Müllheim Letzte Schoko-Maikäfer laufen vom Band

Alexander Anlicker

Confiserie Krauss schließt zum 1. Juli. Konditormeister Willi Krauss findet keinen Nachfolger.

Müllheim - 500 kleine Schokoladen-Maikäfer laufen an diesem Vormittag vom Band. Der Körper aus einer Sahne-Nougat-Masse ist mit noch flüssiger Schokolade überzogen. Geschickt platziert Konditormeister Willi Krauss zwei Mandeln als Flügel auf der noch weichen Schokoladenmasse. Die eigentliche Herausforderung kommt noch: die Augen des Käfers. Mit einer Spritztülle malt Chocolatier Krauss zunächst zwei Tupfer aus weißer Schokolade auf den Kopf, wenn diese trocken ist, folgt die gleiche Prozedur mit dunkler Schokolade. 2000 Punkte, die sorgfältig – schließlich sollen die Käfer nicht schielen – in Handarbeit platziert werden. Am Ende bekommen die Käfer noch Beinchen aus schwarzem Karton, die mit einem Klecks flüssiger Schokolade auf der Unterseite festgeklebt werden.

Wenn das Osterfest vorbei ist, kommen die beliebten Maikäfer in die Regale der Confiserie Krauss. Rund 2000 Maikäfer haben dann die Backstube verlassen: die kleinen mit Nougat-Sahne-Füllung, mittlere Hohlfiguren und die großen Käfer, die gefüllt mit feinen Pralinen und Trüffeln 500 bis 600 Gramm auf die Wage bringen.

Ein Lebenstraum

Es sind vorerst wohl die letzten Schokoladen-Maikäfer in Müllheim: Zum 1. Juli wird das Geschäft in der Hebelstraße schließen. „Ich werde nächstes Jahr 70“, sagt Willi Krauss. Gemeinsam mit seiner Frau Monika betreibt er die Confiserie. Vor 30 Jahren, im März 1989, haben sie sich mit dem eigenen Geschäft einen Lebenstraum erfüllt. Produziert wird dort, wo Krauss von 1965 bis 1968 seine Lehre als Konditor absolviert hat – in der Backstube des ehemaligen „Café Egel“ an der Hauptstraße. Nach einigen Jahren als angestellter Konditor in Badenweiler folgte der Sprung in die Selbstständigkeit.

Monika Krauss kümmert sich um den Laden und die Kundschaft, Will Krauss stellt in der Backstube die vielen feinen Sachen aus Schokolade her: Maikäfer, Nikolause, Nikolausstiefel, Osterhasen, -eier und sogar kleine Arrangements wie Osterhasen im Rennwagen.

„Schokolade hat mich einfach interessiert“, sagt Krauss, er findet den Umgang mit der süßen Leckerei vielfältiger als das Backen von Torten. „Mich hat es gereizt, eigene Rezepte zu kreieren“, betont er. Neben Maikäfern, Osterhasen und Co. sind vor allem die Pralinen und Trüffel bei den Kunden begehrt. Als bodenständiger Markgräfler hat er erfolgreich mit Wein und Schokolade experimentiert. Genießer erfreuen sich an Gutedel-Pralinen sowie Weintrüffeln mit Spätburgunder oder Gewürztraminer. So ist er am Freitag, 26. April, auch bereits zum 30. Mal beim Müllheimer Weinmarkt mit einem kleinen Pralinenstand im Bürgerhaus präsent.

Wehmut schwingt mit

Etwas Wehmut ist schon dabei, wenn Monika und Willi Krauss die Confiserie zum 1. Juli schließen. „Es gab viele schöne Momente“, sagt Willi Krauss und nennt als Beispiel einen sechsjährigen Knirps, der schon in jungen Jahren Gutes zu schätzen weiß und sich von seinen zwei Euro Taschengeld drei Pralinen kauft. Überhaupt haben sich Willi und Monika Krauss in den vergangenen 30 Jahren einen treuen Kundenstamm erarbeitet.

Gerne hätte er das Geschäft an eine junge Konditorin oder einen jungen Konditor übergeben, der seine Leidenschaft für Schokolade teilt. Letztlich habe es aber nicht geklappt, einen Nachfolger zu finden, bedauert er. Geschlossen wird übrigens nur das Ladengeschäft. Den Betrieb wolle er noch nicht abmelden, vielleicht bekomme er ja Lust, ab und an einmal neue Rezepte auszuprobieren, sagt Krauss.

Historische Formen

Zu den Besonderheiten im Sortiment gehören auch die mit historischen Formen hergestellten Osterhasen: realistische und naturgetreue Hasen mit elegant langgestreckten Körpern. Gefunden hat Krauss die Osterhasen- und Eisbombenformen aus Weißblech auf dem Dachboden des Hauses Hauptstraße 136, nachdem er es erworben hatte. Das Haus gehörte um die Jahrhundertwende dem Konditormeister Emil Haas, der es 1926 an den Konditormeister August Köbelin verkaufte, der bis 1953 dort seinen Betrieb führte. In den 60er-Jahren übernahm der Konditormeister Friedrich Egel das Haus.

Die schmucken Hasenformen bleiben der Nachwelt als Leihgabe an das Markgräfler Museum erhalten, erklärt Krauss.

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