Maulburg Noe konnte keine Leiche im Keller finden

Markgräfler Tagblatt
Bürgermeister Jürgen Multner, Autor Hansjörg Noe und Verleger Waldemar Lutz (von links) mit dem neuen Buch. Foto: Scherer Foto: Markgräfler Tagblatt

Aufarbeitung: Das Buch „Gleichgeschaltet“ beschäftigt sich mit Maulburgs NS-Zeit

Von Saskia Scherer

Steinen. „Gleichgeschaltet“ heißt das neueste Werk des Historikers Hansjörg Noe. Behandelt werden, wie es auch im Untertitel heißt, „Maulburg im Nationalsozialismus und die Rolle von Hermann Burte im Dritten Reich“.

„Aus Sicht der Gemeinde waren wir uns schnell einig, dass Maulburgs NS-Zeit aufgearbeitet werden soll“, sagte Bürgermeister Jürgen Multner gestern bei einem Pressegespräch. Und Noe, der unter anderem auch schon ein Buch über Steinen im Nationalsozialismus geschrieben hat, habe spontan zugesagt.

„In Maulburg gibt es keine Leiche im Keller“, erklärte Noe. Verbrechen gegen die Menschlichkeit habe er bei seinen Recherchen keine feststellen können. „Maulburg ist kein Täterort und kein Musterdorf.“ In seinem Vorwort schreibt er, dass sich die Gemeinde und die Bürger „mitlaufend“ verhalten und „selbst gleichgeschaltet“ hätten. Noe recherchierte in den verschiedensten Archiven wie im Staatsarchiv Freiburg, im Bundesarchiv Ludwigsburg oder in den Stadtarchiven Lörrach und Schopfheim. Direkt vor Ort war er ebenfalls aktiv, auch in Gesprächen mit Zeitzeugen. Das Maulburger Gemeindearchiv bezeichnete er als „rudimentär“ – nur etwa 100 Akten sind vorhanden. Noe glaubt aber nicht, dass Akten ausgesondert wurden. Schuld ist wohl eine Überschwemmung. „Die Akten sind schimmlig“, erklärte der Autor. Altgemeinderat Friedrich Dreher stellte zudem sein privates Archiv zur Verfügung.

Viele Tatsachen seien den Maulburgern nicht bekannt gewesen. „Zum Beispiel hieß es, dort seien keine Soldaten gewesen – ich habe aber Fotos, die belegen, dass sich in Maulburg rund 2000 Soldaten aufhielten“, berichtete Noe. Grund dafür seien militärische Anlagen gewesen.

Das 444 Seiten umfassende Werk beschäftigt sich beispielsweise mit Kapiteln wie Machtergreifung, Gleichschaltung oder den Kirchengemeinden. Auch die Arbeiterfrage vor 1933 betrachtet Noe. Etwa 100 Seiten sind Hermann Burte gewidmet (ein Maler und Dichter sowie nationalsozialistischer Propagandist, der in Maulburg geboren wurde). „Ich beschäftige mich mit dem politischen Burte“, stellte Noe klar. Gelesen habe er dafür unter anderem eine Anklage- und eine Entnazifizierungsschrift. Das Maulburger Burte-Archiv findet er „hervorragend“. Dort habe er Stunden zugebracht. Noe schreibt, Burte stehe exemplarisch für viele so genannte Intellektuelle, die geistige Täter waren.

„Toll, das so etwas erscheinen kann“, lobte Verleger Waldemar Lutz. „Hansjörg Noe geht auf den Lektor ein. So kommt man zu einem Werk, an dem man auch selbst hängt.“ Und Noe gab zurück: „Waldemar Lutz hat darauf geachtet, dass ich nicht anklage.“

  Der Öffentlichkeit vorgestellt wird das Buch am Freitag, 15. Juli, ab 19 Uhr im Sitzungssaal des Rathauses Maulburg. Ab 16. Juli es für 19,80 Euro erhältlich.

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