Müllheim (anl). Mit einer Podiumsdiskussion des Kreisverbands Markgräflerland des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) im Müllheimer Bürgerhaus hat der Bundestagswahlkampf im Wahlkreis Lörrach-Müllheim begonnen.Zum Thema der immer weiter auseinander gehenden Schere zwischen Arm und Reich äußerten sich die Kandidaten Tom Grein (Die Linke), Dr. Thilo Levante (FDP), André Martens (Kandidat der Piraten im Wahlkreis Freiburg stellvertretend für den hiesigen Kandidaten Max Kehm), Thomas Mengel (SPD), Ina Rosenthal (Bündnis 90/Die Grünen) und der CDU-Bundestagsabgeordnete Armin Schuster. Bei den Themen Lohndumping, Leiharbeit und Werkverträge waren sich die Kandidaten weitgehend einig, dass Handlungsbedarf bestehe " oder, wie es der Kandidat der Piraten, André Martens, ausdrückte: "Ich habe den Eindruck gewonnen, wir sind alle von der Linkspartei." "Meine persönliche Meinung ist gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort", betonte der CDU-Bundestagsabgeordnete Armin Schuster. "Wenn wir Missbrauch sehen, sind wir zum Handeln genötigt", sagte er und erinnerte daran, dass die Einführung einer gesetzlichen Lohnuntergrenze am Widerstand des Koalitionspartners FDP gescheitert sei. Auch der umstrittenen Werkverträge wolle man sich in der nächsten Legislaturperiode annehmen. Die CDU bevorzuge dabei eine subsidiäre Lösung und vertraue darauf, dass die Tarifpartner das Problem selbst besser lösen könnten. "Wir möchten nicht, dass alles staatlich geregelt ist", betonte er. Einem höheren Spitzensteuersatz und einer Vermögenssteuer, wie von Linken, SPD und Grünen gefordert, hielt Schuster die Sorge entgegen, dass damit der Wirtschaft geschadet würde: "Geht es den Unternehmen gut, gibt es Arbeit. Wenn es Arbeit gibt, gibt es Steuern." Tom Grein (Linke) machte zum einen die ausufernde Finanzwirtschaft für die derzeitige Krise verantwortlich und wies darauf hin, dass sechs mal mehr Spekulationskapital unterwegs sei als die Realwirtschaft erwirtschafte. Er sieht aber auch die Agenda 2010 von SPD und Grünen als Mitauslöser, weil dadurch erst der Niedriglohnsektor geschaffen worden sei. Die Linke fordere daher schon seit Jahren zehn Euro Mindestlohn. Der FDP-Kandidat Thilo Levante hält die Ungleichverteilung der Vermögen prinzipiell nicht für falsch, wenn sie dadurch entstehe, dass jemand dafür etwas geleistet habe. "Die Ungleichverteilung ist in manchen Teilen zu hoch. Ich kann nicht nachvollziehen, wie jemand ein Jahreseinkommen von 20 Millionen Euro haben kann. Soviel Arbeit kann man gar nicht leisten." Die extremen Vermögen sollten besteuert werden. Das Geld dürfe nicht irgendwo auf der Welt versteckt werden, sagte Levante. Er bezeichnete Hartz IV als schlechte Lösung, vielmehr plädierte er für das "liberale Bürgergeld", das jedem ein Grundeinkommen sichere und dafür sorge, dass ab dem ersten Euro Steuern bezahlt werden. Dann gäbe es auch kein Problem mehr mit der Altersarmut. André Martens (Piraten) berichtete von seinen Erfahrungen als Betriebsrat in einem Freiburger Unternehmen. Seiner Ansicht nach fehle es beim Thema Leiharbeit und Werkverträge an der richtigen Gesetzgebung: "Mich macht wütend, dass sich die Politik nicht darum kümmert." Martens forderte die Streichung der Tariföffnungsklausel und ein Mitspracherecht von Betriebsräten bei Werkverträgen, die in Unternehmen als "Materialbestellung" gehandhabt würden. Ebenso forderte er einen Mindestlohn für Betriebe ohne Betriebsrat. Als Beispiel nannte er die Subvention im Friseurberuf, wo Menschen auf Grund der niedrigen Stundenlöhne noch mit Hartz IV aufstocken müssten. "Man kann nicht alle Arbeitnehmer belasten, um ein nicht funktionierendes Geschäftsmodell am Leben zu erhalten", ist sein Fazit. Martens warb für das Modell des bedingungslosen Grundeinkommens, das auch den Druck von Arbeitnehmern nehme, sich "datenmäßig zu entblößen". Es sei keine Frage, dass die Reformen der Agenda 2010 auch ausgenutzt worden seien, erklärte Thomas Mengel (SPD). Er erinnerte auch daran, dass Rot/Grün die Regierungsverantwortung zu einer Zeit übernommen habe, als die "Washington Post" Deutschland "als kranken Mann Europas" bezeichnet habe. Das damalige Ziel "mehr Arbeit" sei erreicht worden. Heute sei man in der Lage, den Fokus zu erweitern. Heute sei Deutschland als "Lokomotive" in der Lage, ganz Europa voranzubringen. Aus seiner Sicht müssten Mindestlohn und eine armutssichere Altersrente dazu beitragen, die Schere zwischen Arm und Reich zu schließen. Zwar sei das Thema Mindestlohn an und für sich Sache der Tarifpartner, meinte Mengel. Er forderte trotzdem eine gesetzliche Regelung. Ina Rosenthal (Grüne) richtete den Fokus auf das Thema Altersarmut und die Rente mit 67 Jahren. Es gebe gar nicht soviel Arbeit, keine Arbeitsplätze und Arbeitsbedingungen, die an Ältere angepasst seien. Um Altersarmut entgegenzuwirken, müsse man auch die Ungleichbezahlung von Männern und Frauen bekämpfen. "Die meisten Menschen, die von Altersarmut betroffen sind, sind Frauen", stellte sie fest und unterstrich die Forderung nach einer Mindestrente von 850 Euro, die jährlich überprüft werden müsse.