Von Volker Münch Müllheim. Im Rahmen der Müllheimer Präventionstage simulierten Beamte der Bundespolizei einen gewalttätigen Übergriff auf eine junge Frau beim Müllheimer Bahnhof. Entscheidend war, ob Passanten Zivilcourage zeigten und dem vermeintlichen Opfer zu Hilfe eilen oder den real erscheinenden Angriff ignorierten. Das Opfer steht unter großem Druck, bückt sich weg und signalisiert deutlich seine Angst. Dahinter ein Mann mit Brille, Mütze und Bart, der die Frau lautstark bedroht und immer wieder mit Schlägen vor sich hertreibt. Einige Passanten ignorieren die Szene, gehen völlig unberührt ihrer Wege. Doch dann passiert etwas, auf das jedes Opfer eines gewaltsamen Übergriffs hofft: Passanten, die aus dem Zug gestiegen waren, greifen mit lauter Ansprache und auch mit festem Griff ein und retten das vermeintliche Opfer vor seinem Peiniger. Gleichzeitig setzt die Verkäuferin der Bahnhof-Buchhandlung einen Notruf ab. Alle Beteiligten stehen in diesem Moment unter Hochspannung. Sogar, als die beiden Darsteller ihre Dienstausweise ziehen und sich als Polizeibeamte zu erkennen geben, und als Thomas Gerbert von der Bundespolizei mit einer Weste, die den deutlichen Schriftzug Polizei trägt, schnell zwischen die vermeintlichen Kontrahenten tritt, dauert es einige Augenblicke, bis die Anspannung weicht. Es war eine Aktion der Bundespolizei im Rahmen der Müllheimer Präventionstage, bei dem die beiden Polizeibeamten Anke Klahr und Thomas Schlageter Passanten auf ihre Hilfsbereitschaft und Zivilcourage testen. Noch vor einem Jahr fiel eine ähnliche Aktion am Bahnhof erschreckend aus. Damals eilte niemand Anke Klahr zu Hilfe. Vielmehr schlichen sich die Fahrgäste vorbei, ignorierten die Szene oder nahmen sie wenigstens noch zur Kenntnis – allerdings ohne sich einzumischen oder den Notruf zu wählen. „Dieses Mal haben sich alle toll und ganz richtig verhalten“, stellt Polizeihauptkommissar Gerbert fest, der bei der Bundespolizei für die Präventionsarbeit zuständig ist. „Derjenige, der in solch einem Moment hilft, entscheidet sich meist aus dem Bauch heraus für sein Eingreifen“, sagt Anke Klahr. Und sie fühlt sich als vermeintliches Opfer ob der geleisteten Hilfe richtig gut. Aber sie ist sich auch der Gefahr bewusst, in die sich die beiden Männer im Ernstfall begeben könnten. „Wer die Situation für zu gefährlich einschätzt, kann aber zumindest verbal eingreifen oder wenigstens die Polizei alarmieren“, erklärt die erfahrene Polizeibeamtin. Ganz wichtig sei zudem, andere Passanten einzubinden, eine Gruppe zu bilden, dem Angreifer gegenüber Stärke vermitteln und ihn im Idealfall von seinem Tun abzuhalten. „Viele achten nur darauf, wie der Täter reagiert. Dabei geht es doch ums Opfer“, gibt Thomas Schlageter zu bedenken. Und Anke Klahr ergänzt: „Es ist deshalb ganz wichtig, möglichst das Opfer aus der Situation zu nehmen.“ Eine viel höhere Hemmschwelle haben viele Menschen, wenn sie einen offensichtlichen Partnerstreit beispielsweise unter Eheleuten beobachten. „Manche denken: Das geht mich doch gar nichts an, das müssen die unter sich ausmachen. Aber ist Gewalt unter Partnern weniger schlimm als zwischen fremden Menschen"“, so Klahr. Besonders das Verhalten einer jungen Frau mit ihrer lauten Ansprache beeindruckte die Polizeibeamten. Thomas Schlageter : „Das war wie aus dem Schulbuch der Kriminalprävention.“ Entsprechend positiv fällt auch das Resümee Gerberts für das Engagement der drei Helfer aus: „Hier wurde überzeugende Zivilcourage gezeigt.“