Lörrach Zeit der Wiederentdeckung

Gabriele Hauger

Kunst: Werke von Herbert Bohnert im Hebelsaal zum 90.

Lörrach - Ungezählt sind die Lörracher Haushalte, in denen Keramikarbeiten stehen, die unter der Anleitung Herbert Bohnerts entstanden, oder in denen Holzschnitte des Künstlers in ihrer typisch erdigen Farbgebung hängen. Auch im öffentlichen Raum ist der Lörracher Bildhauer und Grafiker vielfach präsent. Seien es Plastiken im Rathaus, sei es der Stettemer Zundelbrunnen, den Bohnert entworfen hat, oder der Friedhofsbrunnen in Haagen.

Dennoch ist Bohnert in den Köpfen nicht mehr allzu präsent, was wahrscheinlich auch an seinem frühen Tod im Alter von nur 65 Jahren liegt. Dieses Jahr wäre er 90 Jahre alt geworden. Ein Datum, das die mit dem Künstler aufs engste befreunde Familie Kaltenbach dazu brachte, eine Ausstellung zu initiieren.

Gerne griff das Dreiländermuseum diese Anregung auf. Schließlich versteht sich das Haus auch als Kunstmuseum, das mit Ausstellungen aus dem Fundus seiner rund 10 000 Werke umfassenden Kunstsammlung immer wieder gerne auf wichtige Künstler der Region aufmerksam macht. Dies hob Museumsleiter Markus Moehring beim gestrigen Pressegespräch hervor. „Wir möchten den Künstler Bohnert aus der Erinnerung in die neue Generation tragen.“

Überblick über das vielseitige Werk Bohnerts

Im Hebelsaal gibt nun die von Tobias Hebel kuratierte Ausstellung einen schönen Überblick über das vielseitige Werk Bohnerts, der Skulpturen, Reliefs und Keramiken sowie Zeichnungen, Holzschnitte und Lithografien schuf. Seit Kindertagen mit Dieter Kaltenbach eng befreundet, arbeitete Bohnert zudem in der Kaltenbach-Stiftung als Lehrer für Keramik sowie in der Holzwerkstatt. „Er war ein talentierter Lehrer, voller Leidenschaft“, erinnert sich Beatrice Kaltenbach-Holzmann, eine seiner vielen Schülerinnen.

Sein Atelier hatte der freischaffende Künstler und gelernte Drechsler Herbert Bohnert in einem Alten Bauernhaus in Röttelnweiler. Hier war der kreative Mittelpunkt der Familie – auch Bohnerts Frau war künstlerisch tätig. Hier fanden auch alljährlich zum Jahresende Ausstellungen statt, unter anderem mit Künstlerfreund Jürgen Brodwolf, erinnert sich der Sohn Andreas Bohnert.

Große Ausstellungen hatte Bohnert unter anderem in der Villa Aichele in Lörrach, er war aber auch international präsent.

Auf Reisen stets mit Block und Klappstuhl in der Natur unterwegs

Bohnert studierte zunächst Bildhauerei an der Staatlichen Kunsthandwerkschule in Bonndorf. Später lernte er in der Kunstgewerbeschule Basel Aktzeichnen und Anatomie. In dieser Phase wächst sein Interesse für die Gestaltung des Kreatürlichen. Der Künstler liebte Tiere, davon zeugen drei Kreidezeichnungen in der Ausstellung. Auf Reisen war er stets mit Block und Klappstuhl in der Natur unterwegs, warf Skizzen von Ziegen, Kühen, Vögeln aufs Blatt, reduziert auf das Wesentliche und dennoch die Psyche, Würde und Bedeutung des Tieres erfassend, erinnert sich sein Sohn.

Bohnerts zentrale Leidenschaft war indes die Skulptur und Plastik, oft mit symbolischem Charakter. Hier entwickelte sich sein Werk vom Figürlichen hin zum Abstrakten. Dabei bewegte er sich in der Tradition der Klassischen Moderne. All seinen zuweilen recht herben Holz-Arbeiten sieht man das gelernte Handwerk als Drechsler an, in der Art der haptischen Bearbeitung des Holzes beispielsweise.

In seinen grafischen Arbeiten bleibt er weitgehend figurativ. Viele seiner Drucke und Zeichnungen stecken voll existenzieller Ursprünglichkeit. Seine bemerkenswerten Farbholzschnitte tragen zuweilen dionysische Züge, wirken in ihrer Farbigkeit, ihrem erdigen Grundton archaisch, zeigen mythologische, antikisierende Szenen. Dabei ist sein Stil unverwechselbar. Zeit für die Wiederentdeckung eines zu Unrecht vergessenen Künstlers.  

  • bis 27. Januar

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