Maulburg Rot glühend fliegen

Markgräfler Tagblatt

Am Wochenende brennen in Steinen und Maulburg wieder die Scheibenfeuer

Heute und morgen lodern sie wieder, die Fasnachtsfeuer, und rot glühend fliegen Scheiben von den Anhöhen zu Tal. Einer, der die Fasnachtsscheiben noch selbst herstellt, ist der Maulburger Heinz Schmidt.

Von Harald Pflüger

Maulburg/Steinen. Beinahe 1000 Jahre alt ist der Brauch des Scheibenschlagens, dessen erste urkundliche Erwähnung ausgerechnet einem Klosterbrand zu „verdanken“ ist. Laut Überlieferung soll am 21. März 1090 durch eine geschlagene brennende Scheibe ein Nebengebäude des Klosters Lorsch in Brand gesetzt worden sein.

Brände sind heutzutage selten geworden beim Brauch des Scheibenschlagens. Entfacht werden die Scheibenfeuer in der Regel am erster Samstag oder Sonntag nach Aschermittwoch. Nur in Weitenau brennt das Scheibenfeuer eine Woche früher, nämlich zu Beginn der Fasnachtsferien.

Das Scheibenschlagen selbst beginnt bei Einbruch der Dämmerung. Dann werden die Haselnussstöcke mit den glühenden Scheiben geschwungen und mittels Scheibenbock zu Tal geschlagen. Oft begleitet von einem Reim wie folgendem: „Schiebi, schiebo, die Schiebe soll go, die Schiebe soll surre, em (Name des Opfers) an d’ Schnurre.“

Geschlagen wird eine Holzscheibe, die in der Regel aus Buchenholz und in der Mitte aufgebohrt ist, zum einen für den Transport mittels Schnur und zum anderen natürlich zum Aufstecken auf den Scheibenstock. Mit diesem wird die Scheibe ins Feuer beziehungsweise die Glut gehalten, ehe sie geschlagen wird.

Schon als Junge hat Heinz Schmidt begeistert Scheiben geschlagen. Später schlug er nicht nur Scheiben, sondern stellte sie auch selbst her. Zunächst von Hand mit dem Beil. Zwischen 100 und 150 Scheiben waren es, die Schmidt zu Beginn in seiner Werkstatt fertigte. Heute stellt er die Scheiben mit maschineller Hilfe her. Dabei schwört Heinz Schmidt auf Buchenholz aus dem Kleinen Wiesental, weil es härter ist.

Das Holz bezieht Schmidt im Gegensatz zu früher, als er noch selbst „in den Wald ging“, heute von einem Holzhändler aus Adelhausen. Aus dem Holz fertigt der gelernte Zimmermann dann die Scheiben, die von seiner Mutter zum Bund à 50 Scheiben geschnürt werden.

Ist das Holz zugeschnitten, werden die vier Seiten abgeschrägt und in einem weiteren Arbeitsschritt mit einem Loch in der Mitte versehen. Waren die Scheiben in Schmidts Kindertagen noch rund, haben sie heute eine quadratische Form. In der Regel haben die Scheiben eine Kantenlänge von zehn mal zehn Zentimetern. In seinem Fundus hat Schmidt aber auch Scheiben mit einer Kantenlänge von acht mal acht Zentimetern und zwölf mal zwölf Zentimetern. Und dann gibt es noch welche im XL-Format mit einer Kantenlänge von 14 mal 14 Zentimetern. Und für diejenigen unter den Scheibenschlägern, die noch einen Scheibenstock benötigen, hat Heinz Schmidt Haselnussstöcke zur Hand.

Ob er für Anfänger Tipps fürs Scheibenschlagen am Wochenende hat? Schmidt muss nicht lange überlegen. Die Scheibe muss fest auf dem Stock sitzen. Und vor allem sollte ein Abstand zu denjenigen, die am Scheibenbock stehen, gehalten werden. Bei einer Stocklänge von 2,60 Metern kann schon einmal weit ausgeholt werden. Das machen manche vier- bis fünfmal. Er selbst holt höchstens zweimal aus, ehe die Kante der Scheibe den Bock berührt, sich vom Stock löst und rot glühend in den Nachthimmel fliegt.

Dass Scheibenschlagen auch ein Kulturgut ist, zeigt der Veranstaltungskalender der Stadt Lörrach. Dort können Interessenten an einer Tour zum Tüllinger Fasnachtsfeuer teilnehmen, wo ihnen die Technik des Scheibenschlagens erläutert wird und die Theorie in die Praxis umgesetzt werden kann.

Umfrage

Bargeld

Die FDP fordert Änderungen beim Bürgergeld. Unter anderem verlangt sie schärfere Sanktionen. Was halten Sie davon?

Ergebnis anzeigen
loading