Lörracher Diskussion zur Bundestagswahl Von Sozialausgaben und Flüchtlingen – Die Kandidaten beziehen Position

Regine Ounas-Kräusel
Es diskutierten (von links): Stefan Glaser (CDU), Julian Wiedmann (SPD), Markus Kempf in Vertretung für AfD-Kandidaten Marco Näger, Moderator Matthias Zeller, Jasmin Ateia (Grüne), Jutta Frasch in Vertretung für FDP-Kandidaten Amir Ismaili und Marcell Menzel (Die Linke). Foto: Regine Ounas-Kräusel

Eine kontroverse, aber offene Diskussion mit den Bundestagskandidaten im Dreiländermuseum: Im Mittelpunkt standen die Themen Kommunalfinanzen, Bildung sowie Migration.

Man wolle die Verflechtung von Kommunal- und Bildungspolitik thematisieren, weil Bund und Länder den Städten und Gemeinden immer mehr Vorgaben und Pflichtaufgaben auferlegten, sagte der Vorsitzende der Freien Wähler Lörrach, Jörg Müller, als Veranstalter.

„Die kommunalen Aufgaben sind besser auszufinanzieren.“ Mit diesem Zitat aus der Neujahrsansprache von Landrätin Marion Dammann stieg Moderator Matthias Zeller ein: Die Kommunen trügen bei ihren vielfältigen Aufgaben 25 Prozent der finanziellen Belastung, erhielten aber nur 14 Prozent der Steuern. Jasmin Ateia (Grüne) und Julian Wiedmann (SPD) wollen die Schuldenbremse des Bundes reformieren. Mit einem Deutschlandfonds, aus dem Schulgebäude, Straßen und anderes finanziert werden können, will Ateia die Kommunen entlasten. „Die Sozialausgaben der Kommunen übernimmt der Bund“, formulierte Wiedmann unter Beifall. Die Krankenhausreform seines Parteikollegen Lauterbach werde auch das defizitäre Kreisklinikum entlasten, sagte Wiedmann: Nach der Reform erhielten die Kliniken eine „Vorhaltepauschale“ und nicht mehr nur die Fallpauschalen für ihre Patienten.

Die Vermögenssteuer

Um den Bundeshaushalt zu entlasten, will Ateia klimaschädliche Subventionen, etwa für Kerosin, abschaffen und eine Milliardärssteuer einführen. Nach Meinung von Gewerkschaftssekretär Wiedmann könnten die Länder die Kommunen locker unterstützen, wenn die Vermögenssteuer wieder eingeführt werde: Seit ihrer Abschaffung gingen den Ländern jährlich 380 Milliarden Euro verloren, während die Kommunen jährlich 320 Milliarden an Unterstützung bräuchten. Die Schuldenbremse beibehalten will Jutta Frasch, die den erkrankten FDP-Kandidaten Amir Ismaili vertrat. Auch warb sie für Subventionsabbau.

Stefan Glaser (CDU) will die „Überregulierung“ zurückfahren und damit Verwaltungs- und Baukosten sparen. Immer höhere Auflagen leisteten kaum noch einen Beitrag zum sinnvollen Klimaschutz, legte er dar. Frasch fragte, warum die Stadt Lörrach trotz Haushaltsdefizit 50 neue Stellen in der Verwaltung – nicht etwa für Kitapersonal – geschaffen habe.

Zur Migration

Beim Thema Migration plädierte Ateia für ein Einwanderungsgesetz für Zuwanderer, die in Deutschland arbeiten wollen. Bisher gebe es nur das Fachkräfteeinwanderungsgesetz für Ärzte und andere Hochqualifizierte. Andere Arbeitsmigranten müssten bislang das Asylverfahren nutzen, das eigentlich für Schutz suchende Menschen da sei. Ateia hat selbst bei der Stadt Freiburg bei der Eingliederung von hochqualifizierten Zuwanderern und von Flüchtlingen gearbeitet.

Glaser ist wie CDU-Kanzlerkandidaten Merz dafür, Migranten ohne gültige Papiere an den Grenzen zurückzuweisen. Flüchtlinge müssten in dem ersten Land des Schengenraums, das sie betreten – etwa Italien – Asyl beantragen, sagte er und warb unter Applaus für „Recht und Ordnung“. Ein junger Mann fragte allerdings, ob Glaser Recht und Ordnung über die Menschenrechte stellen wolle.

Zuwanderer verunsichert

Markus Kempf (AfD) vertrat den erkrankten AfD-Kandidaten Marco Näger. Viele Flüchtlinge seien „Wirtschaftsflüchtlinge“ und es sei nicht „unsere Schuld“, wenn sie im Mittelmeer ertrinken, sagte er. Als Moderator Zeller ihm die Stellungnahme der Kirchen entgegenhielt, dass „völkischer Nationalismus und Christentum unvereinbar“ seien, tat er das als Gerede von „Funktionären“ ab.

Wiedmann und Marcell Menzel (Die Linke) berichteten, wie die aktuelle Debatte über die Migration in Deutschland lebende Zuwanderer verunsichere: Beim Haustürwahlkampf habe ihm eine junge Deutsche mit türkischen Wurzeln erzählt, wie sie beim Einkaufen angepöbelt worden sei. Menzel schlug vor, dass Flüchtlinge ab dem ersten Tag arbeiten dürfen. Fachkräfte würden Deutschland wieder verlassen, weil sie rassistisch beleidigt würden, warnte er: „Wenn wir eine solidarische Kultur pflegen, bleiben auch die Fachkräfte.“

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