Müllheim Ungleichgewicht im Rat

Alexander Anlicker

Kommunalwahl: Kleine Ortsteile haben garantierten Sitz, sind aber überrepräsentiert

Die Frage, wie Parlamentssitze gerecht verteilt werden, beschäftigt nicht nur den Bundestag sondern auch die Kommunalparlamente. In Müllheim gibt es 50 Jahre nach der Gemeindereform ein Ungleichgewicht. Grund hierfür sind zum einen die unechte Teilortswahl, die den Ortsteilen Sitze im Gemeinderat garantiert, sowie das starke Wachstum in der Müllheimer Kernstadt.

Von Alexander Anlicker

Müllheim. Der baden-württembergische Verwaltungsgerichtshof hat im vergangenen Jahr die Gemeinderatswahl im nordbadischen Tauberbischofsheim für ungültig erklärt, weil ein Ortsteil über- und ein anderer unterrepräsentiert war.

Rechtssicherheit

„Wir müssen uns leider mit der unechten Teilortswahl befassen“, sagte Müllheims Bürgermeister Martin Löffler und verwies darauf, dass die Kommunalwahl – die voraussichtlich im Mai 2024 mit der Europawahl stattfindet – rechtssicher sein muss. Damit die Parteien ab Ende August auf Kandidatensuche gehen können, müsse die Hauptsatzung bis zu den Sommerferien angepasst sein, erklärte der Bürgermeister.

Hauptamtsleiter Dominik Fröhlin gab dem Gemeinderat einen Sachstandsbericht. Aktuell zählt der Gemeinderat 22 Sitze, davon entfallen je einer auf die Ortsteile Zunzingen und Feldberg sowie jeweils zwei auf die Ortsteile Britzingen, Hügelheim und Niederweiler sowie 14 Sitze auf Müllheim mit dem Ortsteil Vögisheim. Bezogen auf die Einwohnerzahl sind die Ortsteile Zunzingen und Feldberg überrepräsentiert und die Kernstadt, die in den vergangenen acht Jahren um rund 1000 Einwohner gewachsen ist, trotz ihrer 14 Sitze unterrepräsentiert.

Fröhlin stellte drei verschiedene Varianten vor. Zum einen die Vergrößerung des Gemeinderats auf die 26 Sitze – das Maximum für Gemeinden unter 20 000 Einwohner. Damit würden auf den Kernort und Vögisheim insgesamt 18 Sitze entfallen, wäre aber immer noch leicht unterrepräsentiert. Bei der zweiten Variante würde bei einer Vergrößerung auf 26 Sitze gleichzeitig der Wahlbezirk Zunzingen der Kernstadt zugeschlagen. Hier wäre aber immer noch der Ortsteil Feldberg leicht überrepräsentiert. Dritte Variante wäre die Abschaffung der unechten Teilortswahl, dann gäbe es für die gesamte Stadt nur eine Liste.

Kandidatensuche

Eine Herausforderung für die Parteien und Wählervereinigungen wird die Kandidatensuche, werden doch auch immer Ersatzkandidaten benötigt, falls ein Kandidat aus dem Gremium ausscheidet. Für den Gemeinderat könnten so insgesamt 31 Bewerber auf jeder Liste stehen. Beim Britzinger Ortschaftsrat sind dies elf sowie bei den Ortschaftsräten Feldberg, Hügelheim und Niederweiler bis zu 16. Hinzu kommen rund sieben Kandidaten für den Kreistag. Das macht in der Summe bis zu 97 Kandidaten, die eine Partei oder Wählervereinigung für die Kommunalwahlen finden muss.

Diskussion

Der Gemeinderat möchte ungern auf die unechte Teilortswahl verzichten, wie in der Diskussion deutlich wurde.

Es sei nicht nur eine rechtliche und mathematische sonder, auch eine politische Frage, meinte der Zunzinger Gemeinderat Michael Herbstritt. „Die unechte Teilortswahl sorgt dafür, dass auch kleine Ortsteile ihre Stimme am Ratstisch haben“, sagte er. Ohne unechte Teilortswahl würden hier nur drei Vertreter aus den Ortsteilen sitzen, hatte Herbstritt anhand der Ergebnisse der letzten Kommunalwahl vorgerechnet. „Die Stadt lebt auch von den Ortsteilen“, betonte der Gemeinderat und Hügelheimer Ortsvorsteher, Martin Bürgelin. Wenn man die unechte Teilortswahl abschaffe, könne man auch gleich die Ortschafträte abschaffen, die ja immer vom Gemeinderat überstimmt werden können. „Verträge sind einzuhalten, auch wenn sie 50 Jahre alt sind“, befand Gemeinderat und Ortsvorsteher von Niederweiler, Friedrich Schneider. „Die Frustration im Ortschaftsrat ist nicht klein“, ergänzte er.

„Wir wissen, was wir wollen“, sagte der Bürgermeister mit Blick auf die Beibehaltung der unechten Teilortswahl und ergänzt: „Wir können aber keine Kommunalwahl durchführen, die nicht rechtssicher ist.“

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