Müllheim Funde aus vergangenen Epochen

Dorothee Philipp
Die eindrucksvolle Sammlung von Fundstücken zeigten (von links) Sparkassendirektor Ulrich Feuerstein, Denkmalamts-Archäologe Bertram Jenisch, Georg Häußler, Geschäftsführer von Archaeo Task und Kulturdezernent Jan Merk. Foto: Dorothee Philipp

Grabungen auf Sparkassen-Gelände beleuchten neue Facetten der Müllheimer Geschichte.

Müllheim - Ein Fenster in die Bronzezeit öffnen die archäologischen Grabungen, die derzeit auf dem Gelände des Sparkassenparks parallel zu den Abbrucharbeiten stattfinden. Die mit der Dokumentation und Bergung beauftragte Engener Firma Archaeo Task präsentierte am Montag ihre Funde.

„Ich habe mehr mit Römern gerechnet“, bekannte Bertram Jenisch, der als Archäologe im Landesamt für Denkmalpflege das Projekt fachlich betreut. Auch die Mitarbeiter von Archaeo Task sind studierte Archäologen, die sich zu einer privaten Grabungsfirma zusammengeschlossen haben, nachdem 2016 in Baden-Württemberg private Grabungsfirmen zugelassen wurden.

Reste einer römischen Hofanlage wurden bereits unter der nahe gelegenen Martinskirche gefunden. Und in dem reichen Fundus, den die Archäologen bereits jetzt aus dem Boden des Sparkassenareals geborgen haben, befindet sich auch ein römischer „Leistenziegel“, der vermutlich von späteren Siedlern als Baumaterial weiterverwendet wurde.

Objekte weisen zurück in die Steinzeit

Doch die Bezüge in die späte Bronzezeit um 1200 vor Christus waren für alle Beteiligten neu: Keramikscherben und Werkzeuge aus Lieler Bohnerzjaspis weisen in diese frühe Zeit, ebenso der abgewetzte kleine Läuferstein und ein Rest der dazu gehörenden Unterlage einer Handmühle, sicher das bisher älteste Zeugnis des Mühlenhandwerks in Müllheim.

Rätsel gibt das Fragment eines so genannten Mondidols auf. Ob es als Kultobjekt oder Gebrauchsgegenstand diente, kann Georg Häußler, Geschäftsführer und Grabungsleiter von Archaeo Task, der mit drei bis fünf Kollegen bei Wind und Wetter auf der Baustelle arbeitet, noch nicht sagen. Aber auch dieser spektakuläre Fund weist in die Bronzezeit, ebenso die Profile von Silogruben, in denen Getreidesaatgut aufbewahrt wurde.

Doch auch aus dem Hochmittelalter gibt es spannende Funde: Die Spuren einer großen Webhütte mit einem mechanisierten Trittwebstuhl, zu der auch eine zwölfteilige rätselhafte Parallelstruktur im benachbarten Grabungsabschnitt zu passen scheint. Es könnte sich um längliche, flache Gräben handeln, in denen der Flachs vor der Verarbeitung zu Webgarn eingeweicht wurde, vermutet Jenisch. Die ganze Anlage, zu der auch noch eine kreisrunde Steinstruktur gehört, die vielleicht der Untergrund einer Darre für Flachs gewesen sein könnte, ist so groß, dass sie über einen rein privaten Gebrauch hinausgegangen sein muss.

Eine mittelalterliche Textilmanufaktur mitten im alten Müllheim? Solche Ansätze interessieren natürlich auch Jan Merk, Kulturdezernent, Historiker und Leiter des Markgräfler Museums. „Wir erfahren gerade eine Menge neue Dinge zur Siedlungsgeschichte Müllheims“, stellte er erfreut fest. Auch die Zeit zwischen dem Untergang des Römerreichs und dem Mittelalter, bisher ein weißer Fleck auf der historischen Landkarte Müllheims, bekommt Kontur: Aus dem 5. oder 6. Jahrhundert nach Christus wurde eine große Grabenstruktur gefunden, die auf eine Umfriedung mit Wall und Mauer hindeutet, für Häußler ein besonders spannender Fund, dessen vollständige Erfassung noch nicht abgeschlossen ist.

Jüngeren Datums sind die beiden Silbermünzen aus dem frühen 18. Jahrhundert, die bereits restauriert wurden. Eine stammt aus Hessen, die andere von der Reichenau. Mit den Bauarbeiten gehen auch die Grabungsarbeiten weiter, bisher habe man etwa die Hälfte des Geländes untersucht, sagte Jenisch. „Und entgegen unserer Erwartung haben wir einiges aus den so genannten ,dark ages’ erwischt“, also jenen Zeitabschnitten in der Geschichte, über die wenig bekannt ist. „Es sieht so aus, als hätten sich die Alamannen in den römischen Ruinen niedergelassen und ihren Wohnort als Stützpunkt befestigt“, sagte Jenisch.

Erhärtet sich diese These, sei das ein echter Knüller. Inzwischen haben die Ausgrabungen so viel Interessantes zutage gebracht, dass die Sparkasse Informationen dazu in kompakter Form auf dem Bauzaun anbringen will, erklärte Sparkassendirektor Ulrich Feuerstein.

Später soll es im Markgräfler Museum eine Ausstellung mit den neuen archäologischen Funden geben. „Wir brauchen uns mit dem, was bisher gefunden wurde, nicht verstecken“, meinte Jenisch.

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