Maulburg Deutsche Geschichte wird verdrängt

Markgräfler Tagblatt
Pfarrer Karlfrieder Walz mit Gästen aus Namibia. Foto: Harald Pflüger Foto: Markgräfler Tagblatt

Politik: Karlfrieder Walz bei Tagung zur Kolonialgeschichte / Beusch kündigt sich an

Durch die Besuche von Gästen aus Namibia im Markgräflerland wurden zwei Politikerinnen auf den Ruhestandspfarrer Karlfrieder Walz aufmerksam.

Maulburg. Das Thema, über das die beiden Politikerinnen in deutschen Städten Vorträge halten, heißt „Not about us without us“ - „Nicht über uns ohne uns“. Dass Nama, Damara und Herero als Posaunenchor in Südbaden gewesen sind, im Landtagsgebäude empfangen wurden und mit der Direktion des Linden-Museum in Stuttgart, dem Staatlichen Museum für Völkerkunde, ein Gespräch führten, beeindruckte sie sehr.

Das Hauptproblem der Volksstämme von Nama, Damara, San und Herero bestehe darin, dass die deutsche Regierung mit der Regierung von Namibia Gespräche über den Völkermord von 1904 bis 1908 führe, ohne die Betroffenen zu beteiligen. Die Regierung Namibias wird von der Volksgruppe der Ovambo bestimmt. Sie lebten im Norden des Landes, wo niemals deutsche Siedler und die deutsche Kolonialregierung hinkamen, weil es eine malariaverseuchte, heiße Gegend gewesen ist.

Die Ovambo kämpften gegen die Unterdrückung des Landes durch Südafrika und gelangten so zur Regierungsmehrheit. Auch zahlenmäßig sind sie mehr, da die vier anderen Gruppen durch den Völkermord der Deutschen erheblich dezimiert wurden, heißt es in einer Pressemitteilung.

Esther Muinjangue wird als Herero-Frau dem neugewählten namibischen Parlament angehören. Sima Luipert, die Sprecherin der Nama, ist als Menschenrechtsaktivistin die zweite Vorsitzende des Vereins der Nama-Häuptlingsgruppe.

Bei einer Wochenendtagung in Bonn, zu der Pfarrer i.R. Karlfrieder Walz eingeladen war, wurde mit 60 Gesprächsteilnehmern überlegt, wie der Völkermord der deutschen Schutztruppe unter General von Trotha aufgearbeitet werden kann. Deutlich wurde in den Gesprächsbeiträgen, dass die deutsche Kolonialzeit als Teil deutscher Geschichte bisher viel zu sehr verdrängt oder beschönigt wurde. Es sei deshalb wichtig, die entstandene Schuld zuerst anzuerkennen und sich zu entschuldigen, damit danach Versöhnung möglich wird. Diese Entschuldigung erhoffen sich die Betroffenen von der deutschen Regierung.

Die Politikerinnen machten deutlich, dass menschliche Körperteile, wie die Schädel, die nach Deutschland gebracht wurden, nicht öffentlich zu Schau gestellt werden dürfen. Nach ihrem Verständnis müssen sie beerdigt werden, damit die Seelen der Toten Ruhe finden. Die Rückgabe der Schädel von einem deutschen Museum an ein Museum in Namibia sei nicht zu verstehen. Zur Aufarbeitung der Vergangenheit könne es gehören, dass in deutschen und namibischen Schulbüchern jeweils ein Kapitel über die Kolonialzeit enthalten ist. Die Stuttgarter Ministerin Theresia Bauer versprach bereits, sich dafür einzusetzen. Wichtig sei auch die Begegnung junger Menschen beider Länder, um durch Musik, Tanz, Malerei und persönliches Miteinander den verletzten Gefühlen Ausdruck zu verleihen. So könne eine neue, versöhnte Gemeinschaft entstehen, heißt es in der Mitteilung.

Dass jährlich viele deutsche Touristen nach Namibia reisen, um die Naturschönheiten und die Vielfalt der Tier- und Pflanzenwelt zu bestaunen, sei ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor, aber ein Bewusstsein für die gemeinsame, belastende Geschichte werde dabei nicht vermittelt. Das zu verändern, sei ein wichtiger Auftrag.

Zu den weiteren Reiseterminen der Politikerinnen gehört ein Besuch beim Überseemuseum in Bremen. Als mögliches gemeinsames Projekt schlagen die Frauen einen Austausch mit einem jugendlichen 15-köpfigen Gesangschor aus Katutura vor.

Sima Luipert, die Sprecherin der Nama-Häuptlingsgruppe in Namibia, hat ihren Besuch angekündigt. Ende Januar möchte sie gemeinsam mit einem Nama-Häuptling zu einem Besuch nach Maulburg kommen. Sie hofft auch darauf den Landtagsabgeordneten Josha Frey zu treffen, denn dieser habe ein offenes Ohr für die Probleme der Kolonialgeschichte.

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