Lörrach Zum Wohl der Tiere

Kristoff Meller

„Schlachtung mit Achtung“ kooperiert mit „Drei König“, „Rebstock“ und der Firma Hieber.

Lörrach - Seit fünf Jahren engagieren sich Thomas Mayer und Sandra Kopf für eine hofnahe Schlachtung, um Rindern den Transport zum Schlachthof zu ersparen. Ihr Prototyp einer mobilen Schlachteinheit besitzt seit Oktober die Zulassung und bringt den Tieren einen stressfreien aber auch teureren Tod im gewohnten Umfeld. Ob man den Unterschied schmeckt, können Verbraucher ab heute in Lörrach testen.

Das Hinterwälder-Rind ist klein, leicht und damit ideal für die Hänge im Südschwarzwald. Die Tiere gelten als sehr genügsam, und ihr Fleisch steht für eine hohe Qualität. „Sie sind aber auch sehr sensibel“, sagt Mayer. Der Nebenerwerbslandwirt hält die Rasse auf dem Ross-Hof in Kandern und hat festgestellt, dass sie Angst bekommen, „sobald sie von der Herde getrennt werden“. Durch die Enge im Transporter werde daraus oft eine „Todesangst“. Neben den Leiden für das Tier wirke sich das auch auf die Fleischqualität aus: „In allen Bereichen gibt es Verbesserungen für mehr Tierwohl, der ganze Aufwand wird aber auf den letzten Metern des Lebens kaputt gemacht.“

Schlachtung im gewohnten Umfeld

Um das zu ändern, hat er mit der Tierschützerin Sandra Kopf die IG „Schlachtung mit Achtung“ gegründet. Ähnliche Initiativen gibt es viele, doch gemeinsam mit dem Riedlinger Schlosser Peter Brandmeier ist es der Gruppe gelungen, die mobile Schlachteinheit „MSE 001“ zu entwickeln – laut Mayer bislang einmalig in Europa.

Im Juli wurde der Prototyp vor viel Publikum und Presse in Riedlingen vorgestellt (wir berichteten). Inzwischen hat er die Zulassung erhalten, wofür Mayer das Veterinäramt des Landkreises ausdrücklich lobt: „Sie haben toll mitgezogen.“

Die Einheit besteht aus einem großen Anhänger und einem Fressgatter, an dem die Rinder fixiert werden. „Das Gatter ist das Tier gewohnt, wenn es aber nicht alleine reinläuft, brechen wir ab“, betont Mayer. Es finde kein Manipulieren oder Separieren statt. Eine der größten Herausforderungen war die Vorgabe, dass zwischen Betäubung und Entblutung maximal 60 Sekunden liegen dürfen.

Darum zieht ein leistungsstarker Motor das Tier auf einer Art Schlitten sofort nach dem Bolzenschuss in den Anhänger. Das Rolltor fährt herunter und somit erfolgt das Entbluten im geschlossenen Raum. Ansonsten verlaufe die Schlachtung ganz normal – mit Lebendschau und Amtsveterinär.

Maximal 45 Minuten bis zum Schlachthof

Anschließend bleiben 45 Minuten, um den Schlachthof in Wies zu erreichen. Denn zwischen Tötung und Ausweiden dürfe nicht mehr als eine Stunde liegen. Der Anhänger zähle dabei offiziell als Außenstelle des Schlachthauses, so Mayer.

Ganz ausgereift ist der Prototyp, der seit der Zulassung bereits neun Mal zum Einsatz kam, indes noch nicht. Nach jeder Schlachtung optimiert Schlosser Brandmeier mit seiner Flex. Mayer hofft, dass es bis zum Frühjahr dennoch mit der Serienreife klappt. Interessenten für die mobile Schlachteinheit gebe es bereits sogar aus Südtirol. Die IG ist sich aber bewusst, dass sie eine Nische abdeckt: „Aldi wird bei uns nicht anfragen“, sagt Mayer.

Fleisch ab Donnerstag auch bei Hieber

Die Firma Hieber hingegen wird ab Donnerstag das erste Rind in seinen Filialen in Lörrach, Grenzach-Wyhlen, Binzen und Weil am Rhein anbieten, wie Julian Liewer gestern auf Anfrage bestätigte. Seine Firma SMA Fleisch aus Tüllingen kümmert sich um die Vermarktung und wirbt mit dem Slogan: „Wir stehen für absolute Transparenz.“ Und das ist keine Werbephrase. Im Prototyp ist eine Kamera montiert, die jede Schlachtung dokumentiert. Anhand der Nummer am Ohr des Tieres könne der Kunde so „seine“ Schlachtung anschauen.

Konrad Winzer, Besitzer des Lörracher Restaurants „Drei König“, hat sich die Schlachtung sogar vor Ort angeschaut, bevor er das Fleisch ab heute auf seiner Mittagskarte anbietet. „Die Haltung von Hinterwäldern ist purer Idealismus“, sagt Winzer. Die Tiere seien wichtig für die Offenhaltung der Landschaft, für ein normales Rind bekomme der Landwirt bei der Schlachtung nach zwei Jahren aber nicht einmal 1000 Euro.

Lob für die Fleischqualität

Die Haltung rechne sich erst ab dem doppelten Preis, sagt Winzer und bezahlt ihn. Denn: „Das Fleisch ist top, es wurde nichts zugefüttert, das Tier hat keine Medikamente bekommen.“ Auch der „Rebstock“ in Egringen hat das Fleisch laut Meyer auf seine Karte genommen. Weitere Interessenten hätten bereits angeklopft.

Da jedoch nicht nur die Hinderwälder auf dem Weg zum Schlachter leiden, will Mayer langfristig auch für größere Rinderrassen und Schweine eine Schlachteinheit anbieten. Doch egal ob Rind oder Schwein, am Ende entscheide immer der Verbraucher: „Er muss wissen, ob es ihm das wert ist.“

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