Lörrach Wohlfühlkonzert mit leichten Flauten

Adrian Steineck

„Stimmen“: George Ezra begeistert auf dem Marktplatz mit eingängiger Mischung aus Pop und Soul.

Lörrach - Entspannte Wohlfühlatmosphäre mit erhöhtem Kuschelfaktor stand am Donnerstag beim Konzert von George Ezra auf dem Programm des Stimmen-Festivals. Der 26-jährige Singer-Songwriter begeisterte die Besucher auf dem nahezu ausverkauften Marktplatz mit seiner eingängigen Mischung aus Pop, Country und Soul.

George Ezra wirkt ein wenig wie die Antithese zum „klassischen“, kraftstrotzenden Rockstar à la Robert Plant (Led Zeppelin) oder Roger Daltrey (The Who). Der Sänger sieht eher aus wie Schwiegermutters Liebling und hat so gar nichts Rebellisches an sich, was er auch durch die Bühnendekoration unterstreicht: Wohnzimmerpflanzen und ein Grammofon neben den Instrumenten gibt es nicht bei jedem Konzert zu sehen.

Und doch zeigte sich bei seinem Auftritt vom ersten Ton an, dass der Engländer sowohl das Charisma für die ganz große Bühne wie auch das songschreiberische Talent für eine lange Karriere besitzt.

Los geht das Konzert mit einem Kracher: „Don’t Matter Now“ von Ezras zweitem Album „Staying at Tamara’s“, einer der bisher größten Hits seiner jungen Karriere, sorgt mit kraftvollem Schlagzeugeinsatz und funky Bläsern gleich für ein Ausrufezeichen. Die Besucher, unter ihnen viele Paare und Eltern mit jungen Kindern, sind jedenfalls vom Fleck weg begeistert. Auch bei „Get Away“ und der eher melancholischen Hymne auf „Barcelona“ hält die gute Stimmung an, wozu auch das sommerliche, trockene Wetter beiträgt.

George Ezra, das zeigt sich im Verlauf des knapp 90-minütigen Konzerts immer wieder, bedient scheinbar mühelos eine Vielzahl an Genres. Vom jamaikanisch angehauchten Pop bei „Listen to the Man“ bis hin zum eher Gospel-artigen „Saviour“ reicht die Bandbreite, die er abdeckt.

Verbindendes Merkmal ist dabei die soulgetränkte Bass-Bariton-Stimme. Das samtig-warme Timbre, das nicht recht zu Ezras Äußerem passen will, sorgt für den Wiedererkennungswert der Stücke, zeugt von Lebenserfahrung und sorgt für Gänsehaut bei den Besuchern.

Auf seine Band kann Ezra sich dabei stets verlassen. Ob der Pianist für den gitarrespielenden Ezra die Rolle des Anheizers übernimmt und das Publikum zum Mitklatschen animiert oder ob die Bläsersektion immer wieder Akzente setzt – alles fügt sich makellos in den Auftritt ein.

Zwischen den einzelnen Songs herrschen allerdings mitunter Momente der Flaute. Ezra schickt seinen Songs gerne einleitende Erklärungen voraus und neigt dabei zu Weitschweifigkeiten. Es ist charmant, wenn er das Publikum zu gespieltem Mitleid anhält, indem er etwa vor „Paradise“ erzählt, wie er bei einem Europa-Trip krank wurde, während alle um ihn herum das Leben genossen. Wenn er vor der Ballade „Hold my Girl“ daran erinnert, dass er in einem Promo-Video Karaoke gesungen hat, sorgt das für Heiterkeit. Allerdings ist Ezra – noch – kein Bruce Springsteen, der es versteht, mit seinen oft minutenlangen Geschichten vor einzelnen Songs das Publikum zu fesseln. Da fehlen dem jungen Briten noch die Bühnenerfahrung und der entsprechende Fundus an Stücken, der nach zwei Alben bisher naturgemäß recht überschaubar ist.

Dass er den Vergleich mit den ganz Großen nicht scheut, zeigt seine Interpretation des Bob-Dylan-Stücks „Don’t Think Twice (It’s Alright“). Wie er der bitteren Trennungsstimmung des Originals hier Gefühl verleiht, ist meisterhaft. Zum Finale spielt Ezra mit „Budapest“, „Cassy’O“ und schließlich „Shotgun“, der von seiner Leidenschaft für das Reisen erzählt, eine beeindruckende Reihe von drei Hits hintereinander.

Im Vorprogramm trat die fünfköpfige Indiefolk-Gruppe „Kawala“ aus London auf, die George Ezra persönlich ausgewählt hatte.

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