Müllheim Gedächtnis regionaler Literaturgeschichte

Weiler Zeitung
„Mein Freund Manfred Bosch“, ein Gemälde von Bruno Epple (2005) Foto: Jürgen Scharf Foto: Weiler Zeitung

Literatur: Sammelband und Sonderausstellung zum „Literarischen Sekretär der Region“ Manfred Bosch

Von Jürgen Scharf

Müllheim. „Lieber Manfred – Du bist ein großartiger Schriftsteller, Entdecker, Arbeiter und seit vielen Jahren ein guter Freund“. Diese freundschaftliche Widmung findet sich bei einer Zeichnung des diesjährigen Hebelpreisträgers Christoph Meckel an den „guten Freund“ Manfred Bosch.

Sie ist in einem neuen Buch, in dem zahlreiche Freunde und Wegbegleiter den 70-jährigen Bosch ehren, enthalten. Der Sammelband versteht sich als eine Freundschaftsgabe und der schöne Titel „Manfred Bosch – Literarischer Sekretär der Region“, ein Ehrentitel, bezieht sich auf ein Zitat von Martin Walser.

Manfred Bosch, der etliche Jahre in Rheinfelden und Lörrach lebte und arbeitete, kennen einige als Preisträger (Bodensee-Literaturpreis, Hebelpreis) oder als Herausgeber der Zeitschrift „Allmende“. Bosch ist aber viel mehr. Er ist ein unermüdlicher Kulturarbeiter und Literaturforscher, „süchtig nach Archivarbeit“, wie er in einem Gespräch mit dem Mitherausgeber des 240 Seiten starken literarischen Geburtstagsgrußes verrät.

Netzwerker, Regionalist, Heimatkundiger und Literaturarchäologe

Als was ist Manfred Bosch nicht alles bezeichnet worden? Privatgelehrter, praktischer Literaturarbeiter, global verorteter Netzwerker, Heimatkundiger, Literaturarchäologe, Erneuerer der Mundartliteratur, Regionalist, Inspirator, Vorarbeiter im literarischen Weinberg, Literatur-Detektiv. Nicht genug: Sogar „Schutzheiligenmadonna für die Opfer des Vergessens“ wurde der umtriebige und produktive Literat genannt. Oder poppig „Der fünfte Beatle“. Und wegen seiner literarischen Energie kurz und bündig: „Batterie Bosch“.

Dies alles ist in der Freundschaftsgabe nachzulesen, einer Erinnerungsarbeit von 26 Kollegen und Weggefährten, die Boschs literarischen Einsatz in sprachlich kreativen Beiträgen würdigen. So ist das Buch selber eine kleine Kulturgeschichte der letzten 50 Jahre geworden. Ein Kapitel widmet sich der Geschichte zu einem alten Foto, ein anderes Boschs früher Lyrik (ja, das ist heute am wenigsten bekannt, aber ein wichtiges Teilstück des Literaturhistorikers Bosch). Weitgehend in Vergessenheit geraten ist auch, dass Manfred Bosch als Lyriker begonnen und mehrere Gedichtbände veröffentlicht hat. Konkrete Poesie etwa, aber auch Westerngedichte (!) und Epigramme (Kürzest-Lyrik). Hermann Bausinger geht der Frage nach, warum Bosch keine Romane geschrieben hat – gekonnt hätte er’s.

Kurioses Sprachspiel von Adolf Muschg

Man macht beim Blättern dieses Freundschaftsbandes witzige literarische Entdeckungen. Dazu zählt das kuriose Sprachspiel von Adolf Muschg über den Namen „Manfred Bosch“. Allseits wird in dieser persönlichen Hommage mit Erinnerungen und Begegnungen die hohe Wertschätzung des von Literatur „regelrecht angefressenen“ Bosch deutlich. Das ist kein Wunder, hat Manfred Bosch doch sehr viel publiziert, bisher mehr als ein halbes Hundert Buchtitel veröffentlicht. Gilt ihm doch die Literatur als „Lebensmittel“. Als eines seiner liebsten Bücher hat er einmal den Band mit Erzählungen von Robert Reitzel, dem Auswanderer aus dem Wiesental, bezeichnet.

Viel hat sich Bosch mit jüdischen Autorenschicksalen beschäftigt, vergessene Dichter rehabilitiert; nicht zu vergessen sein großes Standardwerk „Bohème am Bodensee“ zur Bodensee-Kulturlandschaft. Auch an der lokalen Geschichtsarbeit hat er sich beteiligt, etwa mit dem Essay „Leben am Hochrhein“ (1987), der Herausgabe des unterhaltsamen Lesebands „Oberrheingeschichten“ oder zweier Rheinfelder Geschichtsblätter.

Literarisches Schreiben hat er nie aufgegeben

Deutlich wird aber auch, dass der Autor Bosch das literarische Schreiben nie aufgegeben hat, obwohl es hinter seiner publizistischen und herausgeberischen Arbeit zurücktrat. „Literarisch bewege ich mich auf dem Spielbein“, sagt er selber. Und das Standbein, könnte man ergänzen, sind die vielen Sachbeiträge, Aufsätze, Nachworte und Anthologien. Manfred Bosch ist also weit mehr als der „literarische Sekretär der Region“: Er ist das ganze Gedächtnis für die Literaturgeschichte zwischen Südbaden und Bodensee.

Das verdeutlicht in einem Doppelprojekt auch die parallel laufende Ausstellung mit Dokumentationen, Briefen und Büchern im Markgräfler Museum in Müllheim, wo unter vielem anderen Boschs erste Schreibmaschine im Original steht. Begleitbuch und Ausstellung – also eine doppelte Würdigung.

„Manfred Bosch – Literarischer Sekretär der Region“, herausgegeben von Siegmund Kopitzki und Inga Pohlmann, Südverlag Konstanz, 240 Seiten, 22 Euro. Eine Ausstellung mit demselben Titel ist bis 27. Mai im Markgräfler Museum Müllheim zu sehen, Dienstag bis Sonntag von 14 bis 18 Uhr.

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