Müllheim Der Wald lebt von Veränderung

Volker Münch
Die Folgen des Klimawandels und die Herausforderungen an die Forstwirtschaft waren zentrale Themen der Waldbegehung mit dem neuen Forstdirektor Tobias Mathow und Försterin Christine Weinig. Foto: Volker Münch

Waldbegehung: Müllheimer Eichwald unter der Lupe / Klimawandel / Rechtzeitige Verjüngung der Bestände

Die Waldbegehung mit dem neuen Forstdirektor Tobias Mathow und Försterin Christine Weinig war für viele Mitglieder des Müllheimer Gemeinderats erkenntnisreich. Dabei wurden die Folgen des Klimawandels und die Herausforderungen an die Forstwirtschaft deutlich. Die Besichtigung diente der Vorbereitung der Zwischenrevision zum Forsteinrichtungswerk.

Von Volker Münch

Müllheim. Das Thema Wald, besonders der Eichwald, ist ein viel diskutiertes. Deshalb war es der Stadtverwaltung, dem Gemeinderat und den Forstfachleuten wichtig, die Situation sowohl im Bergwald als auch im Eichwald unter die Lupe zu nehmen.

Folgen des Klimawandels

Aufschlussreich für viele Stadträte waren die Ausführungen des neuen für Müllheim zuständigen Forstdirektors Mathow. Der neue Leiter des Staufener Forstamts ließ keinen Zweifel daran: „Der Klimawandel hat uns längst erreicht.“ Jetzt kommt es laut Mathow darauf an, zu reagieren, dabei die neuesten Forschungserkenntnisse einzusetzen und mit verschiedenen Methoden für eine rechtzeitige Verjüngung der Waldbestände zu sorgen. „Die Nutzung des Holzes, die Bestandspflege und die Verjüngung schließen sich nicht aus“, betonte er. „Unser Ziel ist es, auch für die kommenden Jahrzehnte und Jahrhunderte den Waldbestand zu sichern“, so Mathow. Seiner Überzeugung nach macht es Sinn, rechtzeitig Bäume aus den Beständen zu entnehmen, zu nutzen und für das Nachwachsen zu sorgen.

Mathow und Försterin Weinig setzen auf Mischwälder mit mindestens fünf verschiedenen Baumarten, um Ausfälle, wie sie gerade bei Monokulturen – beispielsweise reine Fichten- oder Tannenwälder – immer öfter vorkommen, zu verhindern. „Es ist wie eine Wette auf die Zukunft“, erklärte der Forstdirektor das moderne Waldmanagement.

Britzinger Nadelwald

Er machte deutlich, dass die Entwicklung der Wälder ein dynamischer Vorgang sei, deshalb ständig beobachtet werden müsse, um dann reagieren zu können. Ein typisches Beispiel: der Britzinger Nadelwald. „Hier war bis vor zwei Jahren eine etwa 60 Jahre alte Fichtenmonokultur“, berichtete Weinig. Erste Ausfälle durch den Borkenkäfer und Trockenschäden zwangen zum Handeln. So entnahm die Försterin die Fichten und sorgte für Mischwaldbaumarten wie Hainbuche, Stieleiche, Schwarzerle und Flatterulme. Dazu wurden 3500 Baumsämlinge auf einer Fläche von 0,8 Hektar gepflanzt und zum Schutz vor Wildverbiss eingezäunt. „Schon in zehn Jahren steht hier ein mannshohes Wäldchen“, prognostizierte die Försterin.

Naturverjüngung

Wenige Meter von dieser Verjüngungsfläche entfernt zeigt sich eine andere Vorgehensweise der Forstverwaltung. Hier wurden, so Mathow und Weinig, kranke Tannen und andere Bäume einzeln entnommen und der Naturverjüngung – hier gehen Tannen und Eichen auf – eine Chance gegeben. „Wir setzen auf eine genetische Anpassung bei den frisch aufgehenden Sämlingen wegen des Klimawandels“, erklärte Mathow. Der Forstdirektor machte deutlich, dass man bereits heute in den Beständen tätig werden sollte, um die künftige Artenstruktur gestalten zu können und gefährdete Baumarten noch in einem guten Gesundheitszustand zur Nutzung herausnehmen zu können.

Im Müllheimer Eichwald zeigten die beiden Forstfachleute, dass auch alte Bäume in sogenannten Habitatgruppen erhalten und sich selbst überlassen werden, um im absterbenden Stadium wieder Lebensraum für Tiere und Insekten zu bieten. „Solche Gruppen mit sieben bis etwa 15 Bäumen auf mehreren Ar Fläche sind wichtig“, betonte Försterin Weinig. Über den kompletten Müllheimer Forstbetrieb, also Bergwald wie Eichwald, soll es 226 solcher Gruppen geben, allein im Eichwald sind etwa 50 Habitatgruppen vorgesehen, 43 seien bereits ausgewiesen und entsprechend mit einem Wellenzeichen gekennzeichnet.

Wildverbiss ein Problem

Problematisch für die Verjüngung sei der starke Wildverbiss, räumte Weinig ein. Deshalb habe man am Hoyerstännle die etwa 3,5 Hektar große Verjüngungsfläche nach einem Femelschlag eingezäunt – mit Erfolg, wie das Austreiben junger Eichen zeigt.

Um der Buche Einhalt zu gebieten, sollen auch andere Methoden wie die Knick-Technik oder das Ringeln, beides von Naturschützern ins Gespräch gebrachte Techniken, versuchsweise mit wissenschaftlicher Begleitung getestet werden. „Wir wollen offen sein für Ideen und Methoden“, betonte Forstdirektor Mathow und warb gleichzeitig für mehr Vertrauen. Manchem falle es schwer, sich Veränderungen im Wald vorzustellen, aber: „Genau davon leben die Wälder“, so der Forstdirektor.

Bürgerinitiative

Beigeordneter Günter Danksin machte deutlich, dass der Gemeinderat klären müsse, ob an den bisherigen Zielen, den Eichwald als solchen zu erhalten, weiter festgehalten werden soll. Er kündigte an, wieder mit der Bürgerinitiative ins Gespräch kommen zu wollen. Ziel sei, sich mit den jeweiligen Positionen anzunähern. Mit Blick auf die bevorstehende Zwischenrevision will Danksin die Diskussion um den Eichwald davon losgelöst ermöglichen.

Umfrage

Heizung

Der Ausbau des Fernwärmenetzes im Landkreis Lörrach nimmt Fahrt auf. Würden Sie, falls möglich, Ihr Haus an das Netz anschließen lassen?

Ergebnis anzeigen
loading