Lörracher Kinderbetreuung „Dramatisch“: Wegen Erzieher-Mangel müssen Kinder in andere Einrichtungen

Marco Fraune
Die Kita „Alte Schule Haagen“: Die Stadtspitze bewertet die Situation in Haagen als „dramatisch“. Foto: zVg/Lucia Hofmaier

In der Kita „Alte Schule Haagen“ fallen zwei weitere Erzieherinnen aus. Einige Eltern müssen ihre Kinder in andere Einrichtungen bringen.

Insgesamt elf von 23 Kindern aus der Haagener Kita sollen erst einmal entweder im Gemeindekindergarten Brombach oder in der Kita im Innocelquartier unterkommen. Welche Eltern damit weitere Wege mit ihren Kleinen auf sich nehmen müssen, wird aktuell von der Verwaltung bis Ende dieser Woche abgefragt.

Schon vor Bekanntwerden, dass eine Kündigung und ein Beschäftigungsverbot wegen Schwangerschaft von zwei Erzieherinnen vorliegt, war wegen Personalengpässen die Zahl der Betreuungsplätze reduziert worden. Sieben Krippenkinder statt zehn wurden damit noch betreut sowie 16 Ü3-Kinder statt 20. Es habe eine „fragile Personalsituation“ vorgelegen, ordnet Fachbereichsleiterin Ilona Oswald ein. Gleichzeitig verwies sie am Dienstag im Pressegespräch darauf, dass zwar für die Zukunft nach der Baumaßnahme fünf Kita-Gruppen geplant sind, aber aktuell wegen Mitnutzung durch die Kirche nur eine U3- und eine Ü3-Gruppe angeboten werden können. „Wir sind aber mit großen Schritten im Neubau-Szenario unterwegs.“

Die aktuelle Situation

Erst einmal gibt es angesichts von nur noch 2,9 Vollzeitäquivalenten nun den gewählten Weg einer Kooperation mit anderen städtischen Einrichtungen. Für elf von 23 Kindern sind damit weitere Weg verbunden. Bei den informierten Eltern sei der Plan auf „wenig Gegenliebe“ gestoßen, verschweigt Oswald den deutlichen Gegenwind nicht, der wohl auch in der Ratssitzung am Donnerstag wehen werde.

Außer ein neues Kita-Umfeld und weitere Wege müssen sich Eltern dann womöglich auf geringere Betreuungszeiten einstellen. Sechs bis sieben Stunden könnten die Kinder in den Kitas in Brombach und im Innocelquartier betreut werden – statt ursprünglich für Haagen definierte 40 Wochenstunden. Oswald: „Das bringt einige Eltern in Schwierigkeiten.“

Nur mit zwölf Kindern

Doch es werde versucht, gemeinsam mit den Eltern gute Lösungen zu finden. So beinhaltet die bis Freitag laufende Bedarfsabfrage auch die Frage, ob die Nachmittagsbetreuung benötigt wird. „Die Elternschaft ist aber nicht erfreut über die Entwicklungen.“

Die in der Haagener Kita verbleibenden bis zu zwölf Kinder müssen sich zudem ein wenig umstellen. So wird es nur bis auf weiteres eine altersgemischte Gruppe geben. Zum 1. April soll zumindest schon einmal eine neue Leitung starten – immerhin fehlt eine solche seit Juni vergangenen Jahres. „Ziel ist, die Gruppen sobald als möglich wieder hochzufahren.“ Die 30 eigentlichen Plätze würden es angesichts des Fachkräftemangels erst einmal nicht.

Und dieser werde sich fortsetzen, weiß auch Bürgermeisterin Monika Neuhöfer-Avdic. Der demografische Wandel mache sich bei der Fachkräfteversorgung bemerkbar. „Sobald jemand ausfällt, sind wir auf ganz dünnem Eis bei der Betreuung.“ Für Haagen werde nun ein „Plan B“ umgesetzt.

Kritik an Kommunikation

Doch auch stadtweit könnte es laut Stadtspitze schwieriger werden. „Wir können auch nicht sagen, wann es besser wird.“ Der jüngste Kindergartenbedarfsplan hatte eine 86-prozentige Versorgungsmöglichkeit ausgewiesen. Angesichts des Mangels an Betreuungsplätzen, insbesondere im Ü3-Bereich, werde in den kommenden Jahren eine Vergabe nach Dringlichkeit zunehmend erfolgen.

Vorwürfe von Eltern, dass die Stadt schon zum Jahreswechsel um die Notlage in Haagen wusste, doch erst am 20. Januar bei einem Elternabend informiert hat, liegen auch an „personalrechtlichen Dingen“. Außerdem sei das Ziel gewesen, mit Lösungsansätzen bei dem Termin aufzuwarten. Am 2. Februar stehe zudem ein weiterer Elternabend an.

Keine Kräfte-Verlagerung

Keine Option sei, Erzieherinnen von städtischen Kitas aus der Innenstadt nach Haagen zu ziehen. Damit würde das Problem nur verlagert, findet Oswald. Außerdem würde sich dies laut Oswald schlecht auf die Arbeitgeber-Attraktivität auswirken, also beim Wettbewerb um die Fachkräfte. Diese suchten sich gezielt bestimmte Kitas aus, in denen sie arbeiten wollen. „Es ist daher die bestmögliche Lösung unter den gegebenen Rahmenbedingungen.“

Die Zahlen

Aktuelle Betreuungszahlen
In Lörrach gibt es derzeit 3527 Kinder im Alter von unter einem Jahr bis zum Schuleintritt. Davon sind 1466 Kinder unter drei Jahren, wobei 1.050 Kinder im Alter von ein bis unter drei Jahren einen generellen Rechtsanspruch auf einen U3-Betreuungsplatz haben. Zudem gibt es 2061 Kinder im Kindergartenalter (Ü3). Aktuell gibt es 36 Einrichtungen von 18 Trägern mit insgesamt 113 Betreuungsgruppen. Von den Einrichtungen sind 14 Prozent in kommunaler Trägerschaft, 39 Prozent konfessionell und 47 Prozent in weiterer Trägerschaft. Insgesamt sind in den Einrichtungen circa 300 Vollzeitäquivalente mit pädagogischem Personal beschäftigt mit einem sehr hohen Teilzeitanteil, 80 Auszubildende und 30 FSJ beziehungsweise BFD-Kräfte. Hinzu kommen Beschäftigte in der Hauswirtschaft, der Reinigung, Hausmeister und Verwaltungspersonal.

Die Betreuungsquote
für Kinder unter drei Jahren liegt bei 33,1 Prozent, von den Kindern mit Rechtsanspruch (ein bis drei Jahre) werden 46,2 Prozent versorgt. Für Kinder ab drei Jahren liegt die Versorgungsquote bei 87,1 Prozent, von denen 25,1 Prozent ganztags betreut werden können

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