzinger

Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger hat sich für Zivilschutzübungen an Schulen ausgesprochen. Damit sollen Schüler besser auf den Kriegsfall, Pandemien und Naturkatastrophen vorbereitet werden. Was halten Sie davon?

Ergebnis anzeigen
loading