Von Dorothee Philipp Müllheim. Ist es das Schattenspiel von kahlen Zweigen oder das Geäder im Inneren eines Blattes" Die Bilder, die Robert Kirchner derzeit im Markgräfler Museum zeigt, können beides sein. Oder noch etwas anderes. Die Formen und Linien auf seinen Gemälden und Drucken bieten sich an als Chiffren für vielerlei Assoziationen: „Der Garten“ hat der Preisträger des Markgräfler Kunstförderpreises der Stiftung für Kunst und Kultur in der Sparkasse Markgräflerland als Titel für die Ausstellung gewählt. Hat man sich erst einmal in die großen Formate versenkt und mit ihrem Ausdruck Zwiesprache gehalten, fällt der Blick auch auf eine ganze Reihe kleinerer Formate, Kaltnadelradierungen, die das Spiel mit den Linien und Flächen wie unterm Vergrößerungsglas fortsetzen. Die räumlichen Gegebenheiten des Museums mit dem großen Saal, zwei kleinen Kabinetten und dem Wintergarten setzen diese verschiedenen Formate optimal in Szene. Kirchner arbeitet mit verschiedenen Techniken, jedes Format hat bei ihm seinen Kosmos. Da sind auch die Holzschnitte auf Japanpapier, deren große Flächen er von Hand bedruckt, so dass man noch die Kreise und Spuren des Stempelns erkennen kann. Durch dieses Sichtbarmachen des Arbeitsprozesses erhalten die Farbflächen eine zusätzliche Dynamik und Tiefe. Die langen Fasern des Papiers korrespondieren in ihrer strukturellen Sichtbarkeit mit den Zweigmotiven. Bis so ein Bild fertig ist, bedarf es langer Prozesse: Oft gehe er von Fotografien aus, deren Gehalt er durch Zeichnung und Pinselstrich immer weiter kondensiert, bis nur noch das Wesentliche zurückbleibt. Was dieses Wesentliche ist, ergründet Kirchner durch eine intensive, an Meditation grenzende Naturbeobachtung, wie er im Gespräch verrät. Aus diesem Zustand heraus wächst die Inspiration, die dann in einem höchst disziplinierten Arbeitsprozess umgesetzt wird. Er vergleicht seinen Umgang mit den Grundmotiven seiner Bilder mit der Arbeit des Gärtners, der aus einer Pflanze einen Teil als Setzling entnimmt, der dann selbst wieder zur Pflanze wird. Kirchner arbeitet ausschließlich mit der Hand, das Schneiden und Drucken bedeutet für ihn körperliche Arbeit. Die Auflagen seiner Drucke sind deswegen klein. Am anderen Ende des Spannungsfeldes der Formate stehen die kleinen Radierungen, auf denen sich die selben Prozesse in einer sehr konzentrierten Form abspielen. Ist die Platte durch den Strich der Radiernadel verletzt, ist das nicht mehr rückgängig zu machen, sagt Kirchner. Jeder Arbeitsschritt verlangt deswegen die ganze Aufmerksamkeit. Im Druckverfahren erhalten die Konturen der Linien dann eine leichte Unschärfe wie gemalt. Robert Kirchner arbeitet seit zwei Jahren in einem Atelier im Weiler Kesselhaus. Er wurde 1982 in Johannesburg in Südafrika geboren und studierte dort Druckgrafik an der Kunstschule „Artist Proof Studio“. Dort werden Talente ganz unterschiedlicher Herkunft gefördert und in den verschiedenen Drucktechniken geschult. In dem ehemaligen Apartheidland hat dieser Ansatz eine gesellschaftspolitische Dimension. Seit 2007 lebt Kirchner in Basel. Von 2011 bis 2014 studierte er an der Fachhochschule Nordwestschweiz, wo er sich auch mit den Diskursen der Kunstproduktion auseinandersetzte. Diese beiden Lernorte zeigen sowohl die handwerkliche als auch die konzeptuelle Ausrichtung Kirchners und das große Potenzial seiner Arbeit, betonte die Kunsthistorikerin Felizitas Diering, die die Laudatio auf den Preisträger hielt. Die gezeigten Arbeiten entstanden in den Jahren von 2006 bis 2016 und zeigen einen Künstler von erstaunlicher Konstanz und Beharrlichkeit, das Wesen der organischen Form mit den verschiedensten Produktionstechniken zu ergründen. n  bis 26. Februar 2017, Di bis So 14 bis 18 Uhr; 4. Dezember, 11 bis 18 Uhr: Robert Kirchner beim Tag der offenen Ateliers im Weiler Kesselhaus