Müllheim (do). "Unbequeme Denkmale" stehen im Blickpunkt des diesjährigen Tags des offenen Denkmals, der inzwischen in 50 europäischen Ländern jeweils am zweiten Sonntag im September begangen wird. Auch in unserer Region gibt es zahlreiche Denkmale, die heute Kopfzerbrechen bereiten, unangenehme Erinnerungen wachhalten oder Unbehagen verursachen.Bei einem Vortragsabend im Bürgerhaus, initiiert vom Kulturdezernat der Stadt Müllheim und dem hiesigen Ortskuratorium der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD), zeigten die Referenten die Spannungsfelder auf, zwischen denen sich die heutige Denkmalpflege bewegt. Kulturdezernent Jan Merk begrüßte Zuhörer und Referenten und würdigte die Arbeit des seit etwa zehn Jahren aktiven DSD-Ortskuratoriums, das schon viele Veranstaltungen und auch einige Sanierungsprojekte realisiert hat. Der Vortragsabend im Bürgerhaus war auch Vorbereitung für eine Exkursion am Sonntag, 8. September, mit mehreren Zielen zwischen Müllheim und Münstertal. Zum Einstieg führten die Jugendlichen Nina und Dennis einen Sketch vor. In dem kurzen, in schönstem Schweizerdeutsch geführten Dialog ging es um die Frage, was eigentlich ein Denkmal sei, ob das kleine Steinherz, das man am Rhein gefunden hat, nicht viel wichtiger sei als ein Reiterstandbild. Geschrieben hat den Sketch mit Bezug auch zu einigen Müllheimer Örtlichkeiten der Pädagoge Joachim Scheil, langjähriger Ortskurator der DSD, der dieses Amt erst vor kurzem an den Architekten Norbert Glockner abgegeben hat. Moderiert von dem Kunsthistoriker und Pädagogen Arno Herbener stellte zunächst Rolf Schuhbauer das "Zivihaus" in der Müllheimer Werderstraße als Musterbeispiel für ein unbequemes Denkmal vor. Erbaut im späten 18. Jahrhundert ist das Haus eigentlich schon deswegen ein wichtiges Zeitzeugnis des damaligen Müllheimer Stadtbildes. Dann wurde es lange von der jüdischen Familie Zivi bewohnt, wobei die letzte Bewohnerin, Talmina Zivi, mit Verbindung zur Schweizer Familie Guggenheim 1935 das Haus für 4000 Reichsmark verkaufte. Es habe sich zwar nicht um einen "Arisierungsverkauf" gehandelt, sagte Schuhbauer, der sich um die Erforschung der Geschichte der jüdischen Familien in Müllheim verdient gemacht hat. Doch ein Unbehagen habe der alleinstehenden Frau in der Nazizeit sicher zu schaffen gemacht. Obwohl das Haus von der Denkmalschutzbehörde als von öffentlichem Interesse eingestuft wird, hat der jetzige Besitzer, der auswärts wohnt, bisher nichts unternommen, um die Bausubstanz zu retten. Wenn es sich hier um ein Spekulationsobjekt handelt, habe der Denkmalschutz schlechte Karten, gab Schuhbauer zu bedenken. Seine Vision wäre, dass es die Stadt kauft, mit Fördermitteln saniert und eine zweite Dependance des Markgräfler Museums daraus macht. Immer wieder wurde an diesem Abend deutlich, dass es fast jedes Mal auch einen finanziellen Kraftakt bedeutet, ein Denkmal zu sanieren (siehe auch weiteren Bericht auf dieser Seite).
Müllheim Beispiel für "unbequemes Denkmal"
Weiler Zeitung 05.09.2013 - 19:01 Uhr