Anders ließe sich das sonst nicht aushalten: Wenn Ilse Weber den kleinen Koffer sprechen lässt, der sich wundert, wo sein alter und blinder Herr geblieben ist, der einen Stern trug. „Nun bin ich schmutzig, mein Schloss hält nicht mehr“ und „Ich möcht‘ zu meinem Herrn, er ist so allein“. Ihre Zwiesprache mit einem „Am Transport Verschiedenen“, der stumm und tot vor ihr liegt: „Schlaf toter Bruder namenlos, der Tod ist dir ein Freund gewesen“. Oder Paul Aaron Sandforts „Nachschub“ bei dem man sich unwillkürlich einreiht in die Schlange der Hungrigen, Zitternden und in nasser Kälte Frierenden und sich fragt, „Ist noch etwas da, bis ich drankomme? Oder wieder nichts?“
Alice Herz-Sommer hat das Grauen überlebt, sie starb 2014 in London. In Theresienstadt, wo sie mit ihrem kleinen Sohn Raphael inhaftiert war, hat sie mehr als 100 Konzerte gegeben. „Das Leben hat mir Talent geschenkt…“, bekennt sie in einem autobiographischen Text. „Die Musik war unsere Nahrung und nahm uns die Angst in den dunkelsten Ecken der Welt.“
Es ist eine ganze Weile still, als das letzte Wort – „Freiheit“ – verklingt aus dem Text von Sandfort „Die Deutschen befehlen“. Dann setzt der Beifall ein. Ein Abend, der unter die Haut geht, ein Abend, der noch lange mitgehen wird, ist zu Ende.