Müllheim Künstlerische Impulse auch aus Basel

Weiler Zeitung

Vernissage: „Alfred und Gerta Haller – Ein Künstlerpaar“ / Entwicklung zeitgenössischer Kunst in der Region

Der Aufbruch der modernen Kunst nach Jahren der Verfemung und Ausgrenzung durch die nationalsozialistische Diktatur war auch im Dreiländereck kraftvoll zu spüren: 1947 zeigten die beiden Städte Lörrach und Müllheim nacheinander eine Ausstellung „moderne Malerei“.

Von Dorothee Philipp

Müllheim. Gezeigt wurden Werke von Alfred und Gerta Haller, Paul Ibenthaler und Paul Hübner, junge Leute, die nach traumatischen Erlebnissen als Kriegsteilnehmer nun einen neuen künstlerischen Aufbruch wagten. Eine Ausstellung an drei Orten in Müllheim und Lörrach zeichnet jetzt diese einzigartige Konstellation nach, die für die Entwicklung der zeitgenössischen Kunst nicht nur im regionalen Raum bedeutend werden sollte.

Gestern wurde im Markgräfler Museum der erste Teil der Gesamtschau eröffnet, die detailliert auf das Künstlerpaar Haller und den befreundeten Maler Paul Ibenthaler eingeht. Dass diese erste der drei Vernissagen den Charakter eines Festakts annahm, lag auch daran, dass man in die nahe gelegene Martinskirche ausweichen musste.

Die Liste der Personen war lang und prominent, die Bürgermeisterin Astrid Siemes-Knoblich begrüßte. Zunächst waren da die Mitglieder der Familie Haller, dann aber auch Persönlichkeiten wie der Kunsthistoriker Klaus Gallwitz, langjähriger Direktor des Frankfurter Städel-Museums und Gründungsdirektor des Museums Frieder Burda in Baden-Baden, der die Müllheimer Ausstellung kuratiert und die beiden anderen im Lörracher Dreiländermuseum und im Paul-Ibenthaler-Haus beratend mit vorbereitet hatte und gestern die Festrede hielt. Im Publikum waren Repräsentanten des Freiburger modo-Verlags, der zur Ausstellung einen Katalog zu Alfred Haller herausgebracht hatte, optisch aufgemacht als Zwilling eines 2001 bei „Kropf & Herz“, Tumringen, erschienenen Katalogs zu Gerta Haller, die ihren Mann um 47 Jahre überlebte. Alfred Haller war 1957 bei einem Autounfall im Alter von 36 Jahren ums Leben gekommen.

Eine weitere künstlerisch adäquate Komponente war das anspruchsvolle Musikprogramm mit zeitgenössischen Werken von Thomas Lauck und Albert Mangelsdorff. Patrick Reerink interpretierte das nach einem Eichendorff-Zitat genannte „Wie ein Rufen nur aus Träumen“ von Lauck für Cello-Solo, Dirk Amrein gestaltete mit Posaune und Stimmeinsatz die „Brief Impressions of Brighton“ von Mangelsdorff als Uraufführung, Pascal Pons aus Versaille zeichnete mit zwei Gongs in vielfältiger Traktur mit Stäbchen, Schlägeln, Jazzbesen und Fingern „Das Paar“ von Lauck, komponiert eigens für die Ausstellung, als geheimnisvolle Geschäftigkeit in metallischen Klangfarben. Schon diese Beiträge wären eine Veranstaltung für sich wert gewesen.

Persönliche Begegnung

In seiner Einführungsrede blätterte Gallwitz in seinen Erinnerungen an persönliche Begegnungen mit dem Künstlerpaar Haller und seinen ersten Aufenthalt in Müllheim, wo er den Maler Bernd Völkle besuchte, der damals sein Atelier in der verwahrlosten ehemaligen Synagoge hatte.

In einem eleganten Schlenker richtete er den Fokus auf die Basler Kunstszene, die 1958 durch den damaligen Direktor des Kunstmuseums Arnold Rüdlinger mit einer Sonderausstellung des New Yorker „MoMa“ zum Brückenkopf der amerikanischen Malerei in Europa wurde, was auch den Künstlern im Basler Umkreis starke Impulse verschafft hat. In Karlsruhe wirkte in jener Zeit Professor HAP Grieshaber. So definierte Gallwitz ganz unangestrengt die hohen Maßstäbe, denen die Kunst der Hallers und Ibenthalers gerecht wurde.

Jan Merk, Kulturdezernent und Leiter des Markgräfler Museums, erinnerte an die Zeit von Zusammenbruch und Neuanfang, in der diese erste moderne Kunstausstellung in der Regio nach Kriegsende zustande kam, organisiert von den Kulturämtern in Lörrach und Müllheim mit Genehmigung der französischen Militärregierung.

Markus Moehring, der Leiter des Lörracher Dreiländermuseums, wies in seinem Beitrag darauf hin, dass es für sein Haus, das mit seinen rund 10 000 Kunstwerken ein bedeutendes Zentrum für Kunst ist, eine Verpflichtung sei, sich einem solchen Gemeinschaftsprojekt zu widmen.

Und Andreas Obrecht vom Lörracher Paul-Ibenthaler-Haus beleuchtete die spannende Interaktion von Alfred Haller und Paul Ibenthaler, die mit rund 60 Werken beider Künstler aufgeblättert wird.

„Alfred und Gerta Haller – Ein Künstlerpaar“ an drei Ausstellungsorten:

 „Alfred und Gerta Haller“ im Markgräfler Museum Müllheim (bis 11. März 2019); www.markgraefler-museum.de

 „Gerta Haller“ in Malerei, Grafik und Lyrik im Dreiländermuseum Lörrach (bis 9. Dezember 2018); www.dreilaendermuseum.eu

 „Alfred Haller und Paul Ibenthaler“ im Ibenthaler-Haus, Lörrach (bis 11. März 2019); www.ibenthaler-stiftung.jimdo.com

Umfrage

Bargeld

Die FDP fordert Änderungen beim Bürgergeld. Unter anderem verlangt sie schärfere Sanktionen. Was halten Sie davon?

Ergebnis anzeigen
loading