Maulburg Karlfrieder Walz spricht über Folgen der Rassentrennung

Kathryn Babeck
Karlfrieder Walz mit einer Figur aus Speckstein, die ihm viel bedeutet. Er hat sie vor Jahren mit seiner Frau auf einem Markt in Simbabwe gekauft. Foto: Kathryn Babeck

Der Pfarrer in Ruhestand Karlfrieder Walz war jahrelang in der Mission in Afrika tätig. Das System der Rassentrennung hat er miterlebt. Auf seine Art hält er bis heute dagegen.

Das Lied der US-amerikanischen Bürgerrechtsbewegung „We shall overcome“ war in Südafrika in den 1970er Jahren verboten. In seinem etwas abgelegenen Haus im entlegenen Gebiet Bergville sangen es zu jener Zeit eines Abends alle gemeinsam: seine Freunde, Inder und Schwarze, seine Frau und er selbst, erzählt der ehemalige Pfarrer Karlfrieder Walz. Seine Augen füllen sich in diesem Moment mit Tränen. Es sei ein sehr bewegender Moment gewesen, fügt er hinzu. Heute falle es ihm schwer, wenn Leute unüberlegt dieses Stück wie einen Gassenhauer trällern.

Aus Nordhessen

Karlfrieder Walz ist in Treysa, Nordhessen, am 15. November 1943 geboren. Sein Elternhaus ist pietistisch geprägt. Sein Vater arbeitete als Diakon und leitete im Zweiten Weltkrieg in Treysa ein Kinderhaus. Da er aufgrund von Kinderlähmung eine Behinderung hatte, blieb er vom Kriegsdienst verschont. Als junger Mann absolvierte Walz eine theologisch-diakonische Ausbildung in der Heimatstadt. In dem Kinderheim war eine deutschstämmige Erzieherin aus dem Kongo tätig. Sie habe ihm viel von dem Land erzählt und ihn so für den afrikanischen Kontinent begeistert.

Pretoria

In London vertiefte er Englisch und bereitete sich beim Christlichen Verein Junger Menschen (CJVM) auf den Einsatz in Südafrika vor. Seine Frau Irmela lernte er dort kennen. Sie hatte vor, in einer Apotheke in Pretoria zu arbeiten. „Damals hat die südafrikanische Regierung Deutsche angeworben, damit sie die weiße Bevölkerung verstärken“, sagt er. 1968 heiraten die beiden. Walz sieht sich als die Generation von Pfarrer, bei der die Frau mit im Dienst war. „Wir haben als Team gearbeitet“, sagt er.

Apartheid-System

In Pretoria befand sich der Sitz der Kirchenleitung, für die Walz als Missionar tätig gewesen ist. Damals war Südafrika geprägt durch die Apartheid. So erinnert sich Walz an getrennte Eingänge für Schwarze und Weiße am Bahnhof. „Black is beautyful“, sagt er. Für ihn gibt es keine Unterschiede zwischen Menschen, schon gar nicht aufgrund ihrer Hautfarbe. Damals erzählt er, wollte er in der Stadtmitte von Pretoria in einer Kirche der Weißen einen Gottesdienst mit den schwarzen Frauen feiern. Ihm sei jedoch erklärt worden, dass Schwarze nicht die Toiletten benutzen dürfen. Damit war das Projekt hinfällig, erläutert Walz. Als er 2007 erneut nach Pretoria als Vertretungspfarrer zurückgekehrt war, gab es einen gemeinsamen Gottesdienst. Obwohl das System der Rassentrennung abgeschafft war, habe er noch immer die Grundhaltung mancher Weißer gespürt, dass sie sich als bessere Menschen fühlen.

Liberaler Theologe

Walz war für „Brot und die Welt“ im Einsatz und leistete Vertretungsdienste in Pretoria, Johannesburg, Wartburg, Lüderitz, um nur einige Stationen zu nennen. Er steht für eine liberale Theologie und befürwortet die kritische Forschung innerhalb der Kirche. Den Satz von Altbundeskanzlerin Angela Merkel, als zahlreiche Geflüchtete nach Deutschland kamen, „Wir schaffen das“, habe er begrüßt. Er selbst vermittelte damals in der Alemannenhalle geflüchteten Frauen, die wegen den Kindern nicht zum Sprachunterricht gehen konnten, in den Kellerräumen die deutsche Sprache. Reden, ist er überzeugt, helfe nicht, sondern Taten.

Alter und Krankheit

Mittlerweile hat er nach einer Krebserkrankung eine Chemotherapie hinter sich. Sein Engagement ist auch aufgrund seines Alters eingeschränkt. So schreibt er E-Mails und sammelt Geld für Lucia Engombe, die er 2015 in Windhoek kennengelernt hat und die nun unter einer Nierenerkrankung leidet. Auch begleitet er aus der Ferne den Lebensweg von Zinedine Joey Kisting aus Namibia vom Volk der Nama, die in Lörrach derzeit eine Ausbildung zur Pflegefachkraft absolviert. 2019 kam sie mit dem Lutheran Brass Band zu Besuch des evangelischen Posaunenchors ins Markgräflerland. Die Reise ermöglichte ein Landesprogramm, dass sich mit der Aufarbeitung der Kolonialgeschichte befasste. Zehn Tage hat Kisting bei der Familie Walz in Maulburg gewohnt. Dabei erführ sie von der Möglichkeit eines freiwilligen Sozialen Jahres. Der Namibia Freundeskreis finanzierte ihr den notwendigen Sprachkurs.

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