Lörracher Wohnraumpolitik Mit weniger Bürokratie mehr Wohnungen schaffen

Marco Fraune
Die Schaffung von neuem Wohnraum steht auf der Lörracher Prioritätenliste oben. Foto: Marco Fraune

Das Baulandmobilisierungsgesetz soll neue Spielräume bei Bebauungen bieten. In Lörrach wird bereits ein Pilotprojekt vorangetrieben.

Die Bürger spüren es schon bei der Wohnungssuche: Die Stadt Lörrach ist per Rechtsverordnung des Landes als Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt eingestuft. Damit kann die Kommune unter bestimmten Bedingungen von einem neuen Werkzeug Gebrauch machen. Die flexible Anpassung bestehender Bebauungspläne ist möglich. Fachbereichsleiter Gerd Haasis entwickelt aktuell die Optionen für Lörrach. Im Ausschuss für Umwelt und Technik verwies er auf Chancen und Risiken. Klar sei: Nur Einzelfälle kommen zur Anwendung, bestimmte Erfordernisse muss es geben. Einen Anspruch darauf gebe es nicht, doch gleichzeitig will die Stadt keine Präzedenzfälle schaffen.

Wohnen über Parkplatz

Die Neuentwicklung der Fläche neben der Wintersbuckhalle soll als Pilotprojekt dienen. Stadt und Wohnbau wollen die Flächenneuentwicklung vorantreiben. Konkret geht es darum, über dem Parkplatz Wohnraum zu schaffen. Dieser Nordstadt-Standort biete durch seine urbane Lage, die gute ÖPNV-Anbindung und die Integration ins städtische Umfeld ideale Voraussetzungen für eine Nachverdichtung, schildert die Verwaltung die Beweggründe. Besonders hervorzuheben sei die mehrfache Aufwertung der versiegelten Fläche, die erhalten, überbaut und gleichzeitig umweltverträglich umrahmt wurde.

Die Vor- und Nachteile

Schon im Frühjahr ist diese Fläche in den Blick geraten, als es um die Überbauung geeigneter städtischer Parkplätze ging, um der Wohnraumknappheit zu begegnen. Nun soll sie als beispielhaftes Modell für zukünftige Bebauungsmaßnahmen zur Schaffung von dringend benötigtem Wohnraum dienen. Für das kommende Jahr kündigte Haasis entsprechende Beschlussvorlagen an.

Zu den Vorteilen des Gesetzes-Spielraums zählte Haasis den Verzicht auf lange Planänderungsverfahren. Es würden sich mehr Chancen auf Nachverdichtung ergeben. Risiken seien, es bei Einzelfällen zu belassen. Es müssten Umweltbelange, eine womöglich überlastete Infrastruktur oder auch der Erhalt von Freiräumen beachtet werden. „Wir müssen Leitlinien in Lörrach entwickeln“, weiß er um die nun anstehenden Arbeiten. Nicht sinnvoll sei es, Wohnraum in Industriebereichen freizugeben, da dies ansonsten Konflikte zu Lasten der Gewerbebetriebe zur Folge habe. Als Positivbeispiele verwies der Fachbereichsleiter auf Wohnbereiche an der S-Bahnlinie, Studentenwohnungen oder auch funktional untergenutzte Flächen.

Die Bewertungen

In begründeten Einzelfällen und mit Zustimmung des Gemeinderats kann laut der neuen Gesetzlage von den Festsetzungen eines bestehenden Bebauungsplans abgewichen werden – es muss aber ausschließlich dem Wohnungsbau dienen, die nachbarlichen Interessen müssen gewahrt bleiben und keine öffentlichen Belange dürfen dem entgegenstehen.

Schon jetzt sei die Nachfrage nach Befreiungen in Lörrach hoch, berichtet die Verwaltung. Der Druck auf die Verwaltung und Politik wachse weiter, ist sich Fritz Böhler (Grüne) sicher. „Dann müssen wir halt unsere Qualität beim Abwägungsprozess steigern“, ist ihm nicht bange. Wichtig sei, transparent vorzugehen, die Einbindung des Gestaltungsbeirats schlug er dabei vor. Abwartend äußerte sich Bernhard Escher (CDU): „Viele Eier sind noch nicht gelegt.“ Christiane Cyperrek (SPD) bewertete die neuen Möglichkeiten als „kostensparendes Beschleunigungsinstrument“ mit Chancen und Risiken. Weil Matthias Koesler (FDP) grundsätzlich weitergehende Befreiungen wünscht, könne er nicht zustimmen. Die Leitlinien bezeichnete Matthias Lindemer (FW) als „sinnvoll“, wobei der Gleichbehandlungsgrundsatz beachtet werden müsse.

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