Lörracher Stadtentwicklung Historischer Ortskern von Tüllingen soll erhalten werden

Marco Fraune
Dem historischen Ortskern von Tüllingen wird eine herausragende städtebauliche Bedeutung zugemessen. Foto: Baschi Bender

Mit einer Sondersitzung des Gemeinderats will die Verwaltung ein Neubau-Flachdach verhindern. Für den Bereich Untertüllingen soll der Bebauungsplan überarbeitet werden. Die Politik sendet Signale.

Die Nachverdichtung von Lörrach erstreckt sich bis an den Tüllinger. Weil besonders im Stadtteil Untertüllingen laut Stadtverwaltung dem Erhalt des historischen Ortskerns eine herausragende städtebauliche Bedeutung zugemessen wird, soll jetzt schnell gehandelt werden. Um den Gebietscharakter zu erhalten, ist ein neuer Bebauungsplan erarbeitet worden. Vorberaten wurde dieser am Donnerstagabend im Ausschuss für Umwelt und Technik, schon am folgenden Donnerstag soll der Gemeinderat in einer Sondersitzung eine Veränderungssperre aussprechen sowie einen Aufstellungsbeschluss für den B-Plan. Damit reagiert die Verwaltung nach der politischen Sommerpause kurzfristig auf eine Bauvoranfrage, die in einer städtischen Medieninformation nicht Eingang gefunden hat, jedoch im Ausschuss kontrovers diskutiert wurde.

Neubau mit Flachdach

Die Verwaltung informierte, dass ein Neubau eines Mehrfamilienhauses am Ortseingang von Untertüllingen gewünscht wird. Das Vorhaben liegt zwar im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Tüllinger Straße“ von 1958, doch dieser ist aufgrund eines Formfehlers ungültig – womit der Paragraf 34 Baugesetzbuch greift. Demnach muss sich das Gebäude passend einfügen. Die Verwaltung stört sich nicht nur an der Größe, sondern ganz besonders an dem geplanten Flachdach, wie Anne Eberhardt von der Stadtplanung unterstrich. Nur über einen Bebauungsplan könne eine Änderung eingefordert werden, betonte Bürgermeisterin Monika Neuhöfer-Avdic. „Wir brauchen rechtlich etwas in der Hand.“ Dass nicht schon früher ein solcher B-Plan aufgestellt wurde, sei eine „Ressourcenfrage“. Alleine zwei Veränderungssperren – für den Bereich Entenbad und Teichstraße – laufen aktuell.

Die Dorfentwicklung

Der Erhalt und Schutz des typischen Charakters des Ortsbildes im Bereich Untertüllingen, insbesondere auch der typischen Dachlandschaft, ist ein zentrales Planungsziel des Bebauungsplans, schilderte Eberhardt. Weitere Punkte seien der Erhalt der architektonischen und kulturhistorischen Merkmale sowie die Wahrung des Landschaftsschutzgebiets.

Hier verwies Eberhardt auch auf den Dorfentwicklungsplan aus dem Jahr 1980, der den Ausbau des historischen Ortskerns unter Wahrung seiner Funktionstüchtigkeit und seiner Gestaltungsqualitäten als dörflich geprägten Lebensraum vorsieht.

Am Ortseingang will ein Eigentümer neu bauen. Foto: zVg

Das sagt die Politik

Den Handlungsbedarf sieht die Politik ebenfalls – aber mit unterschiedlichen Akzenten bewertet. Fritz Böhler (Grüne) will den gewachsenen Charakter des Dorfs erhalten. Denn weiter unten am Berg erkennt er schon eine „architektonische und raumplanerische Verwahrlosung“. Die Veränderungssperre sei sinnvoll und richtig, um Schlimmeres zu verhindern. Aus Bürgersicht bewertete Bernhard Escher (CDU) die Bauvoranfrage. Der Bauwillige habe sich an dem Paragrafen 34 orientiert, dem geltenden Recht. Gleichzeitig signalisierte er trotz CDU-Enthaltung aber Zustimmung zum Aufstellungsbeschluss und der Veränderungssperre für den Gemeinderat. Christiane Cyperrek (SPD) stellte klar: „Wir wollen eine Nachverdichtung bitte nicht um jeden Preis.“ Planungsrechtlich müssten die Schrauben angezogen werden. Schon jetzt gebe es „gruselige Sachen“ im Ortsbild. Daher sei zu prüfen, ob zusätzlich zum B-Plan auch der Denkmalschutz greifen könne. „Über ästhetische Geschmäcker lässt sich streiten“, sagte Matthias Lindemer (FW). Die Stadt hänge mit den Bebauungsplänen hinterher, eine Veränderungssperre bereite ihm Bauchschmerzen.

Der historische Ortskern Foto: Kristoff Meller

Im Gegensatz zu anderen verhängten Veränderungssperren positionierte sich Matthias Koesler (FDP-Piraten) nun dafür. Auch er sieht negative bauliche Entwicklungen im Ortskern – „Dinge, die sich nicht einfügen.“ Den „existierenden Wildwuchs“ will er daher in den Griff bekommen.

Das Votum

Der Gestaltungsbeirat hat sich auch schon mit dem Bebauungsplan befasst, doch nun dränge die Zeit, erklärte Fachbereichsleiter Gerd Haasis. Die Stadt verfolge einen konservatorischen Ansatz im historischen Ortskern und brauche nun eine Rückmeldung aus der Politik, ob dies so gewollt sei. Sieben Ausschussmitglieder gaben das Signal schon, zudem gab es sechs Enthaltungen bei der Empfehlungsgrundlage für die Sondersitzung des Gemeinderats.

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