Lörracher Kinderbetreuung Die Stadt will die Kita-Gebühren deutlich erhöhen – die Eltern protestieren

Marco Fraune
Die Betreuungskosten für Kinder sollen nach Einkommen der Eltern gestaffelt werden. Foto: Pixabay/Esi Grünhagen

Der neue Gesamtelternbeirat der städtischen Kindertagesstätten fordert vor der politischen Beratung eine erneute Überprüfung und Überarbeitung der Neuberechnung der Kita-Gebühren. Eine Unterschriftenliste füllt sich, der Hauptausschuss berät in der kommenden Woche.

Die Stadtverwaltung empfiehlt dem Gemeinderat die Anpassung der Elternbeiträge für die städtischen Kitas und die Einführung einkommensgestaffelter Beiträge schon zum 1. Januar 2025. Zugleich soll den konfessionellen und freien Trägern von Kindertageseinrichtungen empfohlen werden, ihre Elternbeiträge zu gegebener Zeit ebenfalls einkommensabhängig zu gestalten. Bislang decken die Elternbeiträge in diesem Jahr laut Verwaltung 14,75 Prozent für die städtischen Einrichtungen, mit der Erhöhung soll vorsichtig kalkuliert ein Grad von zirka 20,15 Prozent erzielt werden, heißt es.

Wo wird wie erhöht?

Erst einmal geht es konkret um die Kitas Innocel-Quartier (neun Gruppen), Villa Lila (zwei Gruppen), Lingertstraße (drei Gruppen), Alte Schule Haagen (aktuell zwei, künftig fünf Gruppen) sowie den Gemeindekindergarten Brombach (fünf Gruppen). Die Angebotspalette reicht von der Regelgruppe über verlängerte Öffnungszeiten bis zum Ganztag. Ein Beispiel: Bisher kostet ein Ganztags-Platz im Kindergarten im Innocel-Quartier 310 Euro. Gestaffelt nach dem monatlichen Gesamteinkommen reicht die Bandbreite laut Staffelung in zehn Bereichen künftig von 113 Euro (bis 1499 Euro Einkommen) oder auch 335 Euro (bei 3500 bis 5999 Euro) bis zu 1371 Euro (mehr als 20 000 Euro).

Sollte von der Einführung einkommensgestaffelter Elternbeiträge abgesehen werden, müssten laut der Fachbereichsleiterin Ilona Oswald Erhöhungen von mindestens 20 Prozent der Elternbeiträge in allen Betreuungsformen und Altersgruppen angestrebt werden, um den 20-Prozent-Deckungsanteil zu erreichen. Oswald: „Dies würde für alle Familien eine erhebliche finanzielle Mehrbelastung bedeuten und schlimmstenfalls Benachteiligungen im Zugang zu Kindertageseinrichtungen bedeuten.“

Grundschule als Vorbild

Eine solche Einkommensstafflung gibt es seit dem Schuljahr 2017/18 bereits an den elf Lörracher Grundschulen, betont die Verwaltung in der Vorlage. „Bei Einführung dieses Modells gab es keinerlei große Widerstände oder Gegeninitiativen von Seiten der Eltern“, so die Fachbereichsleiterin Oswald. Bis heute erfahre die Einkommensstaffelung und damit die einkommensabhängige solidarische Beteiligung an den Kosten „nahezu durchgängige Akzeptanz“. Wie berichtet, wurde die Staffelung auf Initiative des Gesamtelternbeirats der Lörracher Schulen nochmals um mehrere höhere Staffeln ergänzt – um mehr Beitragsgerechtigkeit herzustellen. Diese bildete gemeinsam mit einem SPD-Antrag den Anlass für die neuen Kita-Staffeln.

Eltern: „Halbwahrheit“

In der Beschlussvorlage heißt es, dass der kommissarisch neu gegründete Gesamtelternbeirat der städtischen Kitas den geplanten Änderungen „offen und positiv“ gegenüber steht, was Sprecherin Aline Boos im Gespräch mit unserer Zeitung aber zurechtrückt – es handele sich um eine „Halbwahrheit“. Positiv werde der Aspekt der sozialen Gerechtigkeit bewertet. „Dass die Staffelung so enorm ist, ist eine Last, die Familien tragen müssen.“ Teils müssten künftig mehr als 20 Prozent an Zusatzgebühren gestemmt werden. Dabei habe es erst jüngst eine Erhöhung der Verpflegungskosten gegeben.

Das bisherige Feedback von Eltern sei überwiegend negativ ausgefallen und es bestehe ein starker Bedarf nach einer weiteren Überprüfung und Überarbeitung des Vorschlags vor der finalen Entscheidung im Gemeinderat, heißt es in einem GEB-Aufruf zur Unterzeichnung einer Online-Petition. Mit dieser Rückendeckung hoffen Boos und ihre Mitstreiterinnen Anna Klüber und Franziska Meinhard, Veränderungen herbeizuführen. Boos: „Wir wollen spürbar machen, dass es nicht nur ein paar Eltern gibt, sondern eine breite Masse, die einen Erklärungsbedarf haben.“ Ziel sei, dass Politik und Verwaltung die vorgeschlagene Staffelung überdenken.

Eigene Einschätzung

Unverständnis herrscht beim GEB auch, ob angesichts der Erhebung auch Gerechtigkeit ermöglicht wird. Denn: Zugrunde liegen soll bei der Neugestaltung der Beiträge die finanzielle Selbsteinschätzung. Es ist laut Oswald keine generelle Vorlage/Prüfung von Einkommensnachweisen vorgesehen, um den Personalbedarf in Grenzen zu halten.

  • Bewertung
    15

Umfrage

Lindner, Habeck und Scholz

Sollen die Grünen nach der nächsten Bundestagswahl wieder Teil einer Regierungskoalition werden?

Ergebnis anzeigen
loading